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4.Subjektives Element

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131Schließlich ist als subjektives Moment noch ein willensgesteuertes Verhalten erforderlich. Die bloße Verursachung einer Folge in der Außenwelt reicht demnach nicht aus. Insofern scheiden Reflexbewegungen (der berühmte Kniesehnenreflex oder das Zucken der Muskeln nach der Berührung eines elektrischen Zauns) oder Bewegungen im Schlaf oder im Zustand der Bewusstlosigkeit als taugliche Tathandlungen aus. Es ist hier jedoch wiederum stets zu fragen, ob sich eine vom Willen getragene Handlung im Vorfeld finden lässt, an die eine mögliche Strafbarkeit anknüpfen kann (sog. „vorverlagerte Handlungen“).

Bsp.: Anton liest nachts im Kerzenschein gerne spannende Krimis und pflegt dabei regelmäßig einzuschlafen. Als er sich im Schlaf umdreht, wirft er die noch brennende Kerze um, die das gesamte Haus in Brand setzt. – Für eine mögliche Strafbarkeit Antons wegen fahrlässiger Brandstiftung, § 306d StGB, ist es entscheidend, ob Anton gehandelt hat. Da eine Bewegung im Schlaf kein willensgesteuertes Verhalten darstellt, scheidet diesbezüglich eine Handlung aus. Vorzuwerfen ist Anton jedoch, dass er bei den ersten Ermüdungserscheinungen nicht die Kerze gelöscht hat. Hierin liegt ein vom Willen getragenes Unterlassen. Zudem kann bereits das Anzünden der Kerze als aktives Tun strafrechtliche Relevanz besitzen, nämlich dann, wenn Anton damit rechnen konnte alsbald einzuschlafen und die Kerze umzustoßen.

132Auch ein Verhalten aufgrund äußerer Krafteinwirkung (sog. „vis absoluta“) stellt strafrechtlich keine Handlung dar. Diese ist jedoch abzugrenzen von der lediglich den Willen beugenden Gewalt (sog. „vis compulsiva“), bei der jemand infolge einer Drohung eine zwar nicht „freie“, dennoch aber im Einzelfall willensgesteuerte Handlung vornimmt. Diese ist zwar möglicherweise gerechtfertigt oder entschuldigt, weist jedoch Handlungsqualität auf.

Bsp.: Bruno wird von Anton in die Schaufensterscheibe gestoßen. Enkel Erwin führt die Hand seines gelähmten Großvaters Gustav und unterzeichnet auf diese Weise einen Brief mit beleidigendem Inhalt. In beiden Fällen handeln ausschließlich Anton und Erwin, nicht aber Bruno und Gustav. – Anders ist es allerdings, wenn Anton den Bruno durch das Vorhalten einer Waffe und durch die Drohung, ihn sonst zu erschießen, zwingt, in die Schaufensterauslage zu springen oder Erwin den Gustav unter Androhung von Schlägen dazu bringt, den Brief zu schreiben. – Hier lagen neben den Handlungen von Anton und Erwin (durch das Drohen) auch solche von Bruno und Gustav vor, da diese, wenn auch unter Zwang, letztlich selbst entscheiden konnten, ob sie der Drohung nachgeben oder nicht.

133Da es für die Handlung als ersten Filter nur auf die Willenssteuerung und nicht auf die Schuldfähigkeit ankommt, können auch schuldunfähigen Personen (kleine Kindern, sinnlos Betrunkene, Geistesgestörte) handeln. Insoweit ist hinsichtlich des „willensgesteuerten Verhaltens“ auf den natürlichen Willen eines Menschen abzustellen. Diesen besitzen auch schuldunfähige Personen.

Bsp.: Wenn der völlig betrunkene Bruno mit seinem Zechkumpan in Streit gerät und diesen ersticht, „handelt“ er, auch wenn er bei der Deliktsbegehung schuldunfähig ist. Anders ist dies, wenn Bruno infolge seiner Trunkenheit plötzlich bewusstlos wird und in eine Schaufensterauslage fällt. Dann ist er wie derjenige zu behandeln, der einschläft: Man kann lediglich an die Handlung des Sich-Betrinkens anknüpfen. In dem Moment, in dem der Betreffende allerdings bewusstlos wird und umfällt, hat er auch keinen natürlichen Willen mehr. Eine Handlung scheidet dann aus.

134Einen problematischen Grenzbereich stellen sog. automatisierte Verhaltensweisen dar. Hierunter versteht man Verhaltensweisen, die sich so eingeschliffen haben, dass sie im konkreten Fall vom Bewusstsein zwar kaum mehr beherrscht werden können, bei denen aber immer noch ein gewisser Rest an Steuerungsfähigkeit verbleibt. Gleiches gilt für Kurzschlusshandlungen und Spontanreaktionen. Im Ergebnis ist hier die Handlungsqualität zu bejahen.

Bsp.: Anton fährt mit seinem PKW auf der Autobahn, als plötzlich eine Wespe ins Auto fliegt. Er bekommt einen Schrecken und schlägt wild um sich, wobei er seiner Beifahrerin Berta einen Schneidezahn ausschlägt. Wenig später springt ihm ein Hase vors Auto. Instinktiv reißt er das Lenkrad zur Seite und will ausweichen. Dabei verliert er die Kontrolle über den PKW. Es kommt zu einem Unfall, bei dem vier Menschen sterben. – Im Gegensatz zum bloßen Reflex, den man überhaupt nicht mehr steuern kann, sind die vorliegenden „automatisierten“ Verhaltensweisen dennoch Ausdruck der Individualität des Einzelnen und zumindest ansatzweise steuerbar. Es besteht daher kein Grund, sie bereits auf der Handlungsebene auszugrenzen. Eine Handlung liegt im Beispielsfall daher vor.

Strafrecht Allgemeiner Teil

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