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4. Einschätzung
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Die Grenzen des Anwendungsvorranges finden ihre Grundlage nicht im Unionsrecht, weshalb sie aus dessen Perspektive nicht bestehen könnten; aus mitgliedstaatlicher Perspektive folgen sie aus der Übertragung der Zuständigkeiten auf die Union. Allerdings finden sämtliche vom BVerfG herangezogenen Ansatzpunkte für eine Kontrolle ihre Entsprechung im Unionsrecht – in Gestalt von Art. 6 EUV und der → Grundrechtecharta bezüglich der Grundrechte, in Gestalt des → Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung in Art. 5 EUV bezüglich des Ultra-vires-Vorbehalts und unter dem Aspekt der Wahrung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten in Art. 4 Abs. 2 EUV bezüglich der Identitätskontrolle. Das BVerfG ist sich seinerseits des Loyalitätsgebots aus Art. 4 Abs. 3 EUV bewusst und hat das bereits in der Maastricht-Entscheidung konzipierte Kooperationsgebot durch wiederholte Vorlagen und judizielle Zurückhaltung ins Werk gesetzt, insbesondere indem es betont, dass beide Kontrollvorbehalte zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben sind (BVerfGE 142, 123 [202] – OMT). Die prinzipielle und insofern auch vom BVerfG als notwendig erachtete Geltung des Anwendungsvorranges wird damit nicht in Frage gestellt, sondern – im Einklang mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des Unionsrechts – an einen nur ausnahmsweise und unter sehr engen Voraussetzungen zu aktivierenden Kontrollvorbehalt geknüpft.