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Kapitel 17

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»Was macht ihr hier?«

Der Flinten-Mann war etwa sechzig. Er sah ängstlich aus. Die Kaliber-12 zitterte in seinen Händen. Ein großer Hund von unbestimmter Rasse stand mit gesträubtem Fell neben ihm und knurrte.

»Immer mit der Ruhe. Ich werde für den Schaden an Ihrer Wand aufkommen.«

»Würdet ihr mir vielleicht verraten, wo zur Hölle ihr herkommt?«

»Könnten Sie das Gewehr senken, Sir? Ich kann es Ihnen erklären. Ist eine lange Geschichte. Ich bin Nick, das ist Selena.«

»Ihr seht aus wie etwas, in dem sich mein Hund gewälzt hat. Du sagst, du bezahlst?«

»Absolut. Wir werden die Wand erneuern. Wo sind wir eigentlich?«

Er blieb misstrauisch, senkte aber seine Flinte ein paar Zentimeter. Nick atmete auf.

»Ihr seid in Smartsville, Kalifornien. Wie seid ihr hierher gekommen?«

Die Wahrheit wäre in Anbetracht der Geschehnisse wohl keine gute Idee. Nick begann zu improvisieren. »Selena hier gehört die alte Connor-Mine, nicht weit von hier. Kennen Sie den Ort?«

»Connorsville? Die größte Mine hier? Klar, jeder kennt es. Das ist deine?«

Nick wollte gerade etwas antworten, aber sie kam ihm zuvor. »Ja.« Selena lächelte den Mann an. »Es tut mir wirklich leid, Ihnen so viel Ärger bereitet zu haben. Ich habe Nick die Gegend gezeigt und wir sind in die Mine gegangen. Ich bin gestolpert und habe mich an einem Stützpfeiler festgehalten. Der ist eingestürzt und die Decke kam herunter. Fast wären wir dabei begraben worden.«

Nick griff die Story auf. »Also konnten wir nicht hinausgelangen, wie wir reingekommen waren. Wir sind dort stundenlang rumgeirrt, bis wir den Tunnel gefunden haben, der uns hierher geführt hat. Wir haben Ihre Wand eingerissen, weil es keine andere Möglichkeit gab. Wie gesagt, ich werde für den Schaden bezahlen.«

»Na, ich werd' verrückt.« Die Waffe sank noch ein paar Zentimeter. »Ich habe immer gehört, die Chinesen hätten während des Goldrauschs geheime Tunnel gegraben.«

»Warum hätten sie denn einen hierher graben sollen?«

»Das war früher ein Freudenhaus. Vermutlich ein Grund so gut wie jeder andere. Ihr beiden hattet verdammtes Glück, den Tunnel zu finden, nachdem ihr dumm genug wart, in die alte Mine zu gehen.«

»Ich schätze, das war nicht besonders clever«, sagte Selena mit zerknirschtem Blick. Nick bemerkte, wie sie ihn aus dem Augenwinkel ansah. Sie hatte Spaß daran, das blonde Dummchen zu spielen.

»Ich schätze, ihr könnt einen Drink gebrauchen«, sagte der Flinten-Mann. Er nahm seine Waffe nun ganz runter. Der Hund hörte auf zu knurren und begann interessiert auszusehen, anstatt bedrohlich. »Kommt mit nach oben. Das wird eine großartige Geschichte fürs ›Das muss reichen‹.«

Flinten-Manns Name war Ed. Er bot ihnen einen Crown Royal an und eine Fahrt zurück zum Haus. Nick dachte sich, wer auch immer die Granate geworfen hatte, würde schon längst verschwunden sein und auch das Gemetzel beseitigt haben. Er machte sich keine Sorgen, über ein paar Leichen zu stolpern.

Kurz darauf kletterten sie in Eds Pick-up. Zehn Minuten später standen sie auf der Veranda des Hauses. Keine Spur von den Schützen weit und breit. Nicks Uhr zeigte Mitternacht.

