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2. Entstrickung bei Ausschluss/Beschränkung des Besteuerungsrechts

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Wenn ein Wirtschaftsgut, das zuvor der deutschen Besteuerung unterlag, aus der deutschen Steuerpflicht herauswächst, nennt man diesen Vorgang Entstrickung[100]. Rechtstechnisch hat der Gesetzgeber die Entstrickung dadurch normiert, dass der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke (sog. fiktive Entnahme) gleichgestellt wird. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 Nr 4 Satz 1 HS 2 EStG[101] zu sehen, wonach in den Fällen des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG die Entnahme mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist. Der Steuerpflichtige hat also die Differenz zwischen dem Buchwert des Wirtschaftsguts und seinem gemeinen Wert zu versteuern, ohne dass ihm tatsächlich Geldmittel zugeflossen sind. Die Regelung des Satzes 3 wird seit dem JStG 2010 ergänzt durch ein Regelbeispiel in Satz 4 nF.[102] Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt danach insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.

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Der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts wird, jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung (zu den Änderungen aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung sogleich),[103] in den meisten Fällen durch die Regelungen eines DBA bewirkt werden, wobei die Freistellungsmethode stets zum Ausschluss führt, die Anrechnungsmethode hingegen nur zur Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts führen kann. Die Artikel eines DBA, die den Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts bewirken können, sind in der Regel hinsichtlich der Veräußerung eines Wirtschaftsguts ein dem Art. 13 OECD-MA vergleichbarer Artikel und hinsichtlich der Nutzung eines Wirtschaftsguts ein dem Art. 12 OECD-MA vergleichbarer Artikel. Besteht kein DBA, greift unilateral die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ein[104], so dass auch insoweit eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts zu konstatieren ist.

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Aus der Formulierung „Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts“ ist zu folgern, dass, jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung (zu den Änderungen aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung sogleich), zuvor ein – auch beschränktes – Besteuerungsrecht an dem Wirtschaftsgut bestanden haben muss. Das weitere Schicksal von Wirtschaftsgütern etwa, die (früher) nach den Grundsätzen der Tz. 2.4 Betriebsstättenerlass[105] bzw. neuerdings nach den Regeln des AOA einer ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind, für die die Freistellungsmethode nach einem DBA gilt, ist daher für § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG unerheblich, weil die Wirtschaftsgüter schon a priori nicht steuerverstrickt waren. Im Übrigen aber wird § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG insbesondere im Bereich der Betriebsstättenbesteuerung zu erheblichen Verschärfungen in der Besteuerungspraxis führen[106]:

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So kann erstens die bisher von der Finanzverwaltung praktizierte sog. Methode der aufgeschobenen Besteuerung laut Tz. 2.6.1 Betriebsstättenerlass[107] aF bei der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte, für die ein DBA mit Freistellungsmethode[108] gilt, nicht mehr angewendet werden, weil der Wertansatz nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG zwingend ist (Folge: sofortige Realisierung stiller Reserven im Überführungszeitpunkt). Eine Stundungsregelung ist nicht vorgesehen[109].

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Zweitens wird künftig, jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung (zu den Änderungen aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung sogleich), entgegen Tz. 2.6.1 Betriebsstättenerlass aF auch die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem inländischen Stammhaus in eine ausländische Betriebsstätte, für die ein DBA mit Anrechnungsmethode oder gar kein DBA gilt, als Fall einer Entstrickung angesehen[110]. Zwar achtet die Anrechnungsmethode das Welteinkommensprinzip[111] und damit grundsätzlich das Besteuerungsrecht Deutschlands. Dieses Recht ist aber aufgrund der Anrechnungsmethode nur insoweit fruchtbringend, als ausländische Steuern nicht auf den auf ausländische Einkünfte entfallenden Teil der deutschen Steuer angerechnet werden müssen. Das deutsche Besteuerungsrecht ist daher durch die Anrechnung „beschränkt“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG[112].

