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3. Warum sollte jeder von uns mehr Ballaststoffe essen?

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Ballaststoffe gehören zu den wichtigsten Nährstoffen überhaupt: Immer neue Studien zeigen, dass unser Körper ohne eine ausreichende Zufuhr davon nicht richtig funktionieren kann und langfristig Schaden nimmt. Auch zur idealen Tagesmenge gibt es inzwischen zuverlässige Erkenntnisse. Ein Überblick.

Würden Sie mich nachts um vier Uhr wecken und fragen, worüber ich am liebsten einen Vortrag halten wollte, die Antwort käme prompt: Ballaststoffe! Denn so gut erforscht deren zahlreiche Gesundwirkungen auch sind – die meisten wissen noch nicht viel davon. Grund genug, das zu ändern …

Was Ballaststoffe so besonders macht

Ballaststoffe sind Mehrfachzucker, die ausschließlich in Pflanzen vorkommen, beispielsweise als Hauptbestandteile der Zellwände. Da unser Dünndarm sie nicht aufspalten kann, wandern sie unverdaut in den Dickdarm. Experten unterscheiden zwischen wasserlöslichen und wasserunlöslichen Ballaststoffen: Zur ersten Gruppe gehören etwa Inulin (Chicorée, Topinambur), Pektin (Äpfel, Möhren, Orangen) und Beta-Glucan (Hafer), zur zweiten Gruppe Lignin und Zellulose (Getreide, vor allem Hafer, Kleie, Hülsenfrüchte). Einzig die wasserlöslichen Ballaststoffe liefern Energie: Wenn lebenswichtige Dickdarmbakterien diese zu kurzkettigen Fettsäuren abbauen, gewinnen sie aus 1 Gramm Ballaststoffe noch zwei Kalorien. Gesund? Ist die Mischung aus beiden Gruppen!

Ballaststoffe sind Abnehmhelfer

Wer versucht, mehr unverdauliche Pflanzenteile zu essen, nimmt nicht nur weniger schnell zu, sondern verliert bei Übergewicht sehr wahrscheinlich auch Kilos. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen binden Ballaststoffe Flüssigkeit: Der Nahrungsbrei nimmt an Volumen zu, die Magenwand dehnt sich stärker, was eine vermehrte Ausschüttung von Sättigungshormonen zur Folge hat. Außerdem verzögert sich durch den vergrößerten Nahrungsbrei die Magenentleerung: Dies verlangsamt die Blutzuckerantwort, der Körper schüttet weniger Insulin aus – und das wiederum bremst die Speicherung von Energie als Fett.

SO VIELE BALLASTSTOFFE SOLLTEN ES SEIN

Die WHO empfiehlt mindestens 25 Gramm Ballaststoffe pro Tag, die DGE mindestens 30 Gramm – wobei die eine Hälfte aus Getreideprodukten stammen soll, die andere aus Obst und Gemüse. All das spiegelt die Studienlage jedoch nicht wider! Daher lauten meine persönlichen Empfehlungen wie folgt:

40 Gramm Ballaststoffe pro Tag sind ideal, um von allen Gesundwirkungen zu profitieren, 30 Gramm die Mindestmenge. Ein Zuviel gibt es nicht.

60 Prozent der Ballaststoffe (ca. 25 Gramm) sollten aus Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen stammen, 10 Prozent (ca. 5 Gramm) aus Obst oder weiterem Gemüse, die restlichen 30 Prozent (ca. 10 Gramm) aus Vollkornprodukten und Kartoffeln.

Aktuell sind die meisten Deutschen unterversorgt: Männer nehmen laut Nationaler Verzehrsstudie im Schnitt nur 25 Gramm Ballaststoffe zu sich, Frauen 23 Gramm. Auch ungut: Die Ballaststoffe stammen vor allem aus Brot und Obst. Gemüse und Hülsenfrüchte spielen nur eine geringe Rolle.

Ballaststoffe verbessern die Darmgesundheit

Da weder Magen noch Dünndarm Ballaststoffe verdauen können, passieren sie beide Organe beinahe unbeschadet und wirken wie eine Putzkolonne, die mal ordentlich durchwischt. Zudem regt der voluminösere Nahrungsbrei die Darmbewegung an: Das verringert die Zeit, die dieser für die Passage braucht. So kommt die Darmschleimhaut kürzer in Kontakt mit krebserregenden Stoffen wie Nitrosaminen. Möglicherweise sind Ballaststoffe sogar in der Lage, kanzerogene Moleküle zu binden und damit unschädlich zu machen. Darüber hinaus bilden Ballaststoffe Futter für schleimhautschützende Darmbakterien wie Akkermansia muciniphila, die beim Abbau derselben krebsvorbeugende kurzkettige Fettsäuren produzieren. Außerdem fördern die Bakterien die Darmbewegung sowie die Immunabwehr und neutralisieren Gifte im Stuhl. All das erklärt, warum eine regelmäßige hohe Ballaststoffzufuhr das Darmkrebsrisiko reduziert. Zugleich sinkt die Wahrscheinlichkeit, an einer Divertikulitis zu erkranken, bei der sich Ausstülpungen in der Darmwand entzünden. Eine Hauptursache für die Krankheit liegt, wie bei Verstopfung und Hämorrhoiden, in zu geringem Stuhlvolumen: ein Problem, das Ballaststoffe durch ihren aufquellenden Effekt beheben.

