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Und es ist noch nicht vorbei

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Ein wenig widerwillig folgt der Ordnungshüter dem Halbblut, der ihn zu dem Langhaus führt, in welchem die Verletzten untergebracht sind. „Die Toten zeige ich Ihnen später, wenn Sie da noch Wert drauf legen“, knurrt David, während er eine einladende Handbewegung in Richtung Eingang macht und nachdem der Sheriff eingetreten ist brummt er: „Hier sehen Sie die Opfer, die auf Seiten der Reservatsbewohner ihr Päcklein zu tragen haben. Wurden die Ihnen jemals zuvor gezeigt? –Übrigens, die Angehörigen der Toten, die Mutter des jungen Mädchens und die Frau des Kriegers, die Kinder und Enkel der Alten, die sind nicht dabei und das sind ebenfalls Opfer, die mit ihrer Trauer und dem Schmerz des Verlusts weiterleben müssen! Und sie müssen mit der ständigen Angst vor neuen Überfällen fertig werden.“

Er holt tief Luft. „Es lebt sich nicht besonders angenehm, wenn man weiß, dass man nicht nur unerwünscht, sondern auch noch verhasst ist. Keiner der Stammesangehörigen ist gerne hierher gezogen, aber der weiße Mann hat die Menschen einfach wie Vieh hierher verfrachtet, weil er die Bodenschätze, die sich unter ihrem angestammten Land befinden, unbedingt für sich haben wollte!“

Laut saugt Sheriff Jason, so hat er sich mittlerweile vorgestellt, die Luft durch die Nase und schaut sich um. Was er sieht, sind fast ausschließlich Frauen. Er räuspert sich, dann murmelt er heiser: „Nein, Sir, das hat mir noch niemand vorher gezeigt, noch nicht einmal erzählt!“

„Das glaube ich Ihnen gerne, denn die ach so feigen Rothäute sind viel zu stolz, um mit ihren Verwundeten hausieren zu gehen.“

Davids Blick fällt auf das kleine Mädchen, welches noch immer verängstigt an derselben Stelle hockt, wie vor einer halben Stunde. Er deutet auf die Kleine und murmelt: „Da sehen Sie eines der am schwersten gezeichneten Opfer, eines ohne offene Wunden und doch für ihr ganzes Leben lang gezeichnet.“

Der Sheriff folgt mit den Augen dem ausgestreckten Arm. „Das verstehe ich nicht, das ist doch noch ein Kind, da wird doch wohl keiner drauf schießen. So viel Hass können doch noch nicht mal meine braven Bürger entwickeln.“

„Schießen?“ Davids Stimme knallt wie ein Schuss. „Das wäre vielleicht noch das kleinere Übel für sie gewesen. Wenn es nur das wäre, eine Schussverletzung heilt, aber die seelischen Wunden, die dem Kind zugefügt worden sind, werden nie im Leben heilen. Die Kleine ist vergewaltigt worden, mehrfach! Von vier weißen Männern ist dem Kind Gewalt angetan worden.

Stellen Sie sich das vor, Sheriff. Vier erwachsene Männer stürzen sich auf ein verängstigtes Kind. Aber das Mädchen hat ja keine Seele, den Tiere haben ja angeblich keine Seele und wenn Sie es noch nicht wussten, Sir, ein Indianer ist kaum mehr wie ein Tier in den Augen vieler dummer, vernarrter Weißer. Für manch einen ist ein Indianer sogar noch viel weniger wert, als ein Stück Vieh!

Und denken Sie nicht, dass die Männer nicht auf Indianerkinder schießen, weil es noch Kinder sind. Der Hass ist so grenzenlos, dass selbst die Kleinsten ohne Erbarmen gemeuchelt werden, ja man kann in manchen Fällen sogar von Abschlachten reden, wobei wir wieder beim Vieh wären.“

Jason ist kalkweiß geworden. „Ich glaube, hier gehören andere vor Gericht, aber bestimmt keiner von den Indianern und schon gar nicht Ihre Frau. – Das ist ja alles unvorstellbar.“

Der Mann flüchtet regelrecht aus dem Langhaus und vor allem vor dem Anblick des geschändeten Kindes.

