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9. Wie viel Alkohol ist gerade noch okay?

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Im Sommer Bier oder Aperol Spritz zum Feierabend, im Winter Rotwein zum Festessen: Alkoholische Getränke gehören für viele zum Alltag. Doch das Nervengift schadet der Gesundheit schon in geringen Dosen. Warum das so ist und welche Menge ich als Mediziner gerade noch tolerabel finde.

Die meisten werden es ungern hören, aber: Alkohol, fachsprachlich: Ethanol, ist ab dem ersten Tropfen giftig für die Zellen – Punkt. Warum? Er beeinflusst neuronale Botenstoffe und verändert damit die Signalübertragung im zentralen Nervensystem. Die Folgen der fehlerhaften Signalketten kennt jeder: Schwindel, Benommenheit und Bewusstseinstrübung! Langfristig fallen die Schäden eines regelmäßigen Alkoholkonsums verheerend aus: Vitamine und Spurenelemente kommen nicht mehr im Gehirn an. Neurologische Erkrankungen bis hin zur vorzeitigen Demenz können die Folgen sein.

Alkohol beeinträchtigt Prozesse im ganzen Körper

Doch nicht nur unser Denkorgan, auch die Leber nimmt Schaden. Denn sie ist dafür zuständig, Gifte wie Alkohol abzubauen. Während sie das tut, entstehen schädliche Nebenprodukte wie Acetaldehyd, die im schlimmsten Fall zu einer Leberzirrhose führen können – und außerdem das Risiko etwa für Mund-, Rachen- und Speiseröhrenkrebs erhöhen. Hinzu kommt: Die Leber verstoffwechselt Alkohol stets vorrangig. Dadurch stockt beispielsweise der Abbau von Östrogen, was das Wachstum von Tumorzellen fördern kann. Außerdem potenziert Alkohol die gesundheitsgefährdenden Effekte des Rauchens, da er die Schleimhäute zusätzlich schädigt und so anfälliger macht für toxische Stoffe wie Nikotin. Besonders gefährlich für den Körper ist das sogenannte Komatrinken im Jugendalter – und zwar nicht nur kurzfristig: Denn es erhöht das Risiko drastisch, als Erwachsener an Bluthochdruck oder Herzschwäche zu erkranken.

Auch für unsere Figur ist jede Flasche Bier, jedes Glas Wein Gift. Zum einen enthält 1 Gramm Alkohol sieben Kalorien – nur Fett liefert mehr. Zum anderen wandelt die Leber das Gift in Acetat um, einen Energielieferanten, den unser Körper allen anderen vorzieht. Das bedeutet: Wenn wir Alkohol zu uns nehmen, macht beispielsweise die Fettverbrennung eine Vollbremsung. Alles, was wir zum Bier essen, landet damit umstandslos auf den Hüften – oder, noch schlimmer, am Bauch. Hinzu kommt: Alkohol schwächt unsere Willenskraft, sodass wir nach dem ersten Bier schnell ein zweites bestellen. Und dazu in Nullkommanichts die Schale Erdnüsse verdrücken, die der Kellner auf den Tisch gestellt hat – obwohl wir uns vorgenommen hatten, nicht zu snacken. Und schließlich regt Ethanol unseren Appetit zusätzlich an, indem er sogenannte AgRP-Neuronen stimuliert, die Hungergefühle mit auslösen.

STUDIE ZEIGT: ALKOHOL VERKÜRZT DAS LEBEN

Um die gravierenden Folgen eines regelmäßigen Alkokolkonsums zu bestimmen, hat ein internationales Forscherteam Informationen aus Dutzenden Untersuchungen und Datenbanken analysiert. Das Ergebnis der großen Meta-Studie schockierte selbst Experten: Bei Menschen, die mehr als 100 Gramm reinen Alkohol pro Woche zu sich nehmen – das entspricht maximal 2,5 Liter Bier oder 1 Liter Wein –, verkürzt sich die Lebenserwartung. Den Grund dafür sehen die Forscher in dem durch Alkohol erhöhten Risiko für Schlaganfall, Herzschwäche, Bluthochdruck und tödliches Aorten-Aneurysma. Verglichen mit Altersgenossen, die weniger als 100 Gramm Alkohol pro Woche zu sich nehmen, verkürzt sich die Lebenswartung von 40-Jährigen im Durchschnitt um …

6 Monate, wenn sie zwischen 100 und 200 Gramm Alkohol pro Woche konsumieren,

1 bis 2 Jahre, wenn sie zwischen 200 und 350 Gramm Alkohol pro Woche konsumieren,

4 bis 5 Jahre, wenn sie mehr als 350 Gramm Alkohol pro Woche konsumieren.

