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Gerrit`s Überraschung

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Nachdem sie wieder unten am Fuße des Hügels angelangt sind und das Herrenhaus umrundet haben, seufzt Carol mit einem schiefen Grinsen: „Ich habe es mir gedacht, Familie Lästig-Langweilig ist noch immer da. Wenn wir komische Geräusche hören, ist das nur das Schnarchen der Willow-Tree Bewohner, die ob dieser Gäste in einen echten Tiefschlaf gefallen sind.“

Sie zeigt dem Gast eingehend die Ställe, erklärt Cowboyunterkunft und Vormann-Haus und tritt dann an den Corral.

Sofort kommt Silky, der wundervolle schwarze Hengst zu seiner geliebten Herrin und sie erzählt, um Zeit zu gewinnen, die Geschichte von einem jungen Mustang und seiner kindlichen Reiterin.

Die Idylle währt nicht lange, da fliegt die Tür des Herrenhauses mit Schwung auf und eine aufgeregte Kathy Miller stürzt mit geröteten Wangen heraus.

„Du meine Güte, Carol, wo warst Du denn nur so lange?“, ruft sie schon von weitem. „Gerrit und ich müssen Euch was erzählen!“

Ein wenig missmutig macht die rothaarige junge Frau Mr. Mansfall mit Kathy bekannt und folgt dem plumpen, plötzlich ein wenig nervös wirkenden Mädchen nur widerstrebend ins Haus.

Erwartungsvolle Blicke werden ihnen entgegen geschickt und bei Davids Anblick regt sich zum ersten Mal das Gewissen des rothaarigen Teufelchens.

Hoffentlich merkt es ihr niemand an, dass sie erst vor kurzer Zeit geliebt worden ist. Von einem Fremden geliebt worden ist. Und hoffentlich hält der Kerl dicht, nicht dass er eines Tages mit seiner vermeintlichen ‚Eroberung’ prahlen muss.

Doch offensichtlich sind ihre Sorgen unbegründet und sie scheint wie immer zu wirken, denn ihr Mann tritt ihr lächelnd entgegen, stellt Mr. Mansfall vor und nimmt seine kleine Frau in den Arm.

„Schön, dass Ihr noch kommt, meine Liebe. Gerrit und Kathy wollen uns einladen.“

Carol zieht die Augenbrauen hoch und denkt entsetzt: ‚Oh nein, nur das nicht!’, dann überzieht jedoch plötzlich ein verschmitztes Grinsen ihr Gesicht.

„Der Brautstrauß?“, lacht sie dann und als sie in Kathys verdutztes Gesicht mit den verständnislosen Kuhaugen blickt, wiederholt sie „Nun sagt schon, ist es eine Auswirkung des Brautstraußes?“

Gerrit schaltet schneller, als das junge Mädchen an seiner Seite und er nickt strahlend. „Du hast es erfasst, Carol. Du bist wie immer scharfsinnig, wie kaum jemand anderer. Kathy und ich werden am fünften August heiraten und wir sind gekommen, um Euch alle ganz herzlich einzuladen.“

„Das freut mich für Euch, ich gratuliere!“

Nacheinander umarmt Carol erst Kathy, dann Gerrit und auch bei den sonstigen Anwesenden breitet sich ein großes Hallo aus, so dass Mansfall, der neben dem jungen Richter Harrods steht, murmelt: „Hier ist die große Familie nicht nur auf die Willow-Tree-Ranch beschränkt, die ganze Gegend ist familiär-freundschaftlich verbunden.“

Kenneth nicht und murmelt ernsthaft: „Da haben Sie nicht ganz unrecht. Man kann sich hier wirklich sehr wohl fühlen, wenn man sich anzupassen versucht. Ich bin außerordentlich dankbar, dass ich hier leben und arbeiten darf.“

Nachdem sich die Unruhe wieder ein wenig gelegt hat, baut sich David, sein kleines Mädchen fest an sich gezogen, vor den Millers und Fisher auf und brummt: „Da Ihr uns so nett überrascht habt, haben Carol und ich auch noch eine kleine Neuigkeit für Euch bereit. Ihr seid nach den Willow-Tree-Leuten die ersten, die es erfahren.“

„Echt? Was ist es?“ Kathys runde, braune Kuhaugen ruhen auf Carol, der sich fast der Magen umdreht. ‚Warum kann ich diese langweilige Tussi bloß so wenig ausstehen?’ fragt sie sich, antwortet jedoch laut, die Freundlichkeit in Person, auf Kathys Frage: „Ich bekomme wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres wieder ein Baby.“

Gerrits Gesicht verliert eine Spur Farbe, dann fängt er sich und brummt heiser: „Na, da kann man Euch ja erst recht gratulieren. Woher nehmt Ihr bei all der Arbeit mit der riesigen Ranch eigentlich auch noch die Zeit, Kinder zu machen?“

Carol will erst eine flapsige Antwort geben, doch da merkt sie, dass die Mitteilung hinsichtlich ihrer Schwangerschaft bei dem jungen Bankangestellten noch immer Herzschmerz ausgelöst hat und so antwortet sie ungewohnt sanft: „Man darf die Nächte halt nicht nur zum Schlafen nutzen, aber wenn Ihr erst mal verheiratet seid, merkt Ihr das schon von selber.“

In Gerrits Herz wohnt noch immer die Sehnsucht nach dem für ihn unerreichbaren Mädchen und das Wort Schlafen gibt ihm einen tiefen schmerzhaften Stich.

