Читать книгу Aliens in der Sternensee: Alfred Bekker präsentiert 17 Science Fiction Abenteuer - A. F. Morland - Страница 63
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ОглавлениеDas Treffen fand in der kleinen Kuppelstation auf dem Mond von Dry statt.
Vom Antigrav gehalten, standen die beiden ungleichen Raumer etwa hundert Kilometer voneinander entfernt in fünfzig Kilometer Höhe über dem Trabanten, und jeder schleuste ein Beiboot aus. Das Boot der Sorres besaß nicht Kugelform, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre, sondern war ein flaches Ellipsoid mit einer transparenten Pilotenkabine. Von der PLUTO 2 wurde das T-Boot ausgeschickt.
Mit dem Kommandanten der RRE 732 war ausgemacht worden, daß die beiden Fahrzeuge auf einem kleinen Plateau landen sollten, das sich nahe der Kuppel befand. Die Delegationen sollten nur aus zwei Personen bestehen, und Peter Lorre wählte Aron Lubor als seinen Begleiter, obwohl Elaine Tacled heftig maulte. Sie durfte lediglich das Boot steuern, in dem außerdem noch der Funktechniker Ukika Utam mitflog.
Fast gleichzeitig schwebten die beiden kleinen Raumer auf den Landeplatz, dann betraten Peter und Aron in ihren Raumanzügen den Boden des Mondes. Aus dem Boot der Sorres, das auf einem breiten Landering stand, kamen Nllam und sein Technischer Offizier, und langsam bewegten sich alle vier auf die Station zu, deren Wölbung schwach im Sonnenlicht glänzte.
Sie war relativ klein, durchmaß nur etwa dreißig Meter bei einer Höhe von nicht mehr als fünfzehn Meter. Auf ihrem Scheitelpunkt saß eine spiralige Antennenkonstruktion, die auf den Planeten ausgerichtet war, und ungefähr dreißig Meter hoch aufragte.
Nllam betätigte ein Schlüsselgerät, und eine rechteckige Luftschleuse schwang auf. Auf einen Wink von ihm folgten ihm Aron und Peter hinein. Sie waren unbewaffnet, wie auch Nllam und der zweite Sorres, der nun die Schleuse zugleiten ließ. Der Druckausgleich wurde hergestellt, das Innenschott schwang auf, und gleichzeitig erhellte sich das Innere der Station.
Das Arbeitsgeräusch schwerer Konverter und Generatoren wurde hörbar, die neben weiteren Apparaturen fast den gesamten Innenraum anfüllten. Neugierig blickten die beiden Männer auf die Anlage, der es offenbar zuzuschreiben war, daß sich die Echsen auf Dry oder Eetnar, wie der Planet bei den Sorres hieß, in einem permanenten Zustand von Unzurechnungsfähigkeit befanden.
Wie irrig diese Annahme war, erfuhren sie gleich darauf, als die Raumhelme geöffnet wurden. Mallns indigoblaue Augen sahen sie an und tiefer Ernst sprach aus ihnen. »Diese Anlage ist es, die unsere Gefährten auf Eetnar vor dem sicheren Untergang bewahrt! Wäre sie nicht, hätten sie sich längst alle gegenseitig umgebracht!«
»Soll das heißen, daß der künstlich herbeigeführte Zustand von Indifferenz zu ihrem besten dient?« fragte Peter Lorre ungläubig. Der Kommandant sah ihn verwundert an.
