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B.Vorbemerkungen zu §§ 98 ff. GWB

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2Maßgebend für die Anwendbarkeit des Vergaberechts sind die beiden zentralen Begriffe des „Auftraggebers“ und des „öffentlichen Auftrags“. § 98 GWB definiert mit dem Begriff des Auftraggebers den persönlichen (subjektiven) Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts, während § 103 GWB mit dem ­Begriff des öffentlichen Auftrags den sachlichen (objektiven) Anwendungsbereich bestimmt.5 Die abschließenden Regelungen des § 98 GWB lehnen sich weitgehend an den Auftraggeberbegriff des Art. 2 Nr. 4 der VRL sowie an die Regelungen der Art. 6 und 7 der KVR an, sind mit diesen allerdings nicht vollständig identisch. Der Auftraggeberbegriff wird zusätzlich durch die Rechtsprechung des EuGH konkretisiert. Danach sind die Vorschriften der VRL und der KVR über die Auftraggeber von den nationalen Stellen und Nachprüfungsinstanzen im Lichte der unionsrechtlichen Vorgaben funktional und weit auszulegen.6 Der EuGH hat entschieden, dass die nationalen Nachprüfungsinstanzen und Gerichte bei der Anwendung nationalen Rechts den Begriff des Auftraggebers soweit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der europäischen Vorgaben auszulegen haben, damit die mit den Richtlinien verfolgten Ziele so wirksam wie möglich erreicht werden.7

3An den Begriff des öffentlichen Auftraggebers wird in mehreren Normen angeknüpft. § 1 Abs. 1 VgV regelt, dass öffentliche Auftraggeber die Vorschriften der VgV bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Oberschwellenbereich des § 106 GWB einzuhalten haben. Dies gilt nach § 1 Abs. 2 VgV jedoch nicht für Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber. Auch § 1 VergStatVO nimmt Bezug auf den Begriff des Auftraggebers i. S. v. § 98 GWB und regelt die Pflichten zur Übermittlung der in den §§ 3 und 4 VergStatVO aufgeführten Daten an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.8

4Der deutsche Gesetzgeber hat durch die enumerative Aufzählung in §§ 98 ff. GWB versucht, die unterschiedlichen Arten der in Deutschland relevanten Auftraggeber zu typisieren und somit zugleich eine Weiche für die Anwendung der unterschiedlichen Vergabe- und Vertragsordnungen bzw. der SektVO zu stellen (insbesondere zwischen § 99 Nr. 1 bis 3 und § 100 GWB). Dabei hat er die unionsrechtlichen Definitionen nicht durchweg wörtlich übernommen. In jedem Einzelfall ist eine sorgfältige Abgrenzung und Bestimmung erforderlich, unter welche Norm der jeweilige Auftraggeber fällt. Dabei ist zudem stets kritisch zu überprüfen, ob die Vorgaben der §§ 98 ff. GWB im Einzelfall die jeweiligen Anforderungen des unionsrechtlich vorgegebenen funktionalen Auftraggeberbegriffs einhalten.9

5In bestimmten Konstellationen kann die Zurechnung einer fremden Auftraggebereigenschaft in Betracht kommen. Dies ist beispielsweise bei einer vermeintlichen Inhouse-Vergabe denkbar, die nicht den gesetzlichen Kriterien entspricht, welche festlegen, wann eine Auftragsvergabe nicht vom Anwendungsbereich des Vergaberechts erfasst wird. Diesbezügliche Kontrollkriterien sind insbesondere, dass der Auftraggeber über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausüben muss und dass grundsätzlich keine private Kapitalbeteiligung an der kontrollierten Person bestehen darf.10

6Eine Vergabe kann dem eigentlichen öffentlichen Auftraggeber auch materiell-rechtlich zugerechnet werden, wenn sie in Form der mittelbaren Stellvertretung erfolgt. Eine mittelbare Stellvertretung liegt vor, wenn jemand ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung eines anderen vornimmt.11 Ein öffentlicher Auftraggeber kann sich ebenso rechtsgeschäftlich vertreten lassen. In diesem Fall führt eine (rechtsfähige) öffentliche Einrichtung oder ein Privater das Vergabeverfahren in fremdem Namen und für Rechnung des Auftraggebers durch.12

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