Aufatmend bleibt er vor der Türe stehen. „Ich denke, ich habe genug gesehen. Die Leichen erspare ich mir. Ich werde dafür sorgen, dass die Bande ihren wohlverdienten Prozess bekommt und ich werde den Gouverneur bitten, dass er das Reservat irgendwie unter einen Schutz stellen lässt.“

„Das wäre mehr, als man erwarten darf und ist meiner Meinung nach auch eher als unwahrscheinlich anzusehen. – Übrigens, noch etwas Sheriff. In etwa einem dreiviertel Jahr können die Ergebnisse dieses Überfalls in Fleisch und Blut besichtigt werden.“

Die Stimme des Indian trieft vor Zynismus.

Ein verständnisloser Blick trifft David, der darauf ernst erklärt: „Wenn die heute vergewaltigten Frauen gebären!“

„Oh Gott!“, Jason greift sich an die Stirn. „Mir wird es übel, wenn ich daran denke, wovor wir angeblich so anständigen Bürger so alles unsere Augen fest verschließen.“

Widefield sagt nichts dazu, sondern er lenkt schweigend seine Schritte wieder in Richtung Zentralplatz, doch bevor er dort mit Jason anlangt, kommt eine unglaubliche Hektik im gesamten Reservat auf.

„Feuer! Es brennt! Feuer!“

Aus einem Haus am Rande der Siedlung dringt dichter Qualm. Mehrere Männer mit Fackeln stehen triumphierend in der Nähe des Gebäudes und einer ruft: „Wir anständigen Bürger von Bravony lassen uns die Untaten dieser Bestien nicht mehr länger gefallen! In dem Schuppen haben die Rothäute ihre ganze dreckige Brut untergebracht, die räuchern wir jetzt aus, damit das Rattenpack endlich kaputt geht!“

„Die Kinder, da sind alle unsere armen Kinder drin!“ ruft eine schrille Stimme voller Entsetzen.

David und auch der Sheriff sind schneeweiß geworden, ob dieser Ungeheuerlichkeit und David knurrt: „Und soweit dazu, dass niemand Hass auf ein unschuldiges Kind entwickeln kann!“

Keiner ist so recht in der Lage, sich zu rühren und die paar Frauen, die in ihrer Verzweiflung versuchen wollen, ihre Kinder aus der Flammenhölle zu retten, werden von den Männern mit den Fackeln bedroht. Alle starren noch auf das Holzhaus, aus dessen Dach bereits meterhohe Flammen schlagen, da saust plötzlich ein roter Blitz durch die Menge und lässt sich auch durch die Fackeln nicht aufhalten.

„Jamie, Jamie, mein Liebling!“

Carol springt mit voller Wucht aus dem Lauf heraus gegen die verriegelte Tür, die diesem Aufprall sofort nachgibt. Ohne sich umzusehen verschwindet die junge Frau direkt hustend in dem Qualm und wenige Sekunden später quellen kleine, verängstigte Gestalten durch die Tür, die aus rußigen Gesichtern und verschreckten Augen die Umstehenden anstarren. Bei einigen der Kleinen hinterlassen Tränen weiße Spuren auf den Wangen.

David und einige andere beherzte Männer haben ihren ersten Schock überwunden und sind der jungen Weißen gefolgt, deren gellende Stimme durch das Prasseln und Fauchen der Flammen fast übertönt wird.

Als nur wenige Minuten später das Gebäude laut krachend in sich zusammenstürzt, sind alle Kinder mehr oder minder verletzt geborgen, das bestätigt die junge Squaw, die die Kinder zum Zeitpunkt der feigen Tat beaufsichtigt hatte und sie nun schnell durchzählt.

Carol ist einem Zusammenbruch nahe. Ihr Hemd ist stark angekohlt und eine riesige, schwarze Brandblase ziert ihren rechten Unterarm. Hektisch läuft sie zwischen den aufgeregten Reservatsbewohnern hin und her, schaut jedem Kind in sein schwarzes Gesichtchen und ruft immer wieder unter Tränen: „Jimmy, wo ist mein kleiner Jimmy?“

David kämpft sich mit einiger Mühe zu ihr durch, fängt sie schließlich ein und presst sie fest an sich. „Beruhige Dich doch endlich, mein Liebling. Jimmy ist bei meiner alten Tante im Langhaus. Ich habe ihn unmittelbar vor dem Brand noch dort gesehen. Ich hatte ihn beauftragt, auf die weise Tante aufzupassen.“

„Oh lieber Gott, ich danke Dir! Ich dachte schon ...!“, mit diesem unbeendeten Satz bricht die junge Frau bewusstlos zusammen.