»Natürlich, was sonst? Er ist das einzige Mittel um sie vor der verhängnisvollen Strahlung der Wolke des Verderbens zu schützen, der dieses System in hohem Grade ausgesetzt ist.«
»Jetzt begreife ich alles!« sagte Aron Lubor, und ebenso wie Peter war auch er zutiefst erschüttert. »Die Ausläufer der Dunkelwolke reichen bis an die beiden vorgelagerten Systeme heran, und selbst in diesen gibt es noch sehr viele Partikel davon, wie unser Astro-Lab festgestellt hat. Von ihr geht eine Emission aus, die sie aggressiv und bösartig werden läßt bis zur Selbstvernichtung …«
»Eine genau treffende Definition«, bestätigte Nllam leise. »Das konnte natürlich niemand ahnen, als Eetnar von Sorres besiedelt wurde. Etwa hundert Umläufe lang war auch nichts Auffälliges zu bemerken, doch dann kam es plötzlich wie ein Rausch über die Bewohner des Planeten. Sie wurden zunehmend bösartig, Streitereien häuften sich, die bald in einen Kampf aller gegen alle auszuarten drohten.
Das blieb natürlich den Besatzungen der Schiffe von Sorres, die regelmäßig diese Welt anflogen, nicht verborgen. Wissenschaftler wurden herangebracht, und ihnen gelang es schließlich, die Dunkelwolke als auslösenden Faktor zu bestimmen. Alle dreißig Millionen Sorres von Eetnar zu evakuieren, war uns natürlich nicht möglich. Militär hielt die Ordnung notdürftig aufrecht, aber es mußten noch viele Tausende sterben, ehe unsere Wissenschaftler schließlich einen Strahlenprojektor entwickelt hatten, der imstande war, die Emissionen der Wolke zu neutralisieren. Daß er zugleich auch die Intelligenz des Volkes auf Eetnar mindert, mußte unter diesen Umständen in Kauf genommen werden. Wir konnten sie dazu bringen, landwirtschaftliche Arbeiten zu verrichten, die keine großen geistigen Anforderungen an sie stellen, und so ist Eetnar heute eine reine Agrarwelt, die zur Versorgung unserer Welt beiträgt.«
Sekundenlang schwiegen alle unter dem Eindruck dieser Ausführungen. Dann fragte Peter Lorre: »Wurden Ihre Vorfahren denn nicht durch die entsprechenden Ereignisse im Nachbarsystem gewarnt? Der Zustand auf dem dortigen zweiten Planeten hätte ihnen doch zu denken geben müssen.«
Der Sorres-Kommandant spreizte die kräftigen Greifklauen und zuckte mit den Schultern. »Als unsere Erkundungsschiffe hier ankamen, hatte dort das Verhängnis bereits seinen Lauf genommen, er war damals eine radioaktive Hölle. Man wartete einige Jahre, und so wurde die Besiedlung von Eetnar schließlich in Angriff genommen.«
Aron Lubor nickte. »Vermutlich war Alpha II ebenfalls eine Kolonialwelt, aber um sie scheint sich niemand mehr gekümmert zu haben. Oder haben Sie später noch fremde Schiffe in dieser Gegend bemerkt?«
»Zu keiner Zeit«, sagte Nllam, »wir haben nicht die geringste Ahnung, woher diese Wesen gekommen sein mögen und wie sie einmal ausgesehen haben.« Seine vier Augen richteten sich auf Aron Lubor. »Sie sind ein Ramoner, nicht wahr?«
»Sie kennen mein Volk?« fragte Aron erwartungsvoll zurück. Der Sorres verneinte.
