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„Jetzt ist er völlig übergeschnappt“, kommentierte Jonathan. „Und was bitte heißt „vorübergehend nicht erreichbar“?“

„Keine Ahnung. Wenigstens die Mailbox müsste doch drangehen, oder?“, überlegte Steinmann, der bei ihm im Büro saß und nachdenklich Kaffee trank. Hier war er viel besser als beim Senior, der seine Sekretärin immer nur den billigsten Kaffee kaufen ließ.

„Na, vielleicht schmollt er auch nur“, überlegte Jonathan weiter. „Am Donnerstag hat er sich ja schon recht ärgern müssen, gell? Alle haben ihm widersprochen, die Sache mit Criscom hat nicht geklappt, kein Wunder, sein Angebot war eine Frechheit.“

Steinmann lachte auf. „Wieder mal nach dem Motto Ihr dürft zahlen und wir streichen den Profit ein? Ich kann gar nicht verstehen, wieso Christen da nicht begeistert war.“

„Ganz genau. Mich lässt er ja nicht selbstständig verhandeln! Und bei DE haben die einfach geschicktere Leute. Wir können gute Mitarbeiter ja kaum halten, nicht bei den Gehältern und dem Führungsstil. Und wer widerspricht, gilt als Schwächling, den es auszumerzen gilt. Wer nicht widerspricht, wahrscheinlich auch“, fügte er nachdenklich hinzu. „Ich möchte bloß mal wissen, woher er diesen sozialdarwinistischen Schwachsinn hat.“

„Eigentlich kann er sich doch nicht ernsthaft für den weit und breit Stärksten halten, oder? Das wäre ja eine völlig verzerrte Weltsicht!“ Steinmann verspeiste das Amarettino von der Untertasse und musterte Jonathan fragend.

„Keine Ahnung. Ich wüsste nicht, dass bei uns früher „Mein Kampf“ oder sowas herumgestanden wäre. Sowas haben doch alle fünfundvierzig in die nächste Odelgrube geschmissen, oder? Bevor die Amis sich entrüsten mussten? Außerdem ist er sonst eigentlich kein Nazi, zumindest redet er politisch nicht so daher. Nur dieses stark/schwach-Gewäsch nervt – und dass er nach diesem Prinzip Geschäfte machen will.“ Er seufzte.

„Ja“, stimmte Steinmann zu, „und so ruiniert er über kurz oder lang den Betrieb. Hat die Hütte eigentlich kein Telefon?“

Jonathan überlegte. „Ich war da seit Jahren nicht mehr, wahrscheinlich würde ich nicht mal mehr hinfinden… gibt´s da ein Telefon… nein, ich glaube nicht. Genau, erst wollte er richtig abschalten können (als ob ihn jemand freiwillig anrufen würde!) – und dann hatte er ja sowieso ein Handy. Ich weiß eigentlich nur noch, dass innen alles aus Holz besteht, obwohl es eigentlich ein Steinbau ist, und dass er Hirschgeweihe und Tierfelle zur Dekoration verwendet hat. Und widerliche ausgestopfte Viecher.“ Er schüttelte sich.

„Nicht gerade untypisch für eine Jagdhütte“, bemerkte Steinmann. „Mir hat er mal lange vorgeschwärmt, wie schön es dort ist und wie man hinkommt – und dann hat er mich ganz betont nicht eingeladen… Also, nicht, dass ich mit Ihrem Vater ein Wochenende hätte verbringen wollen, verstehen Sie mich bitte nicht falsch!“

Jonathan lachte. „Schon klar. Ich glaube, er war immer alleine dort draußen. Naja, vielleicht ab und zu mal eine Dame, schmal und blond, sein Typ eben.“

„Treudeutsch und unterlegen“, vermutete Steinmann.

„Leicht übertrieben – aber ein bisschen in die Richtung. Obwohl weder meine Mutter noch die arme Carina sich wohl als deutsches Gretchen sehen dürften… wen er im Moment im Auge hat, weiß ich gar nicht.“

„Oh, deshalb die arme Carina?“

„Ach wo, das dürfte ihr egal sein, sie hat ja wohl selbst einen Tröster. Aber sie hat wohl ziemlich schnell nach der Heirat gemerkt, was sie sich da eingefangen hat – und ganz ehrlich, glauben Sie, er ist ein angenehmer Ehemann?“

Steinmann schauderte kurz, dann lachte er auf. „Ist das überhaupt einer von uns, wenn man unseren Frauen glauben darf? Obwohl, Sie sollten ja erst einmal… wird´s nicht langsam Zeit?“

„Sie könnten sich mit meiner Mutter zusammentun“, grollte Jonathan. „Meinen Sie, wir sollten meinen Vater als vermisst melden?“

Steinmann starrte ihn entsetzt an. „Sind Sie wahnsinnig? Er zieht uns die Haut ab, wenn er wieder da ist!“

Ein naheliegendes Opfer

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