Die Nachteile überwiegen

Viele Fans alkoholischer Getränke, insbesondere Rotweinfreunde, verweisen gern darauf, dass Alkohol auch schützende Effekte haben kann. Das stimmt, zumindest in sehr geringem Umfang. So ist Rotwein offenbar günstig bei Arteriosklerose, der Verkalkung der Gefäße. Mediziner vermuten dahinter zwei Mechanismen: Zum einen erhöht Alkohol einen herzschützenden Blutfettwert, zum anderen enthält Rotwein Resveratrol, einen sekundären Pflanzenstoff, der in hoher Dosierung gegen Arterienverkalkung wirkt. Älteren Menschen kann ein Glas Rotwein am Abend (und wirklich nur eines!) also möglicherweise mehr nutzen als schaden. Für die große Mehrheit aller anderen gilt jedoch das Gegenteil: Weniger Alkohol ist mehr – und gar keiner am allerbesten.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es schwierig sein kann, zum disziplinierten Abstinenzler zu werden. Wenn Sie sich einigermaßen gesund ernähren, nicht rauchen und nicht übergewichtig sind, ist das gesundheitliche Risiko, das Bier und Wein darstellen, auch vertretbar – aber nur dann, sofern sich der Konsum insgesamt in Maßen hält und Sie sich keine exzessiven Räusche erlauben.

So trinken Sie bewusster – und minimal gesünder

Machen Sie es wie die Italiener: Trinken Sie Wein und Co. aus eher kleinen Gläsern. Sicher, große Kelche machen mehr her, sollten aber der Festtafel vorbehalten bleiben. Denn in XXL-Gläsern wirkt ein Achtelliter Rotwein wie ein winziger Tropfen, in kleineren Behältnissen dagegen wie das, was er ist: die gerade noch vertretbare Portion eines potenziell giftigen Genussmittels.

Achten Sie auch bei Alkoholika auf den Zuckergehalt: Ein Gin Tonic mit 40 ml Gin und 250 ml Tonic Water liefert etwa 22 Gramm Zucker, das Meiste davon ist ungesunde Fruktose. In einer 330-ml-Dose Pils stecken 10 Gramm Zucker – und in 200 ml Weißwein 6 Gramm.

Diabetiker, die Insulin spritzen, sollten sich beim Alkoholgenuss besonders zurückhalten. Bei ihnen kann ein Vollrausch zu schwersten Unterzuckerungen führen, die im Extremfall tödlich enden. Im Organismus gesunder Menschen bewirkt Alkohol immer noch eine leichte Unterzuckerung, die beispielsweise für den typischen Post-Bier-Heißhunger sorgt. Der Grund: Ethanol hemmt Mechanismen, mit denen der Körper einen niedrigen Glukosespiegel normalerweise wieder stabilisiert. Um dem zu begegnen, versuche ich, zu jedem alkoholischen Getränk ein Milchprodukt wie Ayran oder Molke zu mir zu nehmen. Das dämpft nicht nur den Appetit – sondern enthält zudem Mineralstoffe, die helfen, den Alkohol aus dem Körper zu spülen.

ZAHLEN, BITTE!

Ein Blick auf die aktuellen Richtwerte und Daten zum Alkoholgenuss der Deutschen macht klar: Auch wenn der durchschnittliche Konsum seit 20 Jahren rückläufig ist, müsste er weiter sinken, damit wir hierzulande die gerade noch tolerable Höchstmenge nicht überschreiten.

10 Gramm reinen Alkohol pro Tag: Diesen Wert empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) als maximale Alkoholzufuhr für Frauen. Das entspricht 250 ml Bier, 125 ml Wein oder 30 ml Weinbrand. Für Männer gelten 20 Gramm pro Tag.

100 Gramm reinen Alkohol pro Woche empfehlen die Autoren der großen Meta-Studie zu den Folgen regelmäßigen Konsums als absolute Höchstmenge

160 Gramm reinen Alkohol pro Woche trinkt laut „Jahrbuch Sucht“ hierzulande durchschnittlich jeder, der älter ist als 15 Jahre. Das macht aufs Jahr gesehen 10,5 Liter reinen Alkohol, umgerechnet entspricht das beispielsweise 210 Litern Bier.

2 Tage pro Woche sollten wir Experten zufolge auf jeglichen Alkohol verzichten – egal, wie gering der Konsum sonst auch sein mag.

96,4 Prozent der Deutschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren trinken regelmäßig Alkohol.

1,6 Millionen Menschen in Deutschland gelten als alkoholabhängig.

74 000 Todesfälle verursachen Alkohol- und kombinierter Alkohol-Tabak-Konsum hierzulande pro Jahr.

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