‚Ich liebe sie noch immer!’, denkt er traurig und schaut Kathy an. ‚Arme Kathy, Du bist für mich nur zweite Wahl, aber immerhin besser, als gar keine Frau. ‘

Die Millers verabschieden sich schon sehr bald, denn sie wollen noch weiter zur Johnson-Ranch, um dort ebenfalls ihre Einladung auszusprechen.

Nachdem sie abgefahren sind, wird das bevorstehende Ereignis lebhaft diskutiert, danach löst sich ganz langsam auch der Rest der kleinen Festtagsrunde auf, denn die Arbeit muss auch an Feiertagen erledigt werden. Die Hühner, die Kaninchen und all die anderen Tiere auf der Ranch interessiert es herzlich wenig, ob ihre Menschen etwas zu feiern haben. Sie wollen ihr Futter und frisches Wasser, wie an jedem anderen Tag auch.

Der junge Richter Harrods meint nach einem Blick auf seine Uhr erschrocken: „Ach Du liebes Lottchen, ich muss auch sehen, dass ich nach Ebony Town zurückkomme. Ich muss für morgen früh noch eine Verhandlung vorbereiten. Wie schaut es mit Dir aus, Onkel? Kommst Du direkt mit oder soll ich Dich und Mr. Mansfall später holen lassen? Vom Sheriff bin ich mir sicher, dass er sofort mitkommt, denn er hat schon mehrfach verstohlen auf die Uhr geschaut.“

Fawkes nickt und der alte Richter schmunzelt: „Ich denke, wir kommen auch sofort mit Dir mit, mein Junge. Ich muss morgen früh den Zug nach Cheyenne kriegen, denn zufällig habe ich da auch noch so was, wie ’nen Job.“

Gemütlich verabschieden sich die Herren Richter, der Sheriff und ihr Überraschungsgast von ihren freundlichen Gastgebern und Carol flüstert Mansfall im Hinausgehen noch leise zu: „Im übrigen, der von meinem Mann ist viel größer und stärker als Ihrer!“, dann sagt sie laut: „Es war nett, dass Sie uns besucht haben, Mr. Mansfall. Jetzt träume ich bestimmt nicht mehr von Klapperschlangen und Grabsteinen mit Ihrem Namen drauf, denn ich gebe es ja ehrlich zu, Ihr Unfall ist mir damals sehr nahe gegangen, besonders wohl, weil ich doch vorher so grässlich zu Ihnen gewesen bin.“

„Das waren Sie wirklich, aber ich muss mich auch unerträglich benommen haben. Ihre harschen Worte waren für mich die beste Medizin und eine bessere Schule, als die Hochschulen, die ich alle besuchen musste. Erst dadurch, dass Sie mir so gründlich den Kopf gewaschen und mir mein Fehlverhalten so grob vor Augen geführt haben, habe ich gemerkt, wie krankhaft arrogant und eingebildet ich auf etwas war, worauf man nicht eingebildet sein braucht. Was habe ich denn schon dazu beigetragen, dass ich so reich bin? Gar nichts! Das ist alleine der Verdienst meiner Vorfahren. Ich habe nur dafür gesorgt, dass von dem ganzen Reichtum ein kleines bisschen was unter die Geschäftsleute gekommen ist.

Erst Sie haben mir beigebracht, was wirklich wichtig ist im Leben und dafür bin ich Ihnen heute ausgesprochen dankbar. Ohne Sie würde ich noch immer durch die Weltgeschichte reisen und alle Leute mit meiner Angeberei nerven.“

Carol lächelt errötend und er fügt, an David gewandt, hinzu: „Ihre Frau ist das bezauberndste Wesen der Welt, Sir. Ich möchte mich für Ihre Gastfreundschaft bedanken und wenn ich darf, würde ich gerne der Pate bei Ihrem nächsten Kind werden.“

David runzelt die Stirn, dann brummt er: „Gerne, wenn Sie versprechen, dem Kind nur hübsche Reiseerlebnisse zu berichten und nie vor ihm anzugeben.“