WIE SIE AUF DEN TAGESBEDARF KOMMEN

40 Gramm Ballaststoffe am Tag: Das klingt viel, lässt sich aber leicht schaffen, wenn Sie konsequent Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkornbrot und Gemüse in den Speiseplan einbauen, bei Nudeln öfter die Vollkornvariante wählen und auch beim Backen immer häufiger Weiß- durch Vollkornmehl ersetzen.

Das sind die gesündesten Ballaststofflieferanten (Gehalt pro 100 Gramm, in absteigender Reihenfolge):

Flohsamenschalen (70 g), Weizenkleie (45 g), Leinsamen (36 g), getrocknete weiße Bohnen (23 g), getrocknete Linsen und Erbsen (17 g), Schwarzwurzeln (17 g), Topinambur (15 –20 g), Mandeln (14 g),

Kürbiskerne (10 g), Vollkornhaferflocken (10 g), Vollkornnudeln (10 g), gegarte Kichererbsen (10 g), Pumpernickel (9 –11 g), Walnüsse (8 g), Linsenpasta (6 – 8 g), Himbeeren (7 g), grüne Erbsen (5,3 g), Blaubeeren (5 g), Dinkelvollkornbrot (5 g), Rosenkohl (3,9 g), Knollensellerie (3,9 g), Grünkohl (3,5 g), Möhren (3,1 g), Brokkoli (3 g), Weißkohl (2,9 g), Birnen (2,8 g), Blumenkohl (2,7 g), Wirsing (2,7 g), Äpfel (2,5 g), Rotkohl (2,4 g), Fenchel (2,1 g), Spinat (2,1 g).

Beispielplan für einen Tag:

Frühstück: 70 g Vollkornhaferflocken mit 10 g Leinsamen, 100 g Naturjoghurt und 100 g Himbeeren = 18 g Ballaststoffe

Mittagessen: 100 g Linsenpasta mit Pesto, dazu 100 g Blattsalat und 1 Tomate = 10 g Ballaststoffe

Snack: 35 g Mandeln = 5 g Ballaststoffe

Abendessen: Gemüsepfanne aus je 100 g Brokkoli, Möhren und Fenchel mit 50 g Lachs ODER 100 g Vollkornbrot mit 30 g Käse und 200 g Gemüse = 8 g Ballaststoffe

Insgesamt: 41 g Ballaststoffe

Auch Fettstoffwechsel und Zähne profitieren

Doch damit sind die positiven Wirkungen von Ballaststoffen längst nicht erschöpft! Eine weitere extrem positive Eigenschaft: Sie können Gallensäuren binden. Dies zwingt den Körper dazu, aus seinem Cholesterinreservoir neue Gallensäuren zu bilden. Dadurch sinkt der Cholesterinspiegel im Blut und damit wiederum das Risiko für (Cholesterin-)Gallensteine. Zudem verbessern die unverdaulichen Pflanzenteile unsere Zahngesundheit. Denn ballaststoffreiche Lebensmittel müssen wir stärker kauen: Dadurch produziert der Körper mehr Speichel, was zur Remineralisierung beiträgt – und somit den Zahnschmelz stärkt. Auf diese Weise wird auch die Säurelast der Nahrung verringert.

Die Ballaststoffzufuhr langsam erhöhen

Wer bislang eher ballaststoffarm gegessen hat, sollte die Zufuhr langsam auf „optimal“ steigern – um etwa 5 Gramm pro Woche. Anfangs ist gegartes Gemüse ideal, nach und nach sollten Sie den Rohkostanteil erhöhen. Denn der Verdauungstrakt braucht Zeit, um sich anzupassen: Bekommt er die nicht, drohen so starke Blähungen und so heftiger Durchfall, dass viele Menschen ihre Ernährungsumstellung abbrechen. Zudem sollten Sie ausreichend trinken, damit die Ballaststoffe gut quellen können. Von Nahrungsergänzungspräparaten, die häufig isoliertes Pektin und Inulin beinhalten, rate ich ab. Zum einen kann unser Körper Ballaststoffe, die in Lebensmitteln gebunden sind, besser verwerten. Zum anderen liefern nur natürliche Lebensmittel weitere wertvolle Inhaltsstoffe: Forscher gehen inzwischen davon aus, dass uns erst die Kombination aus Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen die zahlreichen Gesundwirkungen beschert.

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