Читать книгу PROJECT Band 1-3 (Bundle) - Alex Lukeman - Страница 28
Kapitel 23
ОглавлениеIn einem Eckbüro in der vierten Etage des Ministeriums für Staatssicherheit in Peking studierte der leitende Ermittler Yao Aiguo einen Ordner voller Berichte. Es war ein heißer Tag. Die Fenster standen der feuchten, mit Smog erfüllten Luft offen. Ein kleiner, schwarzer Elektroventilator bewegte die Papiere auf seinem Tisch.
Ein großes Porträt mit einem strahlenden Vorsitzenden Mao hing an einer Wand des Büros, gegenüber einem Bild des aktuellen Präsidenten und Parteivorsitzenden. Der Raum war in düsterem Gelb gestrichen. Er war spärlich eingerichtet mit ein paar Holzstühlen, dem Tisch, an dem Yao saß und einigen Aktenschränken. Ein Bild von Yao mit seinen Eltern war die einzige persönliche Note im Zimmer. Ein billiger Druck der berühmten Berge am Jangtse-Fluss vor der Errichtung der Drei-Schluchten-Talsperre rundete die Dekoration ab.
Yao sah sich den jüngsten Bericht aus dem Westen an und bohrte in der Nase. Er betrachtete das Ergebnis und wischte es unter seinem Stuhl ab.
Die Berichte aus San Francisco über Colonel Wu machten ihm Sorgen.
Yao sah aus seinem Fenster auf den starken Verkehr, der auf der Allee unter ihm vorbeikroch. Motorräder und Roller schlängelten sich wie manische Eichhörnchen durch die Masse der Autos und die Abgaswolken der LKWs und Busse. Die Blätter der Bäume am Straßenrand hingen welk und schlaff in der drückenden Hitze.
Ein Agent berichtete von einem Treffen in einem Restaurant zwischen Wu und seinem Sergeant, Choy. Wu hatte Choy losgeschickt, um ein Buch zu besorgen, das einem kapitalistischen Banker gehörte. Der Banker war tot. Yao besaß eine dicke Akte über den Mann. Connor, ein großer Investor in chinesische Industrie. Laut dem Bericht war Wu für seinen Tod verantwortlich. Warum hatte Wu den Amerikaner getötet und jemanden losgeschickt, das Buch des Toten zu besorgen?
Es gab Nachforschungen beim Konsulat bezüglich Choy und dem Tod eines amerikanischen Polizeibeamten. Jetzt war Choy auf dem Weg zurück nach China. Es stand alles in den vor ihm auf seinem Tisch ausgebreiteten Papieren. Die Augen und Ohren des Te-Wu, des chinesischen Geheimdienstes, reichten genauso leicht über den Pazifik wie in den nächsten Raum.
Wu sollte in San Francisco eigentlich versuchen, von der chinesischen Community etwas über Gelder zu erfahren, die von Amerika zur Unabhängigkeitsbewegung in der autonomen Region Tibet geleitet wurden. Aber Wu bewegte sich im Schatten von General Yang.
Warum sollte sich Yang mit einem Pack von Mönchen und Bauern beschäftigen, die absolut keine Möglichkeit hatten, ihre revisionistischen Ziele umzusetzen? Die Art von Information war nicht wichtig genug, um einen hochrangigen Offizier für Nachforschungen auszusenden. Irgendetwas stimmte nicht.
Wenige Menschen in China besaßen die Autorität und die Ressourcen, die Yao als oberstem Ermittler des Geheimdienstes zur Verfügung standen. Er gab eine Untersuchung niemals auf, bevor sie abgeschlossen war. Er lebte nach den Werten von Sun Tzu, und das hatte ihn zu einem der erfolgreichsten Agenten in der zweitausendjährigen Geschichte des Geheimdienstes gemacht.
Wenn man geduldig am Ufer des Flusses wartet, hatte der Meister gesagt, werden früher oder später die Körper seiner Feinde vorbeigespült.
Wenn es so weit war, würde Yao da sein, um sie aus dem Wasser zu pflücken und sicherzustellen, dass sie tot waren.