Mansfall wird puterrot und beeilt sich zu versichern: „Nein, Sir, von dieser Krankheit bin ich gründlichst geheilt. Dafür haben ein Ausflug und das Kennenlernen von hilfsbereiten Menschen gesorgt. Ich werde sicherlich immer meine Fehler haben und bestimmt nicht zu knapp, denn leider bin ich so verdreht erzogen worden, aber ich versuche seit meiner Verletzung zumindest meine Zunge im Zaum zu halten und nicht mehr so fürchterlich anzugeben und damit meine Umwelt zu brüskieren oder gar zu verletzen. – Und wenn ich mich dann doch einmal vergesse, erinnert mich jeder Schritt mit meinem steifen Bein wieder an die Szene vor einem Jahr und daran, dass ich mir Besserung gelobt habe für den Fall, dass ich die Vergiftung irgendwie überleben sollte.“

Carol schaut lächelnd zu David hoch, der seinen Arm um ihre schmalen Schultern legt und leise brummt: „Wozu der Biss einer Klapperschlange nicht alles gut sein kann.“

Mansfall, der die Worte verstanden hat, nickt und besteigt den Wagen. Dann schaut er etwas wehmütig auf das sehr verliebt aussehende Ehepaar und ruft: „Also dann bis spätestens zur nächsten Taufe. Auf Wiedersehen und vielen Dank für alles!“

Holpernd setzt sich das Gefährt in Bewegung und auf beiden Seiten wird gewunken, bis das Ranchgebäude und die davor stehenden Menschen für die Abfahrenden in der Ferne langsam verschwinden und nur noch Carols rote Haare, im Licht der untergehenden Sonne leuchtend, zu erkennen sind.

„Sie hat es aber mächtig erwischt, mein Freund“, schmunzelt der alte Harrods mit einem Seitenblick auf den jungen Mann neben sich. „Aber trösten Sie sich, das geht bei Carol fast jedem Mann so. Sie ist so verführerisch jung und mit ihrer Erfahrung so unglaublich anziehend und wirkt trotz allem so schutzbedürftig, dass man sie am liebsten sofort in den Arm nehmen möchte. Aber ich rate Ihnen in aller Freundschaft dringendst davon ab. Der Indian lässt sich nichts wegnehmen, am allerwenigsten seine Frau. Auf dieses Zauberwesen hat er vierzig lange Jahre warten müssen und sollte einer versuchen, der Kleinen irgendwie zu nahe zu treten, dann begibt sich der Mann garantiert auf den Kriegspfad.“

Der junge Mansfall nickt. „Das glaube ich Ihnen gerne, Richter. Mrs. Widefield ist ein ganz besonderer Mensch und leider würde sie einen Mann wie mich niemals akzeptieren. Sie braucht einen Mann aus dem Leben, einen der zupacken kann und mit beiden Beinen auf der Erde steht, eben einen wie Mr. Widefield. Mit einem langweiligen Schöngeist, der nur von Höhenflügen und Reiseabenteuern lebt, die er sich nur durch Papas Geldbeutel erlauben kann, kann dieses Kind nichts anfangen.“

„Damit könnten Sie durchaus richtig liegen. Oder – hat Sie es Ihnen etwa so drastisch gesagt? Das würde ihr nämlich ähnlich sehen.“

„Nein, nein. Gesagt hat sie nichts, aber ich habe es an ihrem ganzen Verhalten mir gegenüber gemerkt.“

„Ja, sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie Ihren Mann liebt und sonst niemanden.“

Mansfall nickt zustimmend. „Sie liebt ihren Mann wirklich, aber ich kann es sogar verstehen, denn Mr. Widefield ist auch ein besonderer Mann. Er wirkt manchmal so undurchschaubar und hart, dann wieder sanft und zärtlich. Irgendwie passt er gar nicht so recht in die Rolle eines Cowboys. Er kommt mir immer so gepflegt vor, als wäre er eher ein Hochschulprofessor oder Politiker.“

Harrods lacht dröhnend. „Sie haben wenig Ahnung vom Geschäft, mein Lieber. Sie müssten den Mann mal sehen, wenn er von einem mehrwöchigen Viehtrieb zurückkehrt, dann muss ich an mich halten, um ihn nicht als Strauchdieb zu verurteilen. Aber glücklicherweise hat auch bei uns Hinterwäldlern in Wyoming bereits die Erfindung der Seife ihren Einzug gehalten und wir haben begriffen, dass man sich mit Wasser auch waschen kann.“

Der Fremde lächelt nun auch, dann sagt er: „Das habe ich nie bezweifelt, Sir, aber ich wollte eher ausdrücken, dass Mr. Widefields ganze Haltung etwas an sich hat, die keinen Widerspruch duldet und irgendwie sehr herrschaftlich wirkt.“

Jetzt dreht sich Kenneth Harrods, der vorne neben Fawkes auf dem Kutschbock sitzt, um. „Genau das denke ich von diesem Mann auch immer und sie können mir glauben, er ist hoch intelligent und wenn er irgendwo an der Ostküste aufgewachsen wäre und andere Bedingungen vorgefunden hätte, er wäre mit Sicherheit ein großes Tier geworden und wenn er und vor allem Carol so weitermachen, wird Widefield eines Tages mal Senator oder Gouverneur.“

Nur ein Tropfen Leben

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