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a) Vorgaben der BasisVO und des LFGB für den Gesundheitsschutz

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Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist es Zweck des LFGB, „bei Lebensmitteln, Futtermitteln, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine oder Abwehr einer Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen“. Der Begriff der Gesundheit wird dabei in Anlehnung an die Definition der WHO[5] weit ausgelegt und umfasst nicht nur die Freiheit von Krankheiten, sondern beinhaltet auch das geistige und psychische,[6] nicht hingegen das soziale oder spirituelle Wohlbefinden. Damit reicht der Schutzbereich des § 58 LFGB weiter als der Schutz der körperlichen Unversehrtheit durch die §§ 223 ff. StGB. Erfasst werden bereits Gefahren im Vorfeld des klassischen Schutzes von Leib und Leben.

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Mit Art. 1 Abs. 1 will die BasisVO die „Grundlage für ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit des Menschen und die Verbraucherinteressen bei Lebensmitteln unter besonderer Berücksichtigung der Vielfalt des Nahrungsmittelangebots, einschließlich traditioneller Erzeugnisse [schaffen], wobei ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts gewährleistet wird“.[7] Diese Beschreibung des Anwendungsbereichs und die Konkretisierung der Zielsetzungen der BasisVO werden zum Teil als politische Floskel ohne materiellen Gehalt betrachtet, die ein absolut gültiges Schutzniveau nicht bestimmen könne.[8] Maßgebend seien daher allein die Vorgaben des Art. 14 BasisVO für die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit. Dem ist zu widersprechen: In der Zielbestimmung von Art. 1 Abs. 1 BasisVO kommt zum einen eine Akzentverschiebung hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Lebensmittelrechts zum Ausdruck, zum anderen wird dem Gesundheitsschutz absolute Priorität eingeräumt. Dies spiegelt sich auch in dem Ansatz zur Neubewertung der Risiken mit der Betonung des Vorsorgeprinzips (vgl. Rn. 33) wider.[9] Dies ist der entscheidende Grund dafür, dass der Gesundheitsschutz nicht in Anlehnung an die Strafvorschriften der §§ 223 ff. StGB, sondern eigenständig zu bestimmen ist (näher dazu Rn. 193 ff.), mit der Folge, dass der strafrechtliche Schutz gegenüber §§ 223 ff. StGB erheblich ausgeweitet wird.

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Nach Art. 14 Abs. 2 lit. a BasisVO gelten Lebensmittel als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie gesundheitsschädlich sind. Art. 14 Abs. 3 BasisVO bestimmt ferner, dass bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel sicher ist, die normalen Bedingungen seiner Verwendung durch den Verbraucher auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen sowie die dem Verbraucher vermittelten Informationen einschließlich der Angaben auf dem Etikett oder sonstige in normaler Weise zugängliche Informationen über die Vermeidung bestimmter die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkungen eines bestimmten Lebensmittels oder einer bestimmten Lebensmittelkategorie zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf diese europarechtlichen Vorgaben für die Auslegung kann davon ausgegangen werden, dass gesundheitsschädliche Lebensmittel nicht als unsicher gelten, wenn sie so gekennzeichnet sind, dass nicht mehr mit dem Verzehr oder einem anderen gesundheitsschädlichen Kontakt des Verbrauchers oder in der Handelskette gerechnet werden muss, sie also letztlich nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden.[10]

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Bei der Feststellung der Gesundheitsschädlichkeit sind gemäß Art. 14 Abs. 4 BasisVO die wahrscheinlichen sofortigen und/oder kurzfristigen Auswirkungen des Lebensmittels auf die Gesundheit der Verbraucher ebenso zu berücksichtigen wie die wahrscheinlichen kumulativen toxischen Auswirkungen und die besondere gesundheitliche Empfindlichkeit einer bestimmten Verbrauchergruppe, falls das Lebensmittel für diese Gruppe bestimmt ist.

Handbuch Wirtschaftsstrafrecht

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