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Teufelswesen

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Bald darauf pfiff nicht nur Ludovico die Spielmannsweise mit, die so gut ins Ohr ging. Auch die Ritter stimmten mit ein, und Xenia kramte ein kleines Tamburin hervor, das sie erst vor einigen Tagen beim Billigen Jakob gegen eine Pastete von Don Basilico getauscht hatte, und schlug damit den Takt des Liedes. Nur Marius blieb still.

»Was behagt ihm denn nicht?«, fragte Meister Goldauge, der auf seiner Schulter saß und majestätisch den Schnabel in den Wind hielt.

»Ich weiß nicht, mein Freund.« Marius’ Blick wanderte unruhig umher. »Es ist nur so ein Gefühl...«

»Ein Gefühl? Was meint er mit Gefühl? Liegt ihm etwas im Magen? Hat er wieder zu viel gegessen? Typisch Mensch.«

»Nein, nein, Meister Goldauge, das ist es nicht. Es ist mir nur, als ...«

In diesem Augenblick bäumte sich Ludovicos Pferd auf und machte einen Satz zur Seite. Auch Marius’ Pferd scheute und ließ sich nur schwer im Zaum halten. Goldauge und Florine flatterten auf. »Zum Teufel!«, rief einer der Ritter und preschte herbei. Dann ging alles ganz schnell.

»Da haben wir das Biest!«, triumphierte der Ritter und hielt an seiner Lanze einen langen, wild um sich schlagenden Schwanz hoch. Marius erkannte das Tier. Es war eine Schlange! Der Ritter hatte sie mit der Spitze seines Speers mitten durch den Kopf aufgespießt – und dennoch peitschte das Reptil hin und her und warf seinen sterbenden Körper in die Luft.

»Wirklich gruselig«, entfuhr es Xenia, die neben Marius zum Stehen kam und immer noch ein wenig mit ihrem Tamburin rasselte. Doch war es nun nicht mehr ihr Wille, Musik zu machen, sondern das Zittern ihrer Hand.

Ludovico indes hatte sein Pferd wieder im Griff und sprach zu dem Mann mit der Lanze. »Ritter Tuck, habt Dank für Euren Mut und Eure Hilfe. Das werde ich Euch nie vergessen.«

Der Ritter legte die Faust auf seine Brust und neigte das Haupt vor Ludovico: »Mein Herr, wann immer ich etwas für Euch tun kann, es wird mir eine große Ehre sein.«

»Nun«, sagte Ludovico, »so beehrt Euch doch, mir Euren Fang zu zeigen.«

»Die Schlange?«

»Ganz recht, die Schlange.«

»Aber Schlangen sind Teufelswesen!«, sagte der Ritter erschrocken und sein roter Bart bebte.

»Seid unbesorgt, mein Freund. Ich bin im Kloster aufgewachsen. Mir kann nichts Teuflisches etwas anhaben.«

Der Ritter nickte und nahm die Schlange widerwillig von der Lanze. Immer noch zuckte der tote Körper, doch nur noch schwach. Die Augen waren gelb und giftig, es sah aus, als beobachtete sie die Menschen, ja als warte die Schlange nur auf den geeigneten Zeitpunkt, um doch noch zuzubeißen. Voll Neugier betrachtete Ludovico das Reptil, befand es aber dann als nicht besonders interessant, und so wandte er sich ab, um sein Gespräch mit Fürst Heinrich fortzusetzen, der ihn mit einem gewissen Respekt beobachtet hatte.

»Wenn das nur kein Fingerzeig des Himmels ist«, flüsterte Florine, die sich neben Meister Goldauge auf dem Dach der Kutsche niedergelassen hatte.

»Du meinst, wir dürfen auf reichlich fette Würmer hoffen?«

»Dummkopf«, zischte die Papageiendame. »Die Schlange könnte ein böses Omen sein.«

»Ach«, sagte der Rabe. »Ich glaube nicht an Omen. Wenn es danach ginge, müsste überall Unglück sein, wo ich auftauche. Gelten doch Raben schon immer als Unglücksboten.«

»Falls Ihr die Schlange nicht mehr braucht«, sagte Golo, der das Tier fasziniert angestarrt hatte, plötzlich zu dem Ritter, »so würde ich sie gerne haben.«

»Das könnt Ihr«, sagte der Ritter und hielt ihm die Lanze mit dem Reptil hin.

»Schlange am Spieß«, murmelte Golo und rollte die Augen, während ihm ein Speichelfaden vom Mundwinkel tropfte. Marius und Xenia schauten weg, sie wollten gar nicht wissen, wozu Golo die Schlange haben wollte.

Das Rabenorakel

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