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Vierzehnter Februar

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Wer selber Geld verdienen möchte, muss arbeiten gehen. In der Regel sind es acht Stunden am Tag. Fünf Tage die Woche. Also insgesamt vierzig Stunden pro Woche.

Um zur Arbeit zu kommen, gibt es verschiedene Mittel. Wer nicht weit von der Arbeit wohnt, kann zu Fuß laufen. Ein Kilometer sollte in rund zehn Minuten zu schaffen sein. Vorausgesetzt es sind keine Hindernisse wie Ampeln im Weg. Dann kann es länger dauern. Sonst sind aber bis zu sechs Kilometer in der Stunde zu schaffen.

Diese Distanz ist auch noch mit dem Rad zu schaffen. Ein ungeübter Mensch sollte die doppelte Distanz in einer Stunde schaffen. Zwölf Kilometer pro Stunde sollten für jeden Erwachsenen möglich sein. Wer trainiert ist, schafft die Distanz auch schneller – oder mehr in einer Stunde.

Wer trainiert ist, sollte mit dem Rad zwanzig Kilometer in der Stunde schaffen. Sofern das Wetter und der Winterdienst mitspielt. Wenn es im kalten Winter regnet, sollte ein Radfahrer eventuell vorsichtig fahren. Überfrierende Nässe wird spätestens an der nächsten Kurve gefährlich. Doch auch wenn es nicht regnet, kann ein Radfahrer nicht immer so schnell fahren, wie er möchte.

Wenn der Radweg mit Schnee bedeckt ist, muss der Radfahrer langsamer fahren. Auch dann, wenn der Schnee geschmolzen ist und nur noch Schneematsch übrig geblieben ist. Wurde der Schnee oder der Schneematsch noch nicht vom Winterdienst geräumt, so fährt es sich nicht so leicht. Das Fahrrad schlingert hin und her.

Doch zum Glück war es heute nicht so. Auch wenn Winter war, es lag kein Schnee. Es fiel auch kein Regen. Ich konnte mit meinem Fahrrad so schnell fahren, wie ich es wollte. Zu mindestens bis zur nächsten roten Ampel.

Normalerweise stören mich rote Ampeln. Normalerweise war aber nicht heute. Als ich an der roten Ampel stand, fuhr ein Bus von rechts nach links. Eigentlich nichts Besonderes. Eigentlich. Wäre da nur nicht die blonde Dame gewesen, die mich ansah.

Ich sah ihr in die Augen und folgte dem Bus mit meinen Augen. Irgendwann war der Bus weg, doch die Dame blieb in meinen Gedanken. Sie hatte mich fasziniert. Ihre Augen waren so schön. Ich könnte nicht erkennen, welche Farbe sie hatten, doch meinem Herzen war eines bewusst: Die Augen waren Engelsaugen.

Ich verliebte mich in die Dame. Klar, dass ich die nächsten Tage immer etwas früher als sonst losfuhr. Ich wollte rechtzeitig an dieser Ampel sein. Früh genug, um den Bus nicht zu verpassen. Früh genug, um die Dame nicht zu verpassen. Sie wieder anzusehen.

Am siebenten Tag, an dem ich diese Strecke fahren musste, war ich besonders früh. Diesmal stand ich nicht an der Ampel. Diesmal stellte ich mein Fahrrad an einer Haltestelle ab, an der der Bus halten sollte. Als der Bus kam, stieg ich ein. Ich sah die Dame. Ich sprach sie an. Ich erzählte ihr, was ich die letzte sieben Tage getan habe. Dann stellte ich ihr eine Frage.

Sie antwortete mit Ja. Wir trafen uns am folgenden Wochenende in einem italienischen Restaurant. Ich lud sie zum Essen ein. Sie lud mich zu sich nach Hause ein. Seit diesem Tag sahen wir uns jeden Tag. Wir wurden ein Paar. Ein Paar, dass auch noch nach dreizehn Jahren glücklich zusammen lebt. Und wenn nichts dazwischen kommen sollte – was ich sehr hoffe – so werden wir auch noch zweisam sein, wenn wir alt und grau sind.

Erzählen-AG: 366 Geschichten

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