Der Sheriff, der sich mittlerweile unter Mithilfe seiner Hilfssheriffs seine ‚braven Bürger’ eingefangen hat, knurrt aufgebracht: „Das hat ein böses Nachspiel für euch, für Euch alle! Was habt Ihr Euch eigentlich dabei gedacht?“

Er schüttelt mit einem beinahe etwas traurigen Gesichtsausdruck den Kopf, als er in die noch immer störrischen Gesichter der Dorfbewohner schaut, dann fällt ihm plötzlich noch etwas ein und er faucht: „Unter Umständen habt ihr gerade versucht, Euren eigenen Nachwuchs anzuzünden. Ich will gar nicht wissen, wer von Euch alles schon mal über so ein armes Mädchen hergefallen ist. Ihr seid zum Kotzen! Ihr alle, wie Ihr da rumsteht!“

David hört nicht mehr weiter zu, sondern er nimmt Carol auf und bringt sie weg. Über seine Schulter ruft er zurück: „Ich denke, Sie brauchen meine Frau nicht mehr. Wir reisen morgen früh ab. Ich will kein weiteres Risiko eingehen, sonst schadet das womöglich noch ihrer Schwangerschaft, wenn es nicht sowieso schon passiert ist.“

Der Sheriff reißt die Augen auf, dann fragt er eine junge Frau, die, ein Baby im Arm, neben ihm steht und auf die rauchenden Trümmer starrt: „Habe ich das richtig gehört? Die kleine Lady ist schwanger? Die hat doch schon ein Kind.“

Tonlos antwortet Weiße Feder, sie ist die junge Frau: „Sie hat sogar schon drei Kinder und es ist das vierte, das sie in sich trägt.“

Jason stößt einen leisen Pfiff aus. „Du meine Güte, wie ich sie das erste Mal gesehen habe, war sie selbst noch ein Kind und jetzt ist sie schon mehrfache Mutter.“

Gleichgültig zuckt die Indianerin mit den Achseln und wendet sich ab. Der Sheriff starrt hinter ihr her und ihn durchzuckt ein Gedanke. „Miss“, ruft er leise, „Miss, besteht die Gefahr, dass Sie auch von dem heutigen Ereignis betroffen sind und mit einer Mutterschaft zu rechnen ist?“

Traurig blicken zwei große, schwarze Augen zu ihm auf. „Ich denke schon, Sir. Der Mann hat mich mehrfach ...“, sie presst sich die freie Hand vor den Mund, wendet sich ab und rennt davon.

„Verdammt!“, flucht der Mann des Gesetzes und schaut zornig die vor ihm stehende männliche Bevölkerung von Bravony an. „Verdammt noch mal, warum zum Teufel habt Ihr das gemacht? Erst der feige Überfall durch die Hickory-Bande und jetzt macht sich die ganze Stadt schuldig. Seid Ihr denn alle durchgedreht?“

Er brüllt nach hinten: „Jack!“

Der Gerufene erscheint und bekommt den Befehl, mit den Hilfssheriffs und den Bewohnern von Bravony in die Stadt zurückzukehren. „Und nehmen Sie bloß Hickory und seine Spießgesellen mit, bevor ich mich vergesse und mich an ihnen vergreife. Die wandern ins Gefängnis, ist das klar?

Ich komme gleich nach, ich muss hier erst noch eine kleine Sache klären. Immerhin habt ihr eine angesehene junge Bürgerin von Wyoming des Mordes bezichtigt. Hoffentlich kriege ich das aus der Welt geschafft, sonst wird ganz Bravony demnächst mit einer Mauer umgeben und zum größten Knast in ganz Texas!“

Seufzend bleibt der Mann zurück, während sich die anderen Weißen zurückziehen und auch die Bewohner des Reservats sich zerstreuen, denn es gibt nach diesem Überfall eine ganze Menge für sie zu tun.