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Drittens führt, jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung (zu den Änderungen aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung sogleich), auch der Abschluss eines DBA mit Freistellungsmethode zum Ansatz des gemeinen Wertes, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund des DBA nicht mehr unter dem deutschen Besteuerungszugriff steht. Und viertens wird, jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung (zu den Änderungen aufgrund der neueren BFH-Rechtsprechung sogleich), ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts auch die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts bezüglich der Nutzung von Wirtschaftsgütern eine fiktive Entnahme nach sich ziehen. Werden beispielsweise Wirtschaftsgüter, die nach Tz. 2.4 Betriebsstättenerlass dem inländischen Stammhaus zuzuordnen sind, einer ausländischen Betriebsstätte zur Nutzung überlassen, greift § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ein[113].

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Unverständlich ist, warum der Gesetzgeber den gemeinen Wert zum Bewertungsmaßstab erklärt hat, obwohl gewöhnliche Entnahmen gemäß § 6 Abs. 1 Nr 4 Satz 1 HS 1 EStG mit dem sog. Teilwert[114] anzusetzen sind. Hier sind für die Besteuerungspraxis Wertungswidersprüche und Handhabungsschwierigkeiten zu erwarten[115].

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Satz 4 des § 4 Abs. 1 EStG schließlich regelt die Sonderfälle des aus einer Sitzverlegung resultierenden Ausschlusses und der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft. In diesem Fall gelten die Regeln der fiktiven Entnahme nicht, sondern ein etwaiger späterer Veräußerungsgewinn wird auf Anteilseignerebene so besteuert, als ob keine Sitzverlegung stattgefunden hätte[116].

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Um die Rechtsfolge des Ansatzes des Wirtschaftsgutes mit dem gemeinen Wert in ihren Wirkungen ein wenig abzufedern, hat der Gesetzgeber in § 4g EStG für einen praktisch besonders bedeutsamen Fall die Bildung eines Ausgleichspostens vorgesehen[117]. Danach kann ein unbeschränkt Steuerpflichtiger in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert auf (unwiderruflichen) Antrag einen Ausgleichsposten bilden, soweit ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens infolge seiner Zuordnung zu einer Betriebsstätte desselben Steuerpflichtigen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG als entnommen gilt, § 4g Abs. 1 Satz 1 EStG. Der Ausgleichsposten ist für jedes Wirtschaftsgut getrennt auszuweisen. Das Antragsrecht kann für jedes Wirtschaftsjahr nur einheitlich für sämtliche Wirtschaftsgüter des Steuerpflichtigen ausgeübt werden.

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Der Ausgleichsposten ist nach § 4g Abs. 2 EStG im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren zu jeweils einem Fünftel gewinnerhöhend aufzulösen. Er ist in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulösen, wenn (1) das als entnommen geltende Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ausscheidet, wenn (2) das als entnommen geltende Wirtschaftsgut aus der Besteuerungshoheit der EU-Mitgliedsstaaten ausscheidet oder wenn (3) die stillen Reserven des als entnommen geltenden Wirtschaftsguts im Ausland aufgedeckt werden oder in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts hätten aufgedeckt werden müssen.

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Der Steuerpflichtige ist nach § 4g Abs. 5 EStG verpflichtet, der zuständigen Finanzbehörde die Entnahme oder ein Ereignis im Sinne des § 4g Abs. 2 EStG unverzüglich anzuzeigen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Anzeigepflicht, seinen Aufzeichnungspflichten nach § 4g Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG (laufend geführtes Verzeichnis sowie Aufzeichnungen über die Bildung und die Auflösung des Ausgleichspostens) oder seinen sonstigen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 90 AO[118] nicht nach, ist der Ausgleichsposten dieses Wirtschaftsguts gewinnerhöhend aufzulösen. Regelungen zur Rückführung von Wirtschaftsgütern sind in § 4g Abs. 3 EStG vorgesehen[119].

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Lösung Fall 2 (Rn 53):