Ed fuhr wieder davon mit dem Versprechen von Selena, dass er mit seinem Metalldetektor zurückkommen und die alte Stadt absuchen dürfte. Sie beobachteten, wie seine Rücklichter verschwanden. Hoch über ihnen in der warmen Juninacht hinterließ ein Flugzeug eine lange, silberne Spur am sternenübersäten Himmel. Eine sanfte Brise trug das Geräusch von zirpenden Grillen zu ihnen herüber.

»Fühlt sich gut an, so viel Raum über sich zu haben, oder?«

»Ich hatte nicht geglaubt, dass wir da wieder rauskommen würden«, sagte sie.

»Die Spinnen haben mich fertiggemacht.«

»Und die Ratten. Vergiss nicht die Ratten.«

Sie drehte sich zu ihm und umschlang ihn mit den Armen. Er hielt sie für einen langen Moment, spürte die Wärme ihres Körpers in der kühlen Nachtluft.

»Lass uns reingehen.«

Selena schaltete das Licht ein. Der Inhalt ihrer Handtasche war über den Boden und die Couch verstreut. Die Hintertür stand noch offen.

Selena sammelte ihre Sachen wieder zusammen. Nick rief Harker an. An der Ostküste war es drei Uhr morgens, doch die Ereignisse des Tages waren Grund genug, sie aufzuwecken.

Harker ging ans Telefon. Ihre Stimme war schlaftrunken.

»Ich hoffe, es ist eine gute Nachricht, Carter.« Sie hustete.

»Könnte man sagen. Wir haben das Buch.«

Er informierte sie über das Geschehene. Es gab eine lange Pause.

»Ich werde ein Aufräumteam rausschicken, um den Tatort untersuchen zu lassen. Kein Anzeichen von den Schützen?«

»Es ist dunkel draußen, also kann ich nicht nach Leichen suchen. Aber nein, keine Spur. Ich schätze, wer auch immer die Granate geworfen hat, nahm die anderen mit. Er war im Haus und hat Selenas Handtasche durchsucht, also weiß er, wer sie ist und wo sie wohnt. Aber nach dem Einsturz müssen sie denken, dass wir beide tot sind.«

»Dieser Nachbar, glauben Sie, er vermutet irgendwas von all dem?«

»Nein. Er glaubt nur, wir sind dumm genug, um alte Minen zu erforschen. Ich habe ihm gesagt, wir würden für seinen Schaden aufkommen, und er war einverstanden. Ich sehe keine Probleme. Vielleicht ein weiterer Beitrag zur lokalen Folklore.«

»Granaten und Uzis bedeuten ernst zu nehmende Unterstützung. Konnten Sie sich irgendjemand von denen gründlich ansehen?«

»Ich bin mir ziemlich sicher, es waren Chinesen. Der Große war hässlich wie die Nacht. Den würde ich wiedererkennen, wenn ich ihn noch mal sehen sollte.«

»Vielleicht kann das FBI helfen.«

»Sollte der Hässliche irgendwas mit Wu zu tun haben, dann haben die vielleicht ein Foto von ihm.«

»Ich werde herausfinden, was sie haben. Es muss noch mehr Fotos geben als die, die wir bereits bekommen haben. Was ist Ihr weiterer Plan?«

»Habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Erst mal schlafen, schätze ich.«

»Wie geht es Selena?«

»Ihr geht es gut.«

»Sagen Sie ihr, sie steht jetzt unter Staatsschutz und unterliegt staatlicher Weisung in Bezug auf ihre Aktivitäten.«

»Ja, Direktor.«

»Und Carter … ich bin froh, dass Sie es beide sicher überstanden haben.«

Sie legte auf.

Nick sah Selena an, die auf der Couch saß. Sie war erschöpft, angeschlagen und von Schmutz aus der Mine bedeckt. Sie sah recht mitgenommen aus und er hatte das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen. Er wollte mehr als das. Es war schon sehr lange her, seit er zuletzt eine Frau in den Arm nehmen wollte.

»Harker sagte, du stehst nun unter dem Schutz der Bundesbehörde. Das bedeutet, die Regierung kontrolliert jetzt für eine Weile dein Leben, was du tun darfst und was nicht. Ist leider unvermeidbar.«

Selena nickte resigniert.

