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A.Vorbemerkungen

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1§ 97 GWB benennt die Grundsätze der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen:

– Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB);

– Transparenzgrundsatz (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB);

– Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 Satz 2 GWB);

– Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 Satz 2 GWB);

– Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB);

– Berücksichtigung von Aspekten der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte (§ 97 Abs. 3 GWB);

– Grundsatz der Förderung mittelständischer Interessen durch Losaufteilung (§ 97 Abs. 4 GWB);

– Grundsatz der elektronischen Vergabe (§ 97 Abs. 5 GWB).

§ 97 Abs. 6 GWB gibt Unternehmen einen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren.

I.Das Vergabeverfahren

2Die Grundsätze der Vergabe entfalten ihre Geltung „im Verfahren“. Insofern muss der persönliche, sachliche und zeitliche Anwendungsbereich des Vergaberechts eröffnet sein.

1.Voraussetzungen

3Die Grundsätze der Vergabe gelten für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen gem. §§ 103 und 104 GWB durch öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber und Konzessionen gem. § 105 GWB durch Konzessionsgeber. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Grundsätze der Vergabe ist daher, dass ein öffentlicher Auftrag oder eine Konzession vorliegt, die unter den vierten Teil des GWB fällt.

4Voraussetzung dafür wiederum ist u. a. das Erreichen der Schwellenwerte gem. § 106 GWB. § 97 GWB gilt daher nicht unmittelbar für Vergabeverfahren unterhalb dieser Schwellenwerte. Allerdings sind die in § 97 GWB für den Oberschwellenbereich statuierten Grundsätze der Vergabe bei Unterschwellenvergaben weitgehend entsprechend anwendbar. Anders ist dies nur bezüglich des Grundsatzes der elektronischen Vergabe und dem im Unterschwellenbereich nicht existierenden Anspruch der Unternehmen auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Die sich aus Letzterem ergebende Lücke im Primärrechtsschutz wurde mittlerweile von den ordentlichen Gerichten geschlossen, die Unternehmen auch bei Unterschwellenvergaben einstweiligen Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Verfügung gewähren.1 Umstritten ist dabei allerdings der Prüfungsmaßstab. Während ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung überwiegend nur bei einem Willkürverstoß i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG bejaht wird2, halten andere Gerichte – darunter das OLG Düsseldorf – einen solchen Anspruch bei allen Verstößen gegen Vergaberegeln für gegeben, zu deren Einhaltung der Auftraggeber sich verpflichtet hat.3

5Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung auch bei Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte zu beachten, sofern Bieter aus anderen Mitgliedstaaten sich für den Auftrag oder die Konzession interessieren könnten. In diesen Fällen besteht auch ein Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz.4

2.Beginn des Verfahrens

6Liegen die unter 1. genannten Voraussetzungen vor, stellt sich die Frage, wann ein Verfahren i. S. d. § 97 GWB beginnt, da erst ab diesem Zeitpunkt die Grundsätze der Vergabe und der Rechtsschutz des Kartellvergaberechts eingreifen.

Nach richtiger Auffassung ist darauf abzustellen, ob ein Verfahren im materiellen Sinne eingeleitet wurde. Dies ist zunächst immer dann der Fall, wenn der Auftraggeber oder Konzessionsgeber ein förmliches Vergabeverfahren einleitet. Ein Verfahren im materiellen Sinne liegt aber auch dann vor, wenn der Auftraggeber oder Konzessionsgeber organisatorische Schritte zur Durchführung der Beschaffung einleitet.5 Dazu gehört insbesondere die Kontaktaufnahme mit einem oder mehreren Unternehmen mit dem Ziel, sich rechtsgeschäftlich zu einigen.6 Auch im Falle einer unterlassenen Ausschreibung ist auf die Einleitung eines Verfahrens im materiellen Sinne abzustellen.7 Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH, wonach jede Maßnahme eines vergaberechtlich relevanten Vorgangs, die Rechtswirkung entfalten kann, der Nachprüfung unterliegen muss.8

II.Normzweck und Rechtsnatur der Grundsätze der Vergabe

7Die Grundsätze der Vergabe nach § 97 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 GWB sind keine bloßen Programmsätze, sondern materielle und die Auftraggeber und Konzessionsgeber unmittelbar verpflichtende Grundsätze für das gesamte Verfahren.9 Die Grundsätze der Vergabe sind auch bei der Auslegung der sonstigen vergaberechtlichen Regelungen zu beachten.

8Bloße Programmsätze enthalten demgegenüber § 97 Abs. 3 GWB und § 97 Abs. 5 GWB:

9– § 97 Abs. 3 GWB enthält den Hinweis, dass Auftraggeber und Konzessionsgeber qualitative, soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte anwenden können. Durch den Zusatz „nach Maßgabe dieses Teils“ wird bezüglich der Zulässigkeit der Einbeziehung strategischer Ziele sodann auf den 4. Teil des GWB und damit mittelbar auch auf die dazu erlassenen untergesetzlichen Verordnungen verwiesen.

10– Vergleichbares gilt für den Grundsatz der E-Vergabe. Dieser wird in § 97 Abs. 5 GWB zwar grundsätzlich statuiert. Bezüglich der Konkretisierung wird sodann jedoch auf die untergesetzlichen Verordnungen verwiesen.

11§ 97 Abs. 6 GWB gibt Unternehmen einen subjektiven Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren durch den Auftraggeber oder Konzessionsgeber. Er enthält damit zugleich die Grundlage zur Durchsetzung dieses Anspruchs im Wege eines Nachprüfungsverfahrens gem. §§ 160 ff. GWB.

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