Читать книгу Ein gefährliches Alter - Eva Ashinze - Страница 16
Оглавление12 Ich ass den letzten Biss meiner hastig zubereiteten Pasta. Ich koche gern, wenn ich Musse habe. Aber frische Kräuter, spezielle Gewürze – damit hatte ich mich heute nicht abgeben mögen. Heisshungrig und müde war ich nach dem Zusammentreffen mit Julia nach Hause gekommen. Ich hatte nur eines gewollt: Etwas zu essen. Deswegen hatte ich nach dem Glas gekauften Pestos gegriffen.
Ich schob den Teller von mir und griff nach meinen Zigaretten. Während ich mir eine anzündete, erhob ich mich, trat ans Fenster und öffnete es. Die kühle Luft liess mich erschauern. Ich nahm einen langen Zug. Unter mir leuchteten die Lichter der Stadt. Ich liess meinen Blick schweifen zu meiner Kanzlei, zu den Bahngleisen. Im Roten Turm brannte in einigen Büros noch immer Licht. Daneben war das Schulhaus St. Georgen. Ich zog an meiner Zigarette. Ich versuchte, die Friedensstrasse auszumachen, da, wo Nina wohnte. Nina. Ich wurde nicht schlau aus ihr. Sie verheimlichte mir etwas. Noch wusste ich nicht, was es war. Aber ich würde es herausfinden. Mein Blick wanderte weiter zur Seidenstrasse. Ich konnte das Dach der Villa ausmachen, in der ich aufgewachsen war. In der wir aufgewachsen waren, Maria und ich. Meine Mutter Celina lebte noch immer dort. Ich weiss nicht, wie sie die ganzen Erinnerungen, die dieses Haus beherbergt, ertragen kann. Mit einer Unmenge Alkohol vermutlich.
Ich zog ein letztes Mal an meiner Zigarette, stand auf und schloss das Fenster.
Während ich das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine räumte und in der Küche einigermassen Ordnung schuf, ging ich in Gedanken die Unterhaltungen mit Nina und Julia noch einmal durch. Ich wischte die Herdplatte, wrang den feuchten Lappen aus. Nina und Julia malten widersprüchliche Bilder von Luca. Ich musste mehr über ihn erfahren. Ich musste herausfinden, was für ein Mensch er gewesen war. Je besser ich das Opfer kannte, desto besser durchschaute ich auch die Täterin – Nina.
Meine Gedanken schweiften zu Norah, zu meinem heutigen Besuch im Gefängnis. Hatte Maria tatsächlich harte Drogen konsumiert? Und wo war sie jetzt? War auch sie ein Opfer, tot und verwest? Oder lebte sie unter anderem Namen irgendwo in der Fremde? Energisch schüttelte ich das Geschirrtuch aus, hängte es an den Haken. Fragen über Fragen, die mich allesamt nicht weiterbrachten.
Ich nahm eine bereits geöffnete Flasche Wein zur Hand, entkorkte sie und goss mir ein Glas ein. Irgendwann würde ich wissen, was mit Maria geschehen war. Es hatte keine Eile, schliesslich schlug ich mich bereits mein halbes Leben lang mit ihrem Verschwinden herum. Aber die Sache mit Nina, die war dringend. Darauf musste ich mich konzentrieren, auf meinen neuen Fall. Auf den Fall des toten Jungen. Ich seufzte und trank Wein. Ich ahnte, dass es in dieser Geschichte nur Verlierer geben würde. Ich trank noch einen Schluck, stellte das Glas beiseite und fuhr mein Notebook hoch. Zum Glück hatte ich meine Arbeit. Ohne sie würde ich in dieser elenden Welt nicht klarkommen.