Читать книгу Ein gefährliches Alter - Eva Ashinze - Страница 5
Оглавление1 Die Pausenklingel schrillt und wenig später füllt sich der Platz vor dem Oberstufenschulhaus St. Georgen mit Stimmengewirr. Jungen und Mädchen stehen in Grüppchen, manche verschwinden um die Ecke, suchen die Abgeschiedenheit. Es ist Anfang Oktober. Mathilda, Alisar und Nina lehnen an der Schulhausmauer und teilen sich eine Packung Süssigkeiten. Alisar erzählt, während sie aus den Augenwinkeln ein paar Jungs beobachtet, lebhaft von ihrer gestrigen Shoppingtour in Zürich. Mathilda isst Gummibärchen und hört zu oder tut jedenfalls als ob. Nina tippt etwas auf ihrem Handy, greift ohne den Blick zu heben wieder nach der Tüte mit Süssigkeiten in Mathildas Hand. Sie langt daneben, streift aus Versehen die Brust von Mathilda. Kevin Lüthi, der gerade vorbeigeht, bleibt stehen.
«Oh Mann, da würde ich auch gern mal hin fassen.» Kevin Lüthi grinst der errötenden Mathilda zu.
Kevin sieht ganz gut aus, er ist gross und gut gebaut, aber er hat einen unsympatischen Zug um den Mund und die Hosen sitzen immer etwas zu tief, die Aufschrift auf seinen Shirts ist zu auffällig und das Haar zu gestylt. Trotzdem stehen viele Mädchen auf ihn. Luana ist derart verknallt in ihn, dass sie sich heimlich jeden Tag aufs Neue seinen Namen in die linke Hand – die Herzhand – schreibt. Sie sitzt im Unterricht, starrt verträumt in ihre Hand, den Mund leicht geöffnet und sieht aus wie eine Bekloppte.
Kevin rechnet offenbar damit, dass Mathilda laut aufkreischt oder sauer wird, was er als Erfolg verbuchen könnte.
Nina kommt dem zuvor. «Du hast ja echt kleine Hände, Kevin», sagt sie. «Du weisst ja sicher, was man über Jungs mit kleinen Händen sagt.»
Nina und Alisar prusten los, Mathilda fällt etwas zögerlicher ein. Zwei Mädchen, die in der Nähe stehen und alles mitbekommen haben, beginnen ebenfalls zu lachen. Das Gelächter schallt über den Pausenplatz. Kevin wird rot und hasst Nina noch mehr dafür.
«Schlampe», knurrt er zwischen zusammengebissenen Zähnen und stampft davon. Das Gelächter folgt ihm.
Luca Tanner steht etwas weiter vorne bei der Mauer, die den Pausenhof begrenzt, er trägt einen grauen Kapuzenpulli, grau vor grauem Himmel. Er schaut sich nach der Quelle des Gelächters um, seine Augen bleiben einen Moment an Mathilda hängen. Sein glänzendes braunes Haar ist etwas länger und nach vorne gekämmt, wie es gerade angesagt ist, es fällt ihm ständig in die Augen. Mit einer ungeduldigen, aber eingeübten Handbewegung kämmt er es nach hinten. Dann wendet er sich wieder Sebastian zu, mit dem er sich gerade gebalgt hat wie ein junger Hund, den Mund zu einem weiten Lachen geöffnet.