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6. Wie viel reinen Zucker braucht der menschliche Körper?

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Zu den am weitesten verbreiteten Annahmen in Sachen Ernährung gehört jene, wonach unser Gehirn auf reinen Zucker angewiesen ist. Wir müssten daher Süßes mitunter einfach essen, etwa wenn wir konzentriert arbeiten. Was dran ist an diesem Mythos – und was ins Reich der Legenden gehört.

Unser Gehirn ist ein Zuckerjunkie: Etwa 140 Gramm des Einfachzuckers Glukose braucht es pro Tag als Treibstoff. Erhält es den nicht, kommt es zur Energiekrise. Die Folgen der Unterzuckerung: Schwindel und Bewusstseinstrübungen, die bei Diabetikern im schlimmsten Fall durch einen Schock sogar zum Tod führen können. Das ist der Grund, warum diese stets ein Stück Traubenzucker (reine Glukose) bei sich tragen sollten. Im normalen Alltag aber gilt für sie das Gleiche wie für alle anderen Menschen auch: Sie bräuchten kein einziges Gramm freien Zucker, um zu überleben – im Grunde nicht einmal Obst! Denn: Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte liefern ausreichend viele komplexe Kohlenhydrate, die der Körper im Darm selbst zu Einfachzuckern umwandeln kann. Das genügt nicht nur, um den Glukosebedarf zu decken – die Versorgung geschieht auch ohne ungesunde Blutzuckerspitzen, da das Verdauungssystem die Zuckermoleküle erst aufspalten muss und die Energie damit langsam und kontinuierlich bereitstellt.

Unser Körper kann Zucker selbst produzieren

Darüber hinaus hat uns die Evolution eine Technik mitgegeben, dank der wir auch bei ausbleibender Kohlenhydratzufuhr keinen Glukosemangel erleiden – etwa beim Fasten oder wenn wir in unwirtlichen Gegenden wie Alaska leben, die kaum kohlenhydratreiche Nahrung bereithalten: die sogenannte Glukoneogenese („Zuckerneubildung“). Dabei fügt der Körper in der Leber (gespeicherte) Kohlenhydratvorstufen zu Glukose zusammen. Die dafür nötigen Ausgangsstoffe bilden beispielsweise Abfallprodukte, die immer dann entstehen, wenn Eiweiße und Fettsäuren verstoffwechselt werden.

SO GESUND IST DIE ZUCKERTECHNISCHE NULLNUMMER

Dass uns ein kompletter Verzicht auf Zucker in Reinform enorm guttut, zeigt das Naturvolk der Tsimane im bolivianischen Amazonasgebiet. Hier stehen vor allem ballaststoffreiche Knollen auf dem Speiseplan, zuckerarme Kochbananen (nicht die modernen, süßen Züchtungen!), Nüsse sowie ab und an Fleisch oder Fisch. Um herauszufinden, wie das Fehlen jeglichen freien Zuckers die Gesundheit der Menschen beeinflusst, untersuchten Wissenschaftler gut 700 Tsimane. Das Ergebnis: 85 Prozent der 40- bis 94-Jährigen hatten ein absolut gesundes Herz-Kreislauf-System – unter Amerikanern ist dies nur bei 14 Prozent der Fall. Zudem waren die Gefäße extrem elastisch: Die Arterien 80-jähriger Tsimane glichen denen 50-jähriger Amerikaner.

Nur Sportler dürfen regelmäßig Zucker essen

Noch etwas spricht gegen freien Zucker: sein spezifisches Nährstoffmuster. Er liefert weder Mineralstoffe noch Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe – also nichts außer schneller Energie. Wenn wir diese jedoch nicht direkt wieder verbrennen, speichert unser Körper sie als Fett. Deshalb können nur Leistungssportler und körperlich wirklich schwer arbeitende Menschen ohne schlechtes Gewissen etwas tiefer in die Gummibärchentüte greifen (aber auch nicht zu tief!). Mein Rat an alle anderen: Wann immer Sie das Gefühl haben, jetzt sofort eine Süßigkeit essen zu müssen, nehmen Sie sich vor, nach dem Genuss zwei Mal die Treppe herunter- und wieder hochzulaufen, in einen Zitronenschnitz zu beißen oder die Zähne zu putzen. Meist genügt schon ein solcher Gedanke, um den Nasch-Impuls zu löschen.

Mit Traubenzucker in die Prüfung? Die Werbung suggeriert uns häufig, das Gehirn bräuchte Traubenzucker, um gute Leistungen zu bringen. Aber dies ist nichts weiter als ein Mythos, wie Tierstudien zeigen: Versuchsmäuse wurden nach dem Genuss von Traubenzucker im Gegenteil vergesslicher, außerdem ängstlicher und depressiver. Warum, ist noch unbekannt.

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