Traditionell galt in Deutschland nach Auffassung der Finanzverwaltung wegen Tz. 2.6.1 Betriebsstättenerlass in den Fällen der Überführung von Wirtschaftsgütern in ausländische Freistellungsbetriebsstätten die Methode der aufgeschobenen Besteuerung, während der BFH der sog. finalen Entnahmetheorie zuneigte[120]. Nunmehr ist wegen § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG zu fragen, ob das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts (hier: Maschine) ausgeschlossen oder beschränkt wird. Nach der allgemeinen Zuordnungsmethode des Art. 7 Abs. 1 und 2 OECD-MA sind die bis zur Überführung des Wirtschaftsguts entstandenen stillen Reserven ohnehin dem deutschen Stammhaus zuzurechnen (Tz. 2.4 Betriebsstättenerlass), so dass insoweit das deutsche Besteuerungsrecht weder ausgeschlossen noch beschränkt ist. Jedoch findet aufgrund der Anwendung der Freistellungsmethode (Art. 13 Abs. 3 iVm Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a DBA Österreich) das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich der künftigen Wertzuwächse ausgeschlossen, was für § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ausreichend ist. Aufgrund der dadurch fingierten Entnahme ist die überführte Maschine im Überführungszeitpunkt gemäß § 6 Abs. 1 Nr 4 Satz 1 HS 2 EStG mit 100 zu bewerten, so dass der Bundesrepublik Deutschland ein Besteuerungsrecht an den gebildeten stillen Reserven in Höhe von 80 und Österreich (im Fall des späteren Verkaufs) ein Besteuerungsrecht an den künftig entstehenden stillen Reserven in Höhe von 30 zusteht. In der Bilanz der Z-OHG kann jedoch ein Ausgleichsposten nach § 4g EStG gebildet werden, sofern es sich bei der Maschine um ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt (Tatfrage). Die Auswirkungen der neueren BFH-Rechtsprechung zur Aufgabe der finalen Entnahmetheorie auf die Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG sind in diesem Zusammenhang noch nicht abschließend geklärt (dazu sogleich). Daher wird im Rahmen dieser Falllösung bis zur endgültigen Klärung zunächst auf eine Darstellung verzichtet.

Im Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ist das Grundsatzurteil des BFH vom 17.7.2008[121] zu beachten. Der BFH gibt darin seine finale Entnahmetheorie auf. Das Urteil ist jedoch ausdrücklich zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 5 EStG 1997 durch das StEntlG 1999/2000/2002 ergangen, so dass seine Auswirkungen auf die mit dem SEStEG eingeführten Entstrickungsnormen fraglich bleibt.

Nach Ansicht des BFH fehlt es in Fällen der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte zum einen an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für eine Qualifizierung des Überführungsvorgangs als Gewinnrealisierungstatbestand. Eine Entnahme iSv § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG setze eine Verwendung des Entnahmeobjekts für betriebsfremde Zwecke voraus. Die Überführung des Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte desselben Unternehmens führe jedoch nicht zur Lösung des bisherigen betrieblichen Funktionszusammenhangs. Zudem mangele es an einem Außenumsatz, so dass ein entnahmegleicher Realisationstatbestand nicht angenommen werden könne. Zum anderen bestehe, so der BFH, nach heutigem Verständnis der abkommensrechtlichen Freistellung auch kein Bedürfnis für eine Gewinnrealisierung zum Zeitpunkt der Überführung des Wirtschaftsguts. Der inländische Besteuerungszugriff auf Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte ist (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA), gehe bei Vereinbarung der Freistellungsmethode (Art. 23 A OECD-MA) nur in dem Umfang verloren, in dem das Vermögen der Betriebsstätte tatsächlich zuzuordnen sei und die realisierten Gewinne durch jene Betriebsstätte erwirtschaftet worden seien. Infolgedessen werde eine (spätere) inländische Besteuerung der im Inland entstandenen stillen Reserven durch die abkommensrechtliche Freistellung der ausländischen Betriebsstättengewinne nicht beeinträchtigt. Die frühere Rechtsprechung basiere auf einem anderen Abkommensverständnis und sei überholt.[122]

Der BFH schließt sich mit der vorgenannten Entscheidung der im Schrifttum nahezu einhellig vertretenen Auffassung[123] an, nach der das innerstaatliche Recht keine ausreichende Grundlage für einen (steuerverschärfenden) Gewinnrealisationstatbestand darstelle und die abkommensrechtliche Freistellungsmethode nach heutigem Abkommensverständnis eine Besteuerung der im Ansässigkeitsstaat entstandenen stillen Reserven durch den Ansässigkeitsstaat auch dann ermögliche, wenn das Wirtschaftsgut in den Betriebsstättenstaat verbracht und von dort weiterveräußert werde.

