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4. Zwischen Verinnerlichung und Imagination

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Im frühen Mittelalter zeichnen sich im Blick auf die Lehre vom Bösen keine Aufsehen erregenden Änderungen ab. Doch bedeuten das 12. und 13. Jahrhundert mit ihrer Wende zu einem der Welt zugewandten Denken für die Frage des Bösen eine unmerkliche Verschiebung. Man spricht von einer „steigenden Flut weltlichen Denkens“, was schließlich zu (modern gesagt) starken humanistischen Tendenzen führt. Thomas von Aquin (1225–1274) präsentiert eine traditionelle, ausgewogene und umfassende Analyse des Bosheitsproblems. Er verbleibt im magischen Dreieck von „Beraubung an Gutem“, individueller Freiheit und vererbter Schuld, doch unterzieht er die Thematik einem nüchternen analytischen Zugriff. Der geradezu mythische Schuldcharakter der „Ursünde“ wird jetzt nüchtern differenziert und von der persönlich verantworteten Schuld sorgsam unterschieden (Sertillanges, I, 195); die innerhalb der Ehe vollzogene Sexualität gilt jetzt definitiv nicht mehr als Sünde (M. Müller), und die Möglichkeiten der Hölle werden mit scharfen Bedingungen umstellt (Vorgrimler). Vielleicht muss sich der Schrecken vor dem Bösen deshalb nicht mehr so dramatisch auswirken, weil es in Liturgie und Brauchtum ständig bearbeitet wird und weil inzwischen auch die priesterliche Vollmacht zur Vergebung der Sünden eindeutig geregelt ist.

Das Böse in den Weltreligionen

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