Jason steht plötzlich ganz alleine vor den nur noch leise rauchenden Trümmern des Kinderhauses. Ihm gehen die Augen des vergewaltigten kleinen Mädchens nicht aus dem Sinn und gleichzeitig drängen sich ihm die Bilder von den Ruß verschmierten Gesichtern der hustenden, gerade noch der Flammenhölle entkommenen Kinder ins Gehirn.

Er schüttelt den Kopf, als wolle er diese Gedanken vertreiben und nimmt sich fest vor, dass er umgehend etwas unternehmen muss, damit endlich Maßnahmen zum Schutz dieser Minderheit getroffen werden und das möglichst bald. Ein solcher Vorfall darf sich einfach nicht wieder ereignen.

Schwerfällig, scheinbar um Jahre gealtert, stapft er los.

Wo mögen die rothaarige Frau und ihr indianischer Mann abgeblieben sein?

Zögernd lenkt er seine Schritte zum Langhaus und bleibt davor stehen. In diesem Augenblick kommt ein alter, bunt geschmückter Mann heraus. „Nun, Sheriff, haben Sie den Anschluss verpasst? Ihre Freunde sind schon alle weg!“

Jason schüttelt den Kopf. „Nein danke, von denen möchte ich keinen einzigen zum Freund. Ich suche die junge, rothaarige Lady.“

„Tautropfen haben wir sie ihrer Schönheit und ihrer Frische wegen genannt. Sie ist zart und belebend, wie Morgentau. Es geht ihr nicht besonders gut. Sie hat sehr viel Rauch geschluckt und sich böse den Arm verbrannt. Weiße Männer bringen immer wieder Unfrieden und mit ihm Kummer und Leid für unser Volk.“

„Darf ich die kleine Lady trotzdem sehen?“

„Bitte sehr, aber ich fürchte, sie ist weit weg, im Land der Träume.“

Der Sheriff folgt dem Medizinmann und steht wenig später vor der jungen Weißen, die mit geschlossenen Augen und wirren Haaren auf einer Decke am Boden liegt.

Neben ihr hockt der Cowboy mit einem ungefähr eineinhalbjährigen Kind, das leise flüstert: „Jetzt hat Mami Aua und Carl und Poana haben Hunger.“

Der Mann flüstert zurück: „Die Babys bekommen gleich etwas zu essen und Du sicherlich auch, mein Schatz, aber zuerst muss die Mami dich sehen, damit sie weiß, dass es Dir gut geht, mein Großer!“

In diesem Augenblick schlägt Carol die Augen auf und sie hat nur Aufmerksamkeit für ihren Sohn. Sofort greift sie nach ihm und seufzt: „Ach, mein kleiner Liebling, ich bin so froh, dass Dir nichts geschehen ist. Ich habe Dich doch so doll lieb.“

„Jimmy Mami auch lieb hat“, jauchzt der kleine Mann und klatscht in die Händchen, eine Reaktion, die über Carols Gesicht ein müdes Lächeln gleiten lässt.

„Was ist mit meinem Arm? Er tut irrsinnig weh.“

Bevor David seiner Frau antwortet, schickt er Klein James zu Weißer Feder ins Frauenhaus, dann schaut er sein Girl an.

„Du hast heute besser gebrannt, als beim ersten Mal!“, knurrt er leise und der Sheriff staunt über dieses Rätsel. Er versteht überhaupt nichts mehr, hält sich aber weiter bescheiden im Hintergrund.

„Na, wenigstens ist es der gleiche Arm!“ Carols Galgenhumor gewinnt langsam wieder die Oberhand. „Eine Narbe mehr oder weniger macht da auch nichts mehr aus.“

„Es sieht aber dennoch nicht sehr gut aus, Tautropfen“, sagt der Medizinmann und entfernt ein Tuch und eine dicke Schicht Blätter von der Verletzung.

Interessiert beobachtet der Ordnungshüter die flinken Bewegungen des alten Mannes und prallt dann entsetzt zurück. „Oh nein, da ist ja der Knochen zu sehen!“

Carol hebt den Kopf und blinzelt auf die Verbrennung. „Tatsächlich? Hübsch hässlich, aber die alten Narben sind fast alle weg, das ist doch auch was!“

Der Medizinmann verfällt in einen leisen, monotonen Singsang und beginnt behutsam die Wunde wieder mit Pülverchen, Salben und Blättern abzudecken.