Der BFH spricht sich für eine Aufteilung des bei einer Weiterveräußerung des Wirtschaftsguts entstehenden Gewinns auf die ausländische Betriebsstätte und das inländische Stammhaus „nach Verursachungsbeiträgen“ aus und interpretiert damit Art. 7 Abs. 2 OECD-MA[124] offensichtlich in einem Kausal- bzw Veranlassungszusammenhang, wobei er ausdrücklich offen lässt, nach welchen konkreten Maßstäben eine Aufteilung vorzunehmen sei, da dies im Streitfall keiner Entscheidung bedurfte. Für künftige Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts, die nach dem Zeitpunkt der Überführung entstehen, sieht der BFH jedenfalls keine Besteuerungsmöglichkeit des inländischen Fiskus. Damit erteilt der BFH den in diese Richtung zielenden weitergehenden Besteuerungsansprüchen der inländischen Finanzverwaltung zu Recht eine Absage. Ferner lehnt der BFH den von der OECD favorisierten, nunmehr verabschiedeten und im MA 2010 umzusetzenden Functionally Separate Entity Approach jedenfalls nach der Rechtslage des Streitjahrs als mit innerstaatlichem deutschem Recht unvereinbar ab. Für eine Steuerentstrickung aufgrund einer strengen Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte fehle innerstaatlich die Rechtsgrundlage.

Im Anschluss an die BFH-Entscheidung vom 17.7.2008 bleiben in der Praxis viele ungelöste Fragen, auch wenn der konkrete Urteilsfall nunmehr durch § 6 Abs. 6 Satz 3 Nr 1 EStG gelöst scheint. Der Umfang des Anwendungsbereichs von § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und von § 12 Abs. 1 KStG idF des SEStEG ist dennoch als offen zu bezeichnen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Zusammenfassend lässt sich jedenfalls sagen: Problematisch an der o.g. BFH-Entscheidung vom 17.7.2008 ist insbesondere, dass die Theorie der finalen Entnahme bzw die Theorie der finalen Betriebsaufgabe, wie sie den nachfolgenden BFH-Urteilen vom 28.10.2009[125] zugrunde lagen, im Grunde als Vorlage für die Verstrickungs- bzw Entstrickungsregelungen dienten.[126] Insofern ist es nur konsequent, wenn allgemein in der Literatur davon ausgegangen wird, dass durch die genannten Urteile den allgemeinen Verstrickungs- bzw Entstrickungsregelungen des Ertragsteuerrechts der Boden entzogen worden ist.[127]

Hieran ändert auch § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG nF nichts. Danach liegt ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts insbesondere dann vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Zudem handelt es sich auch nach Ansicht des Gesetzgebers nur um eine „Klarstellung“, die das grundsätzliche Problem nicht beseitigt.

Die vorstehend dargestellte jüngere BFH-Rechtsprechung jedenfalls hat einstweilen zur Konsequenz, dass § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG nur einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich hat.[128] Nach mE zutreffender Ansicht weiter Teile des Schrifttums ist die Norm (in ihrer mutmaßlichen Auslegung durch den BFH) auf die Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische DBA-Freistellungsbetriebsstätte (et vice versa) nicht anwendbar.[129] Hinzu kommt, dass im Fall einer DBA-Anrechnungsbetriebsstätte bzw im Nicht-DBA-Fall § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG in konsequenter Anwendung bzw Fortentwicklung der jüngeren BFH-Rechtsprechung eine zukünftige Anrechnungsverpflichtung die spätere uneingeschränkte inländische Besteuerung der bereits vor der Überführung entstandenen stillen Reserven nicht gefährden kann. Und schließlich ist zu konstatieren, dass vor dem Hintergrund der og BFH-Rechtsprechung zur Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe die Anwendung der Vorschrift auch auf die Verlegung von Betrieben oder Teilbetrieben als zweifelhaft angesehen werden kann. Im Ergebnis verbleibt derzeit die Aufgabe einer inländischen Betriebsstätte durch einen beschränkt Steuerpflichtigen als wohl einziger Anwendungsbereich.[130] Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, zu beachten ist aber bereits der durch das JStG 2010 neu in das Gesetz gekommene § 16 Abs. 3a EStG. Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht danach der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich und § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG gilt entsprechend. Damit ist die „finale Betriebsaufgabe“ nunmehr auch gesetzlich verankert.[131]

§ 1 Die internationale Dimension des Steuerrechts › C. Begründung, Ausschluss und Beschränkung des Besteuerungsrechts › II. Wegzugsbesteuerung bei natürlichen Personen (§ 6 AStG)

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