»Das nicht, Ramon wurde ja im großen Galaktischen Krieg verwüstet. Meine Kenntnisse stammen lediglich aus dem Xenoethnologie-Unterricht auf der Raumakademie, bisher wußten wir noch gar nicht, daß es noch Überlebende Ihrer Spezies gibt.«
»Wie soll es nun hier weitergehen?« erkundigte sich Peter Lorre. »Sie können doch das Volk von Eetnar nicht für alle Zeiten in diesem unwürdigen Zustand halten, Nllam.«
»Natürlich nicht«, bestätigte der Kommandant. »Unsere Wissenschaftler hoffen, in Kürze einen Schutzschirm um den gesamten Planeten errichten zu können, der die verderbliche Strahlung abhält und unsere Brüder wieder zu einem normalen Leben zurückfinden läßt.«
Aron Lubor sah dem Technischen Offizier zu, der inzwischen mit einer Überprüfung der Stationsanlagen begonnen hatte. »Beabsichtigen Sie, dasselbe auch im benachbarten System zu tun?« fragte er dann. »Auch dort leben noch viele unglückliche Wesen. Es sind zwar Mutanten, aber sie sind durchaus noch intelligent, wie wir feststellen konnten.«
»Warum sollten wir das tun?« fragte Nllam mit erschreckender Nüchternheit. »Wir können nichts für ihren Zustand, warum sollten wir uns dann diese Mühe machen, die zudem noch mit viel Arbeit und hohen Unkosten verbunden wäre?«
Die beiden Männer sahen sich befremdet an. Sie dachten an die mutierten Tscharr auf NO, für die sie alles getan hatten, was in ihrer Kraft stand, ohne Mühe und Kosten zu scheuen. Die Mentalität der Sorres schien Begriffe wie Mitleid nicht zu kennen, das ging klar aus diesen Worten hervor.
Nllam sprach bereits weiter. »Sie erwähnten vorher Anlagen unserer Spezies, die Sie irgendwo aufgefunden haben. Können Sie mir etwas Näheres darüber sagen?«
Peter Lorre berichtete ihm von den Ereignissen. Der Kommandant hörte zwar höflich zu, schien aber nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Seit der Flucht der Sorres von ihrer alten Heimatwelt waren mehr als 1350 Jahre vergangen, und das Galaktische Archiv war ihnen kein Begriff mehr. Er nahm zwar die Koordinaten entgegen, die ihm Peter überreichte, doch dieser hatte das sichere Gefühl, daß sich kein Sorres die Mühe machen würde, das System aufzusuchen. Darüber konnten auch die höflichen Worte nicht hinwegtäuschen, mit denen sich Nllam bei ihm bedankte.
Mehr noch: Der Technische Offizier hatte die Inspektion der Anlagen beendet, und nun zeigte der Kommandant deutliche Zeichen von Ungeduld. Peter Lorre, stets bestrebt, sich neben den Ramonern und Kuus weitere Freunde im All zu verschaffen, war bereit gewesen, ihm die Aufnahme dauerhafter Kontakte vorzuschlagen, aber nun hielt er sich zurück. Es gab ihm zu denken, daß Nllam es sorgfältig vermied, irgend etwas zu sagen, das ihm auch nur den kleinsten Hinweis auf die Lage seiner Heimatwelt hätte geben können – kein Wort über ihre Position oder auch nur die Entfernung zu Eetnar, obwohl Peter in Bezug auf die Erde bereits einiges preisgegeben hatte!
War das nur allein mit der nüchternen Pragmatik der Sorres zu erklären? Oder hatte diese Spezies etwas zu verbergen und war der Kommandant deshalb so vorsichtig …?
Dem Draufgänger Peter Lorre lag eine entsprechende Frage bereits auf der Zunge, doch er hielt sie zurück. Er dachte an den Eruptor, jene zwar unbekannte, aber zweifellos furchtbare Waffe der Echsenwesen: Ob ihr der nicht immer ganz zuverlässige KSS standhalten konnte, war mehr als ungewiß!
So endete dieses Zusammentreffen in einer ungemütlichen, fast frostigen Atmosphäre, obwohl Nllam sich noch wortreich für die Attacke auf das Beiboot der PLUTO 2 entschuldigte. Es gab nur einen kurzen förmlichen Abschied, dann verließen alle vier die Kuppelstation und begaben sich zu ihren Booten zurück.
Wieder einmal nichts! dachte Lorre resigniert, genau wie damals, als wir die blauhäutigen Reresh trafen. Keine ausgesprochene Feindschaft, aber auch kein Ansatz für eine Freundschaft – einfach nichts …