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2.Anonyme Anzeigen

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Ebenfalls durchaus nicht exotisch, sondern sogar relativ häufig sind ferner anonyme Anzeigen.

In der Praxis besteht gelegentlich die Vorstellung, solche seien generell irrelevant. Dies allerdings stimmt nicht. Für anonyme Anzeigen gilt grundsätzlich nichts anderes als für sonstige Anzeigen auch: Es ist zu prüfen, ob sich aus ihnen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten ergeben. Dies ist bei anonymen Anzeigen durchaus möglich, wenn auch nur mit erhöhten Anforderungen! Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte können sich aus einer solchen Anzeige dann, aber auch nur dann ergeben, „wenn sie von beträchtlicher sachlicher Qualität ist oder mit ihr zusammen schlüssiges Tatsachenmaterial vorgelegt wird.“15

Da freilich Nachfragen an die Person des Anzeigenden nicht möglich sind und Feststellungen zu seiner Glaubwürdigkeit nicht getroffen werden können, ist hier die Gefahr einer Falschbezichtigung besonders hoch. Enthält die Anzeige nicht schon selbst so viele glaubhafte und konkrete Details, dass dies alleine ausreicht, muss für einen Anfangsverdacht daher hinzukommen, dass es andere Hinweise auf die Richtigkeit des Anzeigenvorwurfs gibt.

Diese anderen Hinweise kann der anonyme Anzeigende, wie obiger Formel zu entnehmen, durchaus selber mitliefern. Ein klassisches Beispiel hierfür wäre die anonyme Übersendung vertraulicher Dokumente, aus denen sich Korruptions- oder Wirtschaftsstraftaten ergeben. Die anderen Hinweise können sich aber auch aus amtsbekannten Umständen ergeben, etwa, wenn bekannt ist, dass ein wegen Drogenhandels anonym Angezeigter zur offenen Drogenszene der Stadt gehört. Und schließlich können sich diese anderen Hinweise aus Vorermittlungen ergeben. Dies ist der Fall, wenn die Anzeige selber Tatsachen enthielt, die für einen Anfangsverdacht zwar nicht reichten, aber Anlass zu Vorermittlungen boten, in deren Rahmen hinreichende Tatsachen gefunden werden konnten. Ein Beispiel hierfür wäre etwa eine anonyme Anzeige gegen einen Unternehmer wegen „Schwarzarbeit“ (§ 266a StGB), die sich durch die von der Straße aus feststellbare hohe Zahl an Bauarbeitern und die im Rahmen von Amtshilfe erfragte Auskunft, es seien nur wenige Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet, erhärten ließ.

Ist die anonyme Anzeige hinreichend substantiiert und durch andere Hinweise erhärtet, kann sie dann nicht nur einen Anfangsverdacht begründen. Sie kann dies mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, also auch der Zulässigkeit strafprozessualer Zwangsmaßnahmen.

Fehlen allerdings diese genannten Charakteristika, so ist nach Eingang der anonymen Anzeige von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen – und zwar durch die Staatsanwaltschaft.

Da die Bewertung der Werthaltigkeit anonymer Anzeigen besonders sensibel ist, sollte die Polizei nach Eingang einer solchen sogleich die Staatsanwaltschaft in Kenntnis setzen. Die Staatsanwaltschaft hat dann zu entscheiden, ob Vorermittlungen geführt werden sollen, ein Anfangsverdacht bereits jetzt besteht oder keines von beidem mit der Folge, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren durch das benannte Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beendet.

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