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B. Erklärung zu Art. 26 IPBPR I. Rechtsnatur
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Die „Protokollerklärung“ von Sinistrien bezieht sich auf die Auslegung von Art. 26 IPBPR. Es könnte sich daher um eine bloße Interpretationserklärung handeln, die zwar auslegungsleitenden, aber unverbindlichen Charakter besitzt und daher nicht den besonderen Rechtmäßigkeitsmaßstäben der WVK unterliegt.[12] Demgegenüber ist gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. d WVK eine Erklärung unerheblich von ihrer Bezeichnung als Vorbehalt anzusehen, wenn der erklärende Staat damit bezweckt, die Rechtswirkungen einzelner Bestimmungen für sich auszuschließen oder abzuändern. Die Abgrenzung kann schwer fallen, weil auch Interpretationserklärungen rechtsbegrenzende Wirkungen intendieren, indem sie eine mögliche dynamische Fortbildung des Vertrages im Wege der Interpretation behindern sollen. Dies mag insbesondere dort problematisch erscheinen, wo die Vertragsparteien ein Gremium geschaffen haben, dem die Kompetenz zur Interpretation der Vertragsbestimmungen übertragen ist.[13] Wollte man jedoch den Staaten das Recht bestreiten, sich im Wege von Interpretationserklärungen gegen denkbare Auslegungen zu verwahren, so käme dies einer Stellung als alleiniger oder vorrangiger Interpret gleich, die dem UN-Menschenrechtsausschuss nicht eingeräumt wurde. Hinzu kommt, dass nach h. M. eine solche Erklärung für den Ausschuss zwar im Regelfall beachtlich, aber nicht bindend ist. Die von Sinistrien ausgeschlossene Interpretation ist kein notwendiger, sondern nur ein möglicher Inhalt von Art. 26 IPBPR. Sinistrien möchte nur ausschließen, dass sein (zulässiger, s. o.) Vorbehalt zu Art. 27 IPBPR leerläuft, weil die Aussage dieser Norm in Art. 26 IPBPR hineingelesen wird. Dieser systematische Zusammenhang zwischen den beiden Artikeln unterstreicht, dass es sich lediglich um eine Interpretationserklärung handelt, die ohne Weiteres zulässig ist (a. A. vertretbar).
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Hinweis:
Wer hier einen Vorbehalt annimmt, müsste als nächstes die Wirksamkeitsvoraussetzungen prüfen. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Vorbehalts ist zu beachten, dass, wenn der Ausschluss einer Bindung an Art. 27 IPBPR zulässig ist (s. o. A.), konsequenterweise auch ein Vorbehalt zulässig sein muss, mit dem eine Interpretation von Art. 26 ausgeschlossen wird, die dieser Vorschrift einen Art. 27 gleichkommenden Inhalt beilegt.