David bemerkt, dass der Sheriff größte Mühe hat, die Beherrschung zu behalten, sogar im fahlen Licht des Langhauses ist zu erkennen, dass er käsig geworden ist, und er bedeutet ihm, ihm aus dem Gebäude zu folgen.

Endlich wieder an der frischen Luft atmet der Sheriff erleichtert auf.

„Wollten Sie noch etwas von uns, Sir?“ David schaut dem Mann ruhig und mit seiner ihm eigenen, inneren Gelassenheit in die Augen, als wäre er vollkommen unbeteiligt von allem, was sich vor kurzem zugetragen hat.

„Nein, nein!“, Jason schnappt noch immer begierig nach Luft. „Ich wollte nur schnell noch mal sehen, wie es Ihrer Frau geht, Sir!“

„Es ging ihr schon besser, aber auch wesentlich schlechter. Sie wird es überleben.“

Der Sheriff starrt auf seine Stiefelspitzen, dann hebt er seinen Blick. „Ihre Frau ist ein energisches Persönchen, Sir. Sie hat mich damals bei ihrem Abenteuer in Amarillo schon mächtig beeindruckt. Furchtlos und bis zur Selbstaufgabe tapfer. Das findet man selbst bei Männern gar nicht so oft. Ich hoffe, dass es ihr bald besser geht.“

David erwidert nichts. Er hat die Daumen in die Gürtelschlaufen gesteckt und wartet ab, was Jason noch zu sagen hat.

Dieser dreht unruhig seinen Stetson in den Händen, setzt ihn dann auf und schiebt ihn weit in den Nacken. „Es ist gut möglich, dass wir Sie in dem Prozess noch als Zeugen brauchen werden, Sir. Dürfte ich Sie um Ihre Adresse bitten?“

David schmunzelt. „Wenn Sie was zum Schreiben haben.“

„Habe ich, Sir, habe ich!“, beeilt sich der Ordnungshüter zu versichern und zieht ein verknittertes Büchlein hervor.

David runzelt die Stirn, als der Mann den Bleistiftstummel beleckt und ihn erwartungsvoll ansieht. „Mr. und Mrs. David Widefield, Willow-Tree-Ranch, Ebony Town, Wyoming”, diktiert er leise und fügt noch hinzu: „Sie können uns aber auch jederzeit über Richter Kenneth Harrods im Gerichtsgebäude der Stadt erreichen.”

„Danke, Sir, das ist überaus freundlich von Ihnen. Ich hoffe allerdings, ich muss Sie nicht mehr wegen dieser leidigen Angelegenheit belästigen, aber sicher ist sicher.“

Er steckt sein Büchlein und den Stift wieder ein, dann verabschiedet er sich eilig und sichtlich erleichtert, dass er das Reservat endlich verlassen kann.

Nach einigen Schritten dreht er sich allerdings noch einmal um. „Ich werde Sie auch beim Gouverneur als Zeugen für diesen Vorfall benennen. Es muss dringend etwas zum Schutz der Menschen in Reservaten, hier wie sicherlich auch anderswo, getan werden!“

„Tu was Du nicht lassen kannst“, brummt David leise für sich, doch laut und ein wenig ironisch ruft er: „Wäre sicher nicht schlecht, sonst geht der Stamm womöglich mal wieder auf Kriegspfad!“ Er gibt einem solchen Vorhaben nur wenig Aussicht auf Erfolg und wendet sich kopfschüttelnd ab.

Seit seiner frühesten Kindheit ist er es gewöhnt, dass die Ureinwohner Amerikas für die meisten Weißen der letzte Abschaum der Menschheit sind und selbst den meisten Mischlingen gelingt es nicht, sich aus dieser Isolation zu befreien.

David schaut hinter Sheriff Jason her, der in wildem Galopp aus dem Dorf reitet. Er weiß, dass er es nur seiner Zähigkeit, seinem festen Willen und seiner großen Ähnlichkeit mit seinem weißen Vater zu verdanken hat, dass er sich in der Welt der Weißen etablieren konnte, doch ohne das gewisse Quäntchen Glück hätte auch er es nicht schaffen können.

Nur ein Tropfen Leben

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