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II. Rechtsquellen

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Für das deutsche Internationale Steuerrecht – nur dieses ist Gegenstand des vorliegenden Lehrbuchs[78] – existiert keine einheitliche Kodifizierung. Vielmehr sind die Rechtsvorschriften, die sich auf internationale Sachverhalte beziehen, in einer Vielzahl von Einzelgesetzen, Staatsverträgen, etc enthalten, deren Wechselspiel auf den ersten Blick nicht immer leicht zu durchschauen ist[79]. Der in jüngerer Zeit wieder aufgenommene Vorschlag[80], sämtliche international-steuerlich relevanten Regelungen in einem einheitlichen Gesetz über das internationale Steuerrecht zusammenzufügen, ist auch wenig praktikabel und wird daher auf absehbare Zeit nicht mehrheitsfähig sein[81].

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Unilaterale Rechtsvorschriften des deutschen Internationalen Steuerrechts finden sich zunächst in den deutschen Einzelsteuergesetzen (EStG, KStG, etc), die auch für nationale Steuerfälle gelten[82]. Einzeln verstreut (wie etwa die Anzeigepflicht des § 138 Abs. 2 AO) oder auch im Zusammenhang (wie etwa die §§ 49 ff EStG) regeln sie Besonderheiten bei Sachverhalten mit Auslandsbezug. Daneben gibt es Gesetze, die sich ausschließlich auf solche Sachverhalte beziehen, wie etwa das Außensteuergesetz. Ergänzend gelten wie im nationalen Steuerrecht auch eine Vielzahl von BMF-Schreiben, Erlassen und Verfügungen[83] der deutschen Finanzverwaltung[84].

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Bilaterale Rechtsvorschriften sind vornehmlich in DBA enthalten, jedoch gibt es auch sonstige völkerrechtliche Verträge zwischen zwei Staaten, die für das Steuerrecht Bedeutung erlangen können (etwa Amts- und Rechtshilfeübereinkommen). Multilaterale Verträge mit steuerrechtlichem Regelungsgegenstand hingegen sind selten[85], sie sind aber ggf aus anderen Gründen für das Steuerrecht von Relevanz[86]. Eine Ausnahme bildet das zwar auf Ebene der OECD verabschiedete, in Deutschland aber immer noch nicht ratifizierte Multitalerale Instrument, mit dem die abkommensbezogenen Maßnahmen des BEPS-Projekts umgesetzt werden sollen. Es handelt sich dabei um den ersten, für das Steuerrecht wirklich bedeutenden multilateralen völkerrechtlichen Vertrag, auch wenn dessen Auswirkungen im Ergebnis weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.

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Eine Sonderstellung nimmt das Europäische Recht ein. Im Bereich des Primärrechts sind vor allem die Grundfreiheiten (Art. 45 ff AEUV) sowie die Art. 18, 21, 110 ff AEUV als Rechtsquellen des Internationalen Steuerrechts zu nennen. Insbesondere die Art. 110 ff AEUV sind jedoch nur für das Gebiet der Verkehrssteuern von Bedeutung. Für das Gebiet der Ertragsteuern enthält der AEU-Vertrag keine speziellen Rechtsgrundlagen für die Harmonisierung[87]. Als Rechtsquelle sui generis schließlich muss aufgrund ihrer überragenden Bedeutung für das nationale Steuerrecht der Mitgliedsstaaten der EU die Rechtsprechung des EuGH angesehen werden.

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Was das Sekundärrecht anbelangt, sind es vor allem die EU-Richtlinien, die in der Steuerrechtspraxis eine Rolle spielen[88]. Zu nennen sind diverse Richtlinien bei den Verkehrs- und Verbrauchsteuern (insbesondere die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie vom 17.5.1977 bzw nunmehr die EU-Richtlinie über ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem vom 28.11.2006 sowie zB die Tabakwaren-Richtlinie vom 27.11.1995) und bei den Ertragsteuern namentlich die Mutter/Tochter-Richtlinie vom 23.7.1990, die Fusionsrichtlinie vom 23.7.1990, die EG-Schiedskonvention vom 23.7.1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, die ehemalige Zins-Richtlinie vom 3.6.2003 über die Besteuerung grenzüberschreitender Zinserträge (die ab 2016 durch den Common Reporting Standard abgelöst wurde) sowie die Zins/Lizenzgebühren-Richtlinie vom 3.6.2003 für den Bereich des Konzernsteuerrechts. Aus jüngerer Zeit ist insbesondere die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie vom 12.7.2016 zu nennen. Hinzu kommen mehrere Richtlinien mit bilanzrechtlichem Regelungsgegenstand, die indirekt auch für die Besteuerung von Bedeutung sein können[89].

▸ Siehe hierzu vertiefend die Grundlagenfälle „Unüberlegte Kapitalanlage“, „Der schlecht beratene Mandant“, „Schwierige Entscheidung“ und „Das doppelte Lottchen bei der Abrechnung“ in Haase/Hofacker, Klausurenkurs im Internationalen und Europäischen Steuerrecht.

§ 1 Die internationale Dimension des Steuerrechts › C. Begründung, Ausschluss und Beschränkung des Besteuerungsrechts

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