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Dreizehnter Februar

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Ups, schon wieder habe ich es getan. Ich es einfach nicht lassen kann. Ich kann nichts dafür. Ich bin einfach der Typ dazu. Oder besser gesagt die Dame dazu.

Während andere gute Talente haben, habe ich ein schlechtes. Andere können im Kopf rechnen. Nicht mit kleinen Zahlen. Ich meine mit großen. Andere haben ein gutes Gedächtnis. Sie können sich Dinge in wenigen Minuten merken. Einen Test können sie problemlos bewerkstelligen. Etwas Anderes ist für sie nicht möglich. Sofern es ein Auswendig-Lernen-Test ist. Andere wiederum können zeichnen. Sehr gut zeichnen. Die einen malen Menschen realistisch. Andere können Tiere wirklichkeitsgetreu zeichnen. Wieder andere können Autos gut zeichnen.

Ich kann nichts von dem. Ich kann nicht mit großen Zahlen im Kopf rechnen. Ich habe kein Supergedächtnis. Ich kann nicht zeichnen. Ich kann nur eines sehr gut. Mich verletzen. Jede Ecke, die ich sehe, muss ich mitnehmen. Egal, ob es eine kleine oder eine große Ecke ist. Ich nehme sie alle mit. Ich verletze mich regelmäßig.

In der Schule gibt es einen Raum, der direkt an eine Treppe grenzt. Wenn ich mich beeilen muss, weil ich meinen Bus schaffen möchte, treffe ich meistens den Türrahmen mit meiner Schulter. Außer einem blauen Fleck ist mir glücklicherweise noch nichts dabei passiert. Die Schulter habe ich mir noch nicht gebrochen. Was nicht heißt, dass dies nie passieren wird.

Auch im Unterricht selbst besteht für mich Verletzungsgefahr. Vor allem in Mathe. Vor allem dann, wenn wieder einmal die Fähigkeiten im Umgang mit dem Zirkel gefragt sind. Jedes Mal, wenn ich meinen Zirkel auspacke, steche ich mich. Die Spitze des Zirkels ist bei mir immer auf der falschen Seite. Jedes Mal, wenn ich meinen Zirkel raushole, schreie ich Aua. Dann bricht in der Klasse immer ein Gelächter aus. Warum muss mir das nur immer passieren?

Im Sportunterricht hatte ich bisher meist Glück. Beim Laufen bin ich mal hingeflogen. Habe mir die Hände und die Knie etwas aufgeschürft. Aber das ist halb so schlimm. Eine Sportbefreiung bekam ich deswegen nicht. Das waren Lappalien.

Jetzt verletzte ich mich aber heftiger. Im Sportunterricht liefen wir nicht nur. Wir turnten nicht nur an verschiedenen Geräten. Wir lernten und spielten auch Handball. Ab und zu war ich vorne vor dem gegnerischen Tor. Ab und zu warf auch ich aufs gegnerische Tor. In fünfzig Prozent der Fälle traf ich das Tor. Den Pfosten oder die Latte. In fünfundzwanzig Prozent der Fälle hielt die Torwartfrau meinen Ball. Jubeln durfte ich bei den restlichen fünfundzwanzig Prozent.

Ich hätte auch heute jubeln können, wenn der Schmerz nicht so groß gewesen wäre. Beim Sprung auf das Tor war noch alles gut. Als ich aufkam, verdrehte ich mir etwas das Knie. Weiterspielen war für mich unmöglich. Ein Pflaster reichte nicht aus. Damit konnte meine Verletzung nicht geheilt werden. Der Krankenwagen musste her. Mit ihm durfte ich ins Krankenhaus fahren.

Im Krankenhaus wurde alles kontrolliert. Operiert werden musste ich zum Glück nicht. Ich bekam eine Bandage und durfte wieder nach Hause. Dort musste ich mein Knie die nächsten zwei Wochen schonen. Ich durfte keinen Meter gehen. Auch nicht zur Schule. Ich verpasste einige Stunden Unterricht. Erst nach den zwei Wochen durfte ich mein Knie wieder bewegen. Trotzdem war ich noch sportbefreit. Mit Krücken konnte ich schlecht Sport treiben, oder? Bei meinem Talent erst recht nicht.

Erzählen-AG: 366 Geschichten

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