»Harker schickt ein Team, das sich hier umsieht. Was willst du jetzt machen?«

»Ich möchte mich waschen und etwas schlafen, aber ich will nicht hierbleiben.«

»Ich habe eine Unterkunft nicht weit von hier. Warum gehen wir nicht einfach da hin? Ich kann auf der Couch schlafen.«

Sie überlegte einen Moment, betrachtete ihn nachdenklich.

»Klingt besser als ein Motel. Hast du eine Dusche oder eine Badewanne?«

»Habe ich.«

»Na dann los.«

Sie stand auf, nahm das Buch und ihre Handtasche, schaltete alles aus und schloss ab. Nick öffnete ihr die Beifahrertür. Das Handschuhfach stand offen, aber er hatte es so nicht hinterlassen. Der Versicherungsschein war verschwunden. Er schloss das Handschuhfach, ohne Selena seine Gedanken mitzuteilen. Die Adresse auf dem Schein war ein Postfach, also hatten sie noch keinen richtigen Aufenthaltsort. Fürs Erste waren sie sicher.

In weniger als einer Stunde waren sie an seiner Hütte.

Während Selena sich frisch machte, legte er das Buch in einen Waffensafe an der Rückseite des Schafzimmerschrankes. Er setzte sich und lehnte sich auf der Couch zurück, wartete darauf, dass sie fertig würde, und schloss die Augen. Was für ein Tag, dachte er. Warum waren diese Leute bloß so verrückt nach diesem Buch? Er schlief ein.

Und träumte.

Er rannte durchs Zwielicht, irgendetwas war dicht hinter ihm. Er lief durch eine trostlose Landschaft mit hohen Bergen und großen schwarzen Tieren auf einem steinigen Feld. Der Himmel hatte eine kränklich gelbe Farbe, es lag ein unangenehmer Geruch in der Luft.

Nick hörte einen Hubschrauber. Er suchte Selena, konnte sie aber nicht finden. Er sah eine Höhle an der Seite eines Berges und dann war er darin. Eine dunkle Gestalt in einer langen Robe stand im Schatten und beobachtete ihn. Die Gestalt hielt etwas Weißes in ihrer rechten Hand. Licht blitzte auf und Steine begannen zu fallen. Er würde lebendig begraben werden.

Dann stand er in einer Menschenmenge mit Megan. Er war nackt, schutzlos. Er suchte seine Kleidung.

»Ich weiß nicht, wo meine Socken sind.«

»Das ist nicht so schlimm, Nick. Aber du brauchst deinen Fallschirm.«

Dann war er angezogen und sie standen an einem Strand und schauten auf die Golden Gate Brücke.

»Ich liebe dich«, sagte er.

»Ich liebe dich auch, aber ich muss gehen. Sind die Berge nicht wunderschön?«

Riesige, schneebedeckte Berge befanden sich gleich hinter der Brücke in der Bucht. Irgendwie ergab das in dem Traum einen Sinn.

Dann wurde der Himmel dunkel und ein kalter Wind trieb Schaumkronen in die Bucht. Megan war verschwunden.

Er erwachte, ausgestreckt unter einer Decke auf der Couch. Alles tat ihm weh. Der Traum blieb im Gedächtnis hängen. Wenigstens war es nicht wieder das afghanische Dorf, nicht wieder dieses Kind.

Nicks irische Großmutter träumte manchmal von Dingen, die geschehen würden. Er hatte diese Fähigkeit von ihr geerbt. Eine psychische Eigenheit, die Türen öffnete, von denen er sich wünschte, sie würden verschlossen bleiben. Die Träume deuteten immer auf etwas, das noch nicht geschehen war, und es war niemals etwas Erfreuliches. Sie hatte es eine Gabe genannt, er hielt es für einen Fluch.

Dies war so ein Traum, aber er konnte sich nicht erklären, was er bedeutete. Diese schwarzen Tiere waren keine Kühe oder so was. Wenn das wie bei den anderen Träumen war, würde er nicht wissen, was es bedeutete, bis er mitten darin steckte.

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