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„Warum bist du denn so nervös?“, wollte ihre Kollegin wissen, und Alina stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich muss nachher zum Chef… was der bloß jetzt wieder will?“

Lilo setzte sich auf die Kante von Alinas Schreibtisch, der daraufhin leise knackte. „Wieso wieder? Musst du denn öfter zu ihm? Warum?“

„Keine Ahnung, aber der Kerl ist mir sowas von unangenehm. Nervt er dich denn nicht?“

Lilo fuhr sich durch die kurzen dunklen Locken. „Nö. Eingestellt hat mich der Personalchef, also, nach dem Einstellungstest, und den Creutzer hab ich vielleicht einmal gesehen – genau, bei dieser allgemeinen Begrüßung, wo er ein paar kalte Worte gesprochen hat - und irgendwas von Lebenskampf. Kam mir ein bisschen braun vor.“

„Wie, braun?“

„Naja, so nazimäßig eben. Die hatten es doch immer so mit Kampf und Krieg.“

Alina riss die blauen Augen weit auf. „Das auch noch! Meinst du echt – aber so alt ist er doch nun auch wieder nicht? Ich meine, die Nazis, das ist doch fast siebzig Jahre her?“

„Gibt immer noch welche.“ Lilo rutschte wieder von der Tischkante und zupfte ihre stramm sitzenden schwarzen Hosen zurecht. Unwillkürlich sah Alina auf ihre eigenen zierlichen Schenkel und strich sich dann übers Haar.

„Und, was will er immer so von dir?“

„Er hat mal was von Nachwuchsförderung gesagt, aber was er sich darunter so genau vorstellt – mir ist der Mann richtig widerlich. Ich glaube fast, der will mir an die Wäsche. Was soll ich da bloß am besten machen?“

„Hm.“ Lilo studierte Alina: mittelgroß, zierlich, blond. Wenn der Senior auf so was stand, dann war sie selbst – dunkelhaarig und eher stämmig gebaut, sehr sportlich und mit einem lauten Mundwerk gesegnet – wohl außer Gefahr. „Hast du schon mal mit der Frauenbeauftragten gesprochen?“

Alina schnaufte. „Die hat doch total Schiss vor dem Creutzer! Ich soll einfach deutlich Nein sagen, hat sie gemeint, mehr fällt ihr auch nicht ein. Weichei.“

„Blöd… und wenn er dich anpackt und du ihm in die Eier trittst, kommt das auch nicht so gut.“

„Toller Tipp. Dann kann ich mir ja gleich einen neuen Ausbildungsbetrieb suchen! Ich hätte es doch damals bei Digital Equipments versuchen sollen, Mist.“

„Wie ist denn das, wenn du zu ihm musst? Macht er dann so eklig die Tür zu und schließt ab und kommt dann immer näher?“

„Nimmst du mich eigentlich nicht ernst? So ein richtig schmutziger alter Mann ist er auch wieder nicht, eher macht er so subtil Druck – ob ich denn nicht weiterkommen möchte. Ob ich keinen Blick dafür habe, wer mir weiterhelfen könnte. Verdammt, ich schlaf mich doch nicht nach oben!“

„Würde wahrscheinlich auch nichts nützen. Oder hast du hier oberhalb einer gewissen Grenze irgendwelche Frauen gesehen? Wahrscheinlich ist es ihm hinterher bloß peinlich – der ist doch verheiratet, oder? – und du wirst nicht übernommen. Dann allerdings könnte man vielleicht vor dem Arbeitsgericht -“

„Quatsch!“, fiel Alina ihr ins Wort. „Haben wir doch bei diesem Arbeitsrechtsseminar in der Berufsschule gelernt: Der findet dann schon eine wasserdichte Begründung. Nee, der kriegt eine Anzeige, wenn es gar nicht mehr anders geht. Okay, um zwölf weiß ich dann mehr. Und wenn ich ihm wirklich irgendwas überbraten muss, dann ist das Notwehr. Du kannst bezeugen, dass ich Angst hatte!“

„Klar. So ein alter Drecksack, was fällt dem eigentlich ein?“

Ein naheliegendes Opfer

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