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3.3.3 Charismatische Gemeinde als Paradigma kommunikativer Gemeindepraxis

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Bäumlers Konzeption einer kommunikativen Gemeindepraxis weist erstaunliche Konvergenzen zur paulinischen Vorstellung der charismatischen Gemeinde auf. Die prinzipielle Gleichberechtigung aller Gemeindeglieder und ihre Beteiligung an der Kommunikation des Evangeliums entsprechen wichtigen Aspekten der Charismenlehre. Diese wird von Bäumler explizit in den theologischen Begründungszusammenhang der kommunikativen Gemeindepraxis eingebracht.

Die Suche nach «mögliche[n] Lösungsmustern […], die den Anforderungen theologischer Theoriebildung wie kirchlicher Praxis gerecht zu werden vermögen»[473] führt Bäumler zu einem «Rückblick in die Geschichte»[474]. Neben der Gleichnisrede des historischen Jesus, Martin Luthers Lehre vom allgemeinen Priestertum und Dietrich Bonhoeffers Ekklesiologie rezipiert er die paulinische Charismenlehre. Unter Berufung auf Ernst Käsemanns grundlegenden Aufsatz zu «Amt und Gemeinde im Neuen Testament»[475] sieht er ihre Intention nicht in der Erklärung des «vorfindliche[n] gemeindliche[n] Binnenleben[s]», sondern im Erweis der «Folgen der Herrschaft Christi für den Dienst der Gemeinde in der Welt»[476]. In der Metapher vom Leib Christi werde die Gemeinde als Herrschaftsbereich des Auferstandenen begriffen und zugleich die «Teilnahme jedes getauften Christen […] in der Konkretion seines besonderen Charisma» ausgesagt.[477] Es gehe Paulus nicht um die Seelengemeinschaft, sondern um den Christusleib als der Realität der Weltherrschaft Christi. Eine «unmittelbare Anwendung auf die Beziehung zwischen Gemeindegliedern» ist für Bäumler daher nicht möglich. Dennoch bestreitet Bäumler der Charismenlehre nicht prinzipiell jeden Anspruch auf Normativität. Die Regeln, die sich aus der Charismenlehre ableiten lassen, legen die «Grundstrukturen kommunikativer Gemeindepraxis»[478] frei.

1. «Seid einander in der Furcht Christi untertan! (Eph 5,21)»: Unter der Herrschaft des Auferstandenen wird der «freie Dienst an anderen» ermöglicht.

2. «Für einander! (1Kor 12,25)»: Unter der Herrschaft des Auferstandenen tritt an die Stelle des Konkurrenzkampfes das «Füreinander der Gemeindeglieder».

3. «Jedem das Seine! (1Kor 7,7)»: Unter der Herrschaft des Auferstandenen kommt «jedes Gemeindeglied zu seiner ihm gemäßen Möglichkeit der gemeinsamen Praxis».[479]

Die paulinische Charismenlehre ist für Bäumler ein geschichtliches Paradigma kommunikativer Gemeindepraxis und ein mögliches theologisches Modell ihrer christologischen Begründung. Die pneumatologische Perspektive bleibt unberücksichtigt. Dennoch ist im Vergleich zur bereits erwähnten Studie «Christsein gestalten», aber auch im Vergleich zu Wolfgang Lück ein theologischer Fortschritt zu vermerken. Die Differenzierung zwischen tatsächlichen und wünschenswerten Funktionen bzw. Strukturen findet in der Charismenlehre eine biblisch verantwortete Kriteriologie, die die normative Faktizität durchbricht und die Entwicklung einer konkreten Utopie ermöglicht.

Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie

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