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Kapitel 4:Kausalität I.Grundlagen
Оглавление137 Prüfungsschema
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Handlung (z. B. Messerstich)
b) Erfolg (z. B. Tod eines Menschen)
c) Kausalität
d) Objektive Zurechnung
2. Subjektiver Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Während bei den schlichten Tätigkeitsdelikten der Tatbestand bereits durch die Handlung als solche erfüllt wird, ein konkreter Erfolg in der Außenwelt also nicht erforderlich ist, setzt die überwiegende Zahl der Delikte im StGB neben der tatbestandlichen Handlung auch einen bestimmten – von der Handlung gedanklich abgrenzbaren – Erfolg in der Außenwelt voraus (= Erfolgsdelikte53). Dieser Erfolg kann sowohl in einer Verletzung (z. B. Tod eines Menschen) als auch in einer Gefährdung (z. B. einer konkreten Lebensgefährdung) liegen.
Bsp.: Anton sagt vor Gericht falsch aus und beschwört diese Aussage. – Der Meineid, § 154 StGB, setzt tatbestandlich lediglich voraus, dass der Täter vor einem Gericht falsch schwört. Ein darüber hinausgehender Erfolg in der Form, dass der Richter dem Täter glaubt oder gar aufgrund der falschen Aussage ein falsches Urteil fällt, ist nicht erforderlich (= Meineid als schlichtes Tätigkeits- und abstraktes Gefährdungsdelikt). – Anders ist dies beim Totschlag, § 212 StGB. Dieser erfordert naturgemäß mehr als eine bloße Tötungshandlung, d. h. mehr als die Abgabe des Schusses. Notwendig ist darüber hinaus ein Erfolg in der Außenwelt, nämlich der Tod eines Menschen (= Totschlag als Erfolgs- und Verletzungsdelikt).
138Wesentlich ist es nun, dass bei den Erfolgsdelikten nicht nur das Vorliegen einer Tathandlung und der Eintritt des Taterfolges festgestellt werden, sondern dass darüber hinaus auch eine bestimmte Beziehung zwischen Handlung und Erfolg bestehen muss. Der strafrechtlich unerwünschte Erfolg muss gerade durch die jeweilige Handlung verursacht werden.
Bsp.: Anton steht in seinem Garten und fällt einen Baum. Im selben Moment stirbt sein Nachbar Norbert an Herzversagen. – Hier lagen zwar sowohl eine Handlung (das Fällen des Baumes) als auch ein Erfolg (Norberts Tod) vor. Antons Handeln war aber für diesen Erfolg nicht ursächlich.
139Diese Verursachung wird als Kausalität bezeichnet. Sie muss bei Erfolgsdelikten als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal jeweils zusätzlich zu den übrigen Tatbestandsmerkmalen geprüft werden. Zumeist ist die Frage der Kausalität unproblematisch. Sie kann lediglich in Ausnahmefällen fraglich sein und ist dann gesondert zu untersuchen.
Bsp.: Anton will Bruno eine Ohrfeige geben. Bruno weicht aus und stolpert dabei so unglücklich, dass er sich eine Platzwunde zuzieht. Auf dem Weg ins Krankenhaus stirbt er bei einem Autounfall, weil der Krankenwagen auf eisiger Fahrbahn ins Schleudern gerät. Der Fahrer des Wagens hatte zuvor „einen über den Durst“ getrunken. – Hier ist fraglich, ob Anton dadurch, dass er Rudi eine Ohrfeige geben wollte, das gesamte weitere Geschehen „verursacht“ hat, also sowohl die Platzwunde durch den Sturz als auch Rudis Tod durch den Autounfall. Wenn dem so wäre, muss überlegt werden, ob die Kausalität auch dann noch anzunehmen ist, wenn der Fahrer des Krankenwagens den Unfall dadurch verursacht hat, dass er vollkommen betrunken war.
140Im Hinblick darauf, welche Anforderungen an die Kausalität zu stellen sind, haben sich mehrere Theorien entwickelt, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden sollen54. Für den Anfänger (und in aller Regel auch bei der Anfertigung von Klausuren) reicht es aus, von der herrschenden Äquivalenz- oder Bedingungstheorie auszugehen, die allen anderen Theorien zugrunde liegt. In einem zweiten Schritt ist dann – nach der Feststellung der rein faktisch zu beurteilenden Kausalität – zu prüfen, ob dem Täter der konkrete Erfolg auch normativ zuzurechnen ist.
141Diese Prüfung der objektiven Zurechnung, die ebenfalls als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Teil des objektiven Tatbestandes ist, schließt sich somit an die Bejahung der Kausalität an und setzt diese denklogisch voraus. Hier ist zu untersuchen, ob der Erfolg rechtlich als ein „Werk des Täters“ anzusehen ist, ob der Täter also im Sinne der Rechtsordnung für diesen Erfolg verantwortlich ist. Hierfür ist eine normative Prüfung erforderlich. Die Prüfungspunkte „Kausalität“ (= faktisch) und „objektive Zurechnung“ (= normativ) sind in einer Klausur somit sauber voneinander getrennt zu prüfen.55