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§ 5. Aufbau und Seinsbedingungen der Erlebniseinheit

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Es sollen zunächst die Dauereinheiten weiter betrachtet werden, die man als »gegenwärtig« zu bezeichnen pflegt, d. h. die in lebendigem Werden begriffenen. Dadurch, daß beständig etwas von ihnen die Seinshöhe – wenn auch nur für einen Augenblick – erreicht, erhält das Ganze Anteil am Sein und gibt sich als gegenwärtig-wirklich, als »etwas Aktuelles«. Das, was diesen Charakter des Gegenwärtig-Wirklichen hat und ihn verliert, sobald es abgeschlossen ist und als »Ganzes« »in die Vergangenheit rückt« – d. h. als etwas, was war, aber nicht mehr ist, im Blick behalten werden kann –, ist von diesem Charakter, von der Seinsweise, zu unterscheiden. Wir nennen es den Erlebnisgehalt. Der Gehalt ist wesentlich – wenn auch nicht allein – bestimmend für die Einheit des Gebildes. Die Freude über eine gute Nachricht ist eine solche Einheit. Sie setzt das verständnisvolle Vernehmen der Nachricht und die Erkenntnis ihrer Erfreulichkeit voraus; aber dieses gehört nicht zur Einheit der Freude als solcher. Es kann sein, daß ich schon eine ganze Weile um die Nachricht weiß, ehe ich anfange, mich darüber zu freuen. Entweder hatte ich ihre Bedeutung anfangs noch nicht recht erfaßt, oder ich war mir wohl klar über die Erfreulichkeit, aber ich war von anderen Dingen so in Anspruch genommen, daß ich mich nicht freuen konnte. Das Erleben des Gehaltes »Freude« ist also von zwei Seiten her bedingt: vom »Gegenstand« und vom »Ich«. Der Gegenstand – in diesem Fall der Inhalt der Nachricht – gehört nicht als »Teil« zur Freude als Erlebnisgehalt, wohl gehört aber dazu die Richtung auf diesen Gegenstand (die »Intention«, nach dem Sprachgebrauch der Phänomenologen); die Eigentümlichkeit, daß sie Freude über diesen Gegenstand ist, gehört zu ihrem Bestand, und »intentional«, d. h. als das »von ihr Gemeinte«, gehört auch der Gegenstand ihr zu. Das Ganze der Erlebniseinheit »diese Freude« ist abgeschlossen, wenn ich mich nicht mehr freue oder wenn zwar »wieder eine« Freude in mir ist, aber eine Freude über etwas anderes oder an etwas anderem. Auch das »Ich« ist in verschiedenem Sinn an der Erlebniseinheit beteiligt. Wenn ich sage: »Ich sehe wohl ein, daß dies etwas Erfreuliches ist, aber ich bin jetzt nicht imstande, mich zu freuen«, so ist das Ich aus dem erlebten »Einsehen« und dem erlebten »Nicht-imstande-sein« nicht zu streichen. Ich kann nichts erleben, ohne daß »ich« erlebtermaßen dabei wäre. Aber was ist das für ein »Ich«? Wenn ich versuche, mir über den Grund Rechenschaft zu geben, warum ich mich nicht freuen kann, so ist es vielleicht möglich festzustellen, daß eine große Sorge mich zu sehr erfüllt, um noch für eine Freude Raum zu lassen. Es kann aber auch sein, daß ich nur einfach mein Unvermögen fühle, ohne einen Grund angeben zu können. Trotzdem bin ich überzeugt, daß es »an mir liegt«, daß »in mir« ein Grund vorhanden ist, dem ich nur nicht auf die Spur kommen kann. Es gibt also »in mir« etwas – und gar mancherlei –, was mir unbekannt ist. Und in diesem Sinn gehört das Ich nicht zum Erlebnisgehalt, es liegt {{sic!}} – in ähnlicher, wenn auch nicht ganz in derselben Weise wie der Gegenstand, dem das Erlebnis zugewandt ist – über das Erlebnis hinaus. Husserl bezeichnet beide, den Gegenstand und das »psychische Ich«, als transzendent.

Edith Stein: Endliches und ewiges Sein

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