Читать книгу Nur ein Tropfen Leben - Christina M. Kerpen - Страница 3
Vorwort
ОглавлениеCarol Widefield, gerade 18 Jahre alt, hat soeben ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Nein, eigentlich ist es ja schon das zweite Kind, doch das erste Baby, ein kleiner Junge, war nicht lebensfähig und so blieb ihr die vermeintliche Schande erspart, als ledige Mutter im ausklingenden 19. Jahrhundert zu leben.
Vor einigen Monaten hat sie ihre große Liebe, den um viele Jahre älteren Vormann der größten Ranch im weiten Umkreis, geheiratet und mit der Geburt des Kindes ist für das mit 14 Jahren zur Vollwaise gewordene Mädchen, der sehnliche Wunsch nach einer eigenen, kleinen Familie endlich in Erfüllung gegangen.
Das Schicksal hat es nicht immer besonders gut mit ihr gemeint. Schon als Kleinkind wurde sie bei einer Zirkusveranstaltung durch einen Tiger, der ihr das rechte Bein mit einem Prankenhieb regelrecht zerfetzt hat, schwer verletzt.
Einige Jahre später wäre sie beim Spiel mit Nachbarskindern fast dem Flammentod zum Opfer gefallen und nur dem beherzten Eingreifen ihres Vaters war es zu verdanken, dass lediglich ihr rechter Arm sehr stark verbrannt ist und sie Zeit ihres Lebens die hässlichen Narben unter langen Ärmeln verstecken musste.
Später sind noch etliche Verletzungen hinzugekommen, die allerdings nicht so spektakulär sichtbare Folgen zeigten.
Obwohl sie ein liebevolles Elternhaus hatte, lag der frühe Weggang ihres viel älteren Bruders, John Blake, nach einem Streit mit dem Vater immer wie ein böses, alles beschattendes Ungeheuer auf der kleinen Familie.
An diesen Bruder konnte sich das Mädchen kaum erinnern, da sie noch fast ein Baby war, als er die elterliche Farm verließ.
Die Eltern sind mit dem Verlust niemals richtig fertig geworden und besonders die Mutter hat Zeit ihres Lebens um den Jungen getrauert, als wäre er nicht mehr am Leben.
Als schließlich der Vater bei einem Unglück ums Leben kam, verlor die Frau vollends den Lebensmut und starb wenige Wochen nach ihrem Mann.
Die allein zurückgebliebene, halbwüchsige Tochter ging auf die Straße und zog obdachlos durch die Staaten, denn der Gedanke in irgendeinem Waisenhaus eingesperrt zu werden, erschien ihr unerträglich.
Nun geht jedoch das Leben manchmal sehr merkwürdige Wege und so wollte es das Schicksal, dass Carol eines Tages an den Schauplatz eines Verbrechens geriet, bei dem ein junger Mann schwer verletzt wurde.
Dank ihrer Hilfe überlebte er die Tat und es war nur äußerst glücklichen Umständen zu verdanken, dass sie in der Gegend blieb und irgendwann durch eine besondere Fügung des Schicksals überhaupt erkannte, dass dieser junge Mann der so lange von ihr gesuchte Bruder war.
John, ein ehrgeiziger, fleißiger und intelligenter Mann, aufgrund seiner Tierliebe mit viel Tierverstand für die Arbeit eines Cowboy wie geschaffen, arbeitete damals auf einer großen Ranch in Wyoming.
Durch die gekonnte, selbstlose Hilfeleistung war das junge, durch einen feuerroten Haarschopf sehr auffällige Mädchen in der kleinen Ortschaft unweit der Ranch in aller Munde und bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund, obwohl sie nur mit zwei Personen zusammengetroffen war.
Als das Mädchen wenig später rein zufällig auf Willow-Tree-Ranch Gelände vom Vorarbeiter der Ranch erkannt und mitgenommen worden war, kam es zu dem schicksalhaften Zusammentreffen der Geschwister. Sie bekam eine Anstellung und durfte auf der Ranch bleiben, wo sie sich schnell eingelebt und nach kurzer Schwärmerei unsterblich in den Vormann der Ranch, das Halbblut David Widefield, den besten Freund ihres Bruders, verliebt hat.
Alle Bewohner der Ranch hielten dies zunächst für das pubertäre Verliebt sein eines Teenagers, der einen Vaterersatz suchte und alle lächelten über das kleine Mädchen, welches dem Boss, wenn möglich auf Schritt und Tritt wie ein kleines, ergebenes Hündchen folgte.
Mit großer Zähigkeit schaffte sie es schließlich aber doch, dass dieser Mann sie erhörte und schließlich zu seiner Frau machte.
Etwas zu früh nach der Hochzeit hat gerade eben ein dünner Schrei die Stille des Geburtszimmers durchbrochen. Die junge Frau hat einen kleinen, kerngesunden Jungen zur Welt gebracht und liegt nun völlig erschöpft von den Strapazen der Wehen und der Geburt in ihrem Bett, weiß kaum, wie ihr geschehen ist und fürchtet sich plötzlich vor der Verantwortung für das kleine Wesen.
Sie fragt sich allen Ernstes, ob sie nicht viel zu jung und unfähig ist, dem Würmchen gerecht zu werden. Leise murmelt sie: „Ich weiß überhaupt nicht, ob ich mich freuen kann.“
Im Augenblick zumindest fällt ihr das noch sehr schwer und sie ist eigentlich auch kaum dazu gewillt, ein freudiges Gefühl an sich heran zu lassen. Zu groß waren die Schmerzen, zu unwohl fühlt sie sich im Moment, doch das Abenteuer Leben wartet schon wieder auf sie. Es lauert hinter der nächsten Ecke und hat wie selbstverständlich jede Menge Überraschungen für sie auf Lager.