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MI, 06.05.2015 24

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Anne war am nächsten Morgen wie meistens als erste im Büro und betrachtete sich erst einmal die Fotos an der Wand – Hartriegel, Reifenspuren, Mordopfer von allen Seiten. Dann setzte sie die Kaffeemaschine in Gang und überlegte.

Hass. Hass musste das Motiv sein, sonst hätte man eine weniger grausame Mordmethode finden können. Dumm nur, dass alle Beteiligten Grund gehabt hätten, Creutzer zu hassen, auch wenn die redseligen Weiber – in diesem Fall eine sehr zutreffende Bezeichnung für Creutzers Harem – eher entspannt gewirkt hatten. Vielleicht waren sie aber auch begnadete Schauspielerinnen…

Die Reifenspuren hatte Joe gestern mit Max zusammen noch zugeordnet – ein typisches Modell für Geländewagen. Wer von allen Beteiligten fuhr einen Geländewagen? Das konnte zusammen mit den Alibis überprüft werden… nach Jeep oder ähnlichem sahen die aber eigentlich alle nicht aus.

Die jüngeren Kinder hatten sie sich gestern noch gar nicht vorgenommen, wann denn auch?

Sie war noch dabei, sich das alles zu notieren, als Max und Liz hereinkamen, jeder mit einer verführerischen Tüte im Arm.

„Brezen?“

„Besser“, grinste Max. „Brotzeitstangerl.“

„Und wem das zu üppig ist, ich habe Vollkornkringel mit Sonnenblumenkernen drauf“, outete Liz sich als Konkurrenz.

„Ihr konntet euch beim Bäcker wohl nicht einigen?“, spottete Anne. Während sie die Tagesaufgaben an die Tafel schickte, zankten sich Liz und Max, während sie ihre Angebote auf Teller schichteten, wer hier Machofraß und wer pseudogesunden Mädelskram eingekauft hatte. Anne grinste in sich hinein – so lange war es noch nicht her, dass sie sich mit dem armen Joe ähnliche Wortgefechte geliefert hatte.

Der arme Joe kam zu spät, er hatte verschlafen, was seiner out-of-bed-Frisur auch deutlich anzusehen war.

„Iss was“, bot Max ihm sofort ein Brotzeitstangerl an; Anne wies auf den mittlerweile fertigen Kaffee hin und lehnte sich gemütlich zurück.

„So, wer macht nun was? Ich hätte Autotypen und Alibis bei allen im Angebot, auch bei den jüngeren Geschwistern, die Frage nach Creutzers Testament, nochmal nach den Firmenfinanzen und nach weiteren Details von der Spurensicherung. Sucht euch was aus, ich mache den Rest.“

„Autos und Alibis bei allen in der Firma“, sagte Joe. „Nach den Finanzen kann ich dann auch gleich fragen. Und nach dem Anwalt der Familie.“

„Da bleibt uns ja fast nichts mehr“, maulte Liz. „Dann nehme ich mal den Ableger und die Konkurrenz. Soll ich auch den DE-Chef mal interviewen?“

„Warum nicht? Wieso der nicht gegen diese Rachepolitik der Merten gewesen ist, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat der auch ein Hühnchen mit Creutzer zu rupfen? Also mach nur! Max?“

Max überlegte. „Es war noch keiner bei den übrigen Kindern, oder? Dann mache ich da die Autos und die Alibis. Und vielleicht auch die Motive, vielleicht hatte da jemand ja einen richtigen Rochus auf den Alten.“

Anne nickte. „Bleibt mir der Harem. Ist gut. Macht schön Notizen, bestellt die Leute für morgen für die Protokolle ein und seid mittags wieder hier, okay?“

„Überraschende Anweisungen“, neckte Joe sie. „Die Notizen und Protokolle hätten wir sonst garantiert vergessen, gell?“

Alles lachte, auch Anne.

Ein naheliegendes Opfer

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