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4.4 Psychoanalytische Pädagogik nach 1945

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Nach dem 2. Weltkrieg etablierte sich die Psychoanalyse in der BRD neu. Auch hier setzte sich die Professionalisierung in der psychoanalytischen Ausbildung im Sinne eines medizinisch begründeten Heilverfahrens durch und besiegelte den Ausschluss der Pädagogen. Vielleicht wäre die psychoanalytische Pädagogik gänzlich in Vergessenheit geraten, hätte es nicht die Studentenbewegung in den 1960er Jahren gegeben. Im Zuge der antiautoritären Bewegung, den Kinderläden, wurde die psychoanalytische Pädagogik wiederentdeckt. Psychoanalyse war neben Marxismus ein Instrument der Befreiung. Damit knüpfte man an den frühen Optimismus der psychoanalytischen Pädagogik an, die Revision und Weiterentwicklungen der Ich-Psychologie wurden nicht beachtet. Autoren wie Bernfeld und Bettelheim wurden Leitbilder der antiautoritären Bewegung.

Leider hat sich die psychoanalytische Pädagogik nicht in der Pädagogik oder Psychoanalyse etablieren können. Die Psychoanalyse beschränkt sich immer mehr auf die therapeutische Praxis, die Pädagogik bleibt meist in Vorurteilen stecken, Psychoanalyse sei bei Freuds Triebtheorie stehen geblieben und habe der Pädagogik nichts zu bieten. Immerhin gibt es in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften eine Kommission »Psychoanalytische Pädagogik«. Wir möchten an dieser Stelle nur auf einige neuere Autoren hinweisen, die in verschiedenen pädagogischen Arbeitsfeldern an einer Weiterentwicklung der Psychoanalytischen Pädagogik arbeiten: Leber (1986; 1988) gab wesentliche Impulse für eine psychoanalytische Heilpädagogik mit dem Konzept des szenischen Verstehens und fördernden Dialogs. Schäfer (1985; 1989) arbeitet in der Tradition Flitners (1978) an einer Theorie und Praxis des Kinderspiels für Pädagogik und Therapie, Datler (1995) beschäftigt sich umfassend mit theoretischen Konzeptionen der psychoanalytischen Pädagogik, Maass (1999) liefert einen überzeugenden Ansatz der psychoanalytischen Pädagogik in der heilpädagogischen Frühförderung.

Der 1978 gegründete Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit widmet sich der psychoanalytischen Arbeit mit ich-strukturell gestörten jungen Menschen und ihren Bezugspersonen. In zahlreichen Publikationen werden beeindruckende Beispiele psychoanalytischer Pädagogik reflektiert (vgl. Feuling 2006; Bruns 2006; Günter 2006).

Im Bereich der Schule war es Reiser (1972), der über symbolische Konfliktverarbeitung versuchte, mit dem Anbieten problembezogener Unterrichtsstoffe die Konflikte der Schüler durchzuarbeiten. Hopf (1976; 1979) wies auf die Übertragungen im Unterricht hin, Neidhardt (1977) entwickelte eine psychoanalytische Didaktik in der Sonderschule. Aktuellere Arbeiten zur psychoanalytischen Pädagogik in der Schule beziehen sich in der Regel auf den Kontext der Sonderschule oder spezifische Forschungsprojekte, so Ulrike Becker (2001), Mertens (2002), Dammasch und Katzenbach (2004), Freyberg und Wolff (2006). Heinemann, Rauchfleisch und Grüttner (2003) zeigen an Fallbeispielen wie psychoanalytisch und pädagogisch in der Sonderschule, im Heim und in der Therapie mit aggressiven Kindern und Jugendlichen gearbeitet werden kann. In einer neuen Arbeit beschreibt Heinemann (Heinemann und Hopf 2006, S. 158 ff.) die psychoanalytisch-pädagogische Arbeit mit Kindern mit AD(H)S.

Psychische Störungen in Kindheit und Jugend

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