Читать книгу Praxisorientierte Personalwirtschaftslehre - Daniela Eisele-Wijnbergen - Страница 65
3.5.4 Zeitarbeitsunternehmen
ОглавлениеDie Arbeitnehmerüberlassung ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Neben dem juristischen Begriff der Arbeitnehmerüberlassung finden sich umgangssprachlich die Bezeichnungen Zeitarbeit, Personalleasing, Leiharbeit und Fremdarbeit. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit (2017, S. 8) gab es in Deutschland im Jahr 2017 über 50.000 Verleihbetriebe. Große Namen sind Adecco und Randstad. Ähnlich wie der Markt der Personalberatungen und -vermittlungen ist die Branche generell durch viele kleine Nischenanbieter gekennzeichnet. Auf der anderen Seite setzen in der Regel über die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland Zeitarbeiter ein, konjunkturabhängig seit einigen Jahren rund eine Million Menschen. Auf Unternehmensseite gibt es verschiedene Gründe für den Einsatz von Zeitarbeitnehmenden (vgl. Schäfer, 2017, S. 12):
• Priorität hat meist die Flexibilität, die mit dem Einsatz von Zeitarbeitnehmern einhergeht. Diese sind, wie nachstehende Abbildung 3.3 zeigt, (oft lediglich befristet) beim Zeitarbeitsunternehmen angestellt. Das Unternehmen erhält bei der Entleihung zwar die Weisungsbefugnis, aber geht kein Arbeitsverhältnis ein. Dies entbindet nicht von allen Pflichten. Einige wesentliche Regelungen wie der Kündigungsschutz werden jedoch nicht übertragen, so dass wesentlich freier disponiert werden kann hinsichtlich Auf- als auch Abbau der Kapazitäten. Dies hilft sowohl bei regelmäßigen Auslastungsschwankungen wie auch bei unvorhergesehenen Spitzen bzw. Tälern und in Einzelfällen.
• Mit Abstand danach kommt die oben bereits angesprochene Funktion der Personalgewinnung über diesen Weg.
• Kaum mehr zählt dagegen das früher häufiger anzutreffende Kostenargument. Nicht nur verdient das Zeitarbeitsunternehmen mit. Mittlerweile ist auch Equal Pay, d. h. die vom Grundsatz her äquivalente Bezahlung zu festangestellten Mitarbeitern, keine leere Worthülse mehr.
Wird keine Übernahme angestrebt, dann ist insbesondere auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis und die Höchstdauer der Überlassung zu achten. In beiden Fällen, also bei fehlender Erlaubnis bzw. bei Überschreiten der 18-Monatsfrist (ohne dass ein Tarifvertrag in der Einsatzbranche diese Möglichkeit vorsieht), wird das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam und es entsteht ein Arbeitsvertrag zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer. In diesen Fällen kann nur noch der Leiharbeitnehmer erklären, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält. Dieses Wahlrecht schützt die Berufsfreiheit des Leiharbeitnehmers, indem er selbst entscheiden kann, bei welchem Arbeitgeber er bleiben will. Aber schon vor der Beschränkung der Überlassungshöchstdauer auf 18 Monate im Jahr 2017 dauerten nur rund 15 % aller Einsätze länger als ein Jahr. Fast ein Drittel der Überlassungen dauern weniger als drei Monate und jeweils ca. ein Drittel bis maximal sechs Monate bzw. ein Jahr.
Zahlen zum sogenannten Klebeeffekt, dass also ein Zeitarbeitnehmer vom Entleihbetrieb in eine Festanstellung übernommen wird, gibt es kaum verlässliche. Es wird je nach Quelle wohl weniger als ein Viertel aller Fälle übernommen. Es darf dabei nicht vergessen werden, dass fast 75 % der Beschäftigten aus der Arbeitslosigkeit in die Zeitarbeit kommen, so Erhebungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (vgl. Hüther, 2012, S. 21 ff.).
Die Motivation der Zeitarbeiter scheint daher recht klar dahingehend, dass Zeitarbeit eine zweitrangige Alternative ist, wenn der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt (also eine Festanstellung direkt bei einem Unternehmen) nicht gelingt. Daneben gibt es vielfältige weitere Gründe wie die Möglichkeit, verschiedenste Unternehmen und auch Stellenprofile kennenzulernen, keine feste Bindung an eine Organisation einzugehen und dennoch eine gewisse Absicherung im Arbeitsverhältnis zu haben, das mit dem Überlassungsbetrieb eingegangen wird.
Die mangelnde Verfügbarkeit von Arbeitskräften ist besonders häufig beim Einsatz von Experten und Führungskräften eine Begründung. Bei hochqualifizierten Stellen wird von Interimsmanagement gesprochen. Vom Konstrukt ähnelt das Modell auf den ersten Blick dem der Zeitarbeit. In der Regel wird aber zwischen der Dienstleistungsagentur (Verleiher) und dem Interimsmanager (Zeitarbeiter) kein Arbeitsvertrag geschlossen, sondern ein Dienstvertrag (vgl. Dahl, 2017, S. 282). Diese Form, Aufgaben zu bewältigen, geht daher nahtlos in die Beschäftigung von Selbstständigen (Freelancern) oder die Vereinbarung von Dienst- und Werkverträgen mit Dienstleistern und Zulieferern über. Da kein Arbeitsverhältnis begründet wird (vgl. Arnold, 2012, S. 39), werden diese Formen der Zusammenarbeit im Weiteren nicht näher betrachtet.
Kritisch ist in allen Fällen, dass die Mitarbeiter nicht zur Kernbelegschaft zählen. Daraus muss nicht folgen, dass Aufgaben schlechter erfüllt werden, manchmal ist eher das Gegenteil der Fall. Dennoch ist die gegenseitige Loyalität meist geringer, was sich bspw. auf Entwicklungsinvestitionen und die Unternehmenskultur auswirkt.
Abb. 3.3: Das Dreieck der Zeitarbeit (angelehnt an Redmann, 2017, S. 100)