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Vielstimmigkeit und Konstruktionsprozesse

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Wie lassen sich die Prozesse der Kommunikation zwischen den beteiligten Personen beschreiben, mit deren Hilfe Bedeutungen hergestellt werden? Im sozialkonstruktionistischen Diskurs haben sich diesbezüglich Begriffe wie »Vielstimmigkeit« und »Unterschiede in Vielfachbeschreibungen« etabliert.

Die Ideen bezüglich Polyfonie, die Bachtin (1985) in seiner literaturtheoretischen Auseinandersetzung mit Dostojewskis Romanen entwickelte, unterstützen Formen der Beschreibung kommunikativer Prozesse, die das dominante Modell der Psychopathologie auf den Kopf stellen: Die Äußerungen von Klienten und Therapeuten werden als gleichwertig angesehen. Diese Auffassung wurde maßgeblich von Harry Goolishian und Harlene Anderson entwickelt (1989): Sie sprechen vom »Nichtexpertentum« und »Nichtwissen der Experten« einerseits und dem »Expertentum der Klienten« andererseits. Daraus leitet Anderson (1999) die gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Klienten und Beratern als »geteiltes Expertentum« ab, das kokreative Zusammenarbeit zwischen Klienten und Therapeuten ermöglicht.

Unterschiedliche Äußerungen eröffnen »dialogische Räume« für eine bessere Verständigung zwischen den beteiligten Personen (Penn 2009), die neue Ideen und Handlungsspielräume erschließen und soziale Konstruktionsprozesse in Gang bringen. So entfalten und transformieren sich Bedeutungen im fortwährenden Prozess von Bedeutungsvorschlägen und Ergänzungen (Gergen 2002). Dabei kommt es weniger auf die eine passende Beschreibung an, sondern eher auf die Koordination der vielen gleichwertigen Beschreibungen.

Systemische Therapie und Beratung – das große Lehrbuch

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