Für Yao war es einfach. Loyalität zur Nation und der kommunistischen Partei bildete das Fundament für eine stabile Gesellschaft. Yao hielt die Gesellschaft für noch wichtiger als Familie, das Fundament chinesischer Kultur. Das Allgemeinwohl der Nation war der zu befolgende Standard. Yaos Vorname bedeutete Liebe zum Heimatland. Er hielt sich für einen Patrioten und einen Wächter des Allgemeinwohles.
Er griff nach einer anderen Akte – über General Yang. In der Volksrepublik war niemand vor einer Untersuchung gefeit. Alle hohen militärischen Führer unterlagen einer Routineüberprüfung. Wenn es keine Unregelmäßigkeiten gab, dann gab es auch keinen Grund zur Sorge. Wenn es welche gab, dann wurden Maßnahmen zur Behebung der Situation ergriffen.
Yangs Akte enthielt keinerlei Hinweis darauf, dass er irgendetwas außer einem vorbildlichen Beispiel für Professionalität der Volksbefreiungsarmee war.
Die Akte besagte, Yang habe eine soziale und kulturelle Gruppe gegründet, die sich White Jade Society nannte. Mitglieder waren hochrangige Offiziere und Regierungsführer. Solche Gesellschaften waren nicht unüblich. Zu einer Gruppe von mächtigen Kollegen zu gehören, war für jemanden in Yangs hoher Position zu erwarten. Der General war ein einflussreicher Mann im heutigen China.
Yao studierte die Akte. Yang war Chef des Militärgeheimdienstes, die mächtigste Position unter den Generälen, wichtig für die tägliche Kontrolle von Chinas erheblicher Militärmacht. Er war auch ein Mitglied der Militärkommission des Zentralkomitees der kommunistischen Partei. Alles, was mit der Kommission zu tun hatte, war im höchsten Maße politisch und daher gefährlich. Yao würde seine Nachforschungen mit Vorsicht betreiben müssen.
Sein Erfolg als Ermittler basierte auf einer obsessiven Aufmerksamkeit für Details, und der hoch entwickelten Fähigkeit, wie sein Opfer zu denken. Warum wollte Yang Connors Geld? Connor war reich jenseits jeglicher Vorstellung gewesen. Yao machte eine Notiz, die Spur des Geldes zu verfolgen.
Wu würde so einen wichtigen Mann niemals ohne Anweisung töten, also musste es einen direkten Vorteil für Yang geben. Geld war schon immer ein Verführer des Menschen gewesen. Wenn Geld dahintersteckte, dann würde Yao die Mittäterschaft von Yang aufdecken, aber das fühlte sich irgendwie nicht richtig an. Yang wäre nicht in der Lage, so viel Geld auszugeben, ohne entdeckt und bestraft zu werden.
Wenn es nicht Geld war, was motivierte Yang stattdessen? Wu hatte seinen Sergeant losgeschickt, um ein Buch zu besorgen. Was stand darin? Ist er erfolgreich gewesen? Yao würde ein Team auf Choy ansetzen, wenn er Zuhause ankam. General Yang war in Peking und die Überwachung würde sofort beginnen. Colonel Wu war in San Francisco, aber das war kein Hindernis. Yao würde seinen Agent im Konsulat kontaktieren und ihm Instruktionen erteilen.
Yao sah aus dem Fenster. Er beschloss, Yang und Wu auf die Prioritätsstufe zu setzen. Bis er herausgefunden hatte, was sie taten, standen sie unter dem Verdacht, Staatsfeinde zu sein, bemerkenswerte Karriere hin oder her. Yao vertraute seinen Instinkten. Er würde herausfinden, was vor sich ging, es war nur eine Frage der Zeit.
Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf, lehnte sich zurück und schaute hinaus in den dunstigen Himmel Pekings. Yang war im Begriff, einen Verrat zu begehen, er konnte es fühlen. Yao atmete den Smog tief ein und spürte die Erregung der beginnenden Jagd.