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Das Umland

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Eine spezifische Bindung des Umlands an die Stadt wird in der Bischof Thietlach zugeschriebenen Mauerbauordnung deutlich. Dort sind unter anderem die Orte genannt, die einen Beitrag zur Erhaltung der Wormser Stadtmauer zu leisten hatten. Dabei handelt es sich um die Dörfer den Rhein entlang entsprechend der Bistumsgrenzen von Dienheim im Norden bis Oggersheim und Hemmingesheim (wüst bei Friesenheim) im Süden, sowie die Orte am Oberlauf der Pfrimm, den Eisbach entlang bis Mertesheim und den Karlbach entlang bis Kirchheim a.d. Weinstraße61 (vgl. Karte 6).

Fast alles, was wir ansonsten über das Umland wissen, verdanken wir der urkundlichen Überlieferung von Lorsch (gegründet 764) und Fulda (gegründet 744), in geringerem Maße auch Weißenburg, Hersfeld und Prüm, während die Urkunden für die Wormser Bischofskirche fast alle verloren sind62: Namen der Schenker, Zeugen und Nachbarn, Zahl und Namen der geschenkten Unfreien, Besitzgröße und ansatzweise die landwirtschaftliche Struktur. Der Umfang der Schenkungen reichte von einem Weingarten oder einem Tagewerk (ca. 0,25 ha) Ackerland bis hin zu riesigen Gutskomplexen mit über einhundert, über mehrere Orte verteilten Unfreien. Als einzige Motivation ist in den Quellen das Seelenheil der Schenker oder bestimmter Begünstigter genannt; dies ist auch durchaus ernst zu nehmen, schließt aber andere Gründe nicht aus: Oftmals wurde das verschenkte Land als so genannte Prekarie, zum Teil noch vermehrt um andere Güter des Klosters, sofort wieder an den Schenker verliehen, der nun zwar nicht mehr der Eigentümer des Guts war, sich aber möglicherweise wirtschaftlich verbessert hatte. Von der Schenkung an die Klöster versprach man sich den Schutz der Heiligen, die ja eigentliche Empfänger der Schenkung waren und den durchaus weltlichen Schutz des mächtigen Abtes gegen die in dieser Zeit belegten Unterdrückungsversuche der Großen63. Freilich übten auch mächtige Geistliche, Bischöfe und Äbte Druck aus, um Schenkungen zu erhalten64.

Zu den Orten, die in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts erstmals in den Quellen genannt werden, gehören auch fast alle heutigen Wormser Stadtteile, in denen Landschenkungen vor allem an Lorsch gemacht wurden. In der Wormser Diözese finden sich mit (Mannheim-)Seckenheim, (Heidelberg-)Handschuhsheim und Dienheim bei Oppenheim drei Orte, die zu den am besten belegten Dörfern der Karolingerzeit überhaupt gehören. Während für Seckenheim 58 und für Handschuhsheim immerhin 120 Schenkungen an Lorsch bekannt sind, summieren sich die Schenkungen, die in Dienheim an Lorsch, Fulda, vereinzelt auch an Prüm und Hersfeld gingen, auf 15365. Diese Zahl wird von keinem anderen Dorf der Karolingerzeit in Europa erreicht und bietet die einmalige Gelegenheit, die innere Struktur eines Dorfes dieser Zeit zu untersuchen. Über den Zeitraum von etwa drei Generationen, von 754 bis 840, sind die Namen von mindestens 215 Landbesitzern in Dienheim bekannt, vom König bis zum kleinen Bauern. Die Größe der königlichen Villa, das heißt des Hofs, der 782 an Fulda geschenkt wurde, und die Anzahl der darauf lebenden Menschen sind leider unbekannt, werden aber wahrscheinlich keinen geringen Teil der Bevölkerung ausgemacht haben. Auch Angehörige der großen Familien des Wormser Raums und des Mittelrheingebiets waren hier begütert, insbesondere die Mitglieder der Familie der Rupertiner66 in Person eines oder mehrerer Grafen Rupert und der Gott geweihten Rachilt67. Auch zahlreiche geistliche Herren und Institutionen, wie Bischof Freido von Speyer, Bischof Richbod von Trier, der zugleich Abt von Lorsch war, die Klöster St. Alban in Mainz und St. Maximin in Trier hatten Besitz in Dienheim. Daneben sind dort auch solche Menschen bezeugt, die entweder gar nicht außerhalb des Dorfs oder nur in der unmittelbaren Umgebung auftraten. Sie scheinen in Dienheim ansässig gewesen zu sein, wie auch die über 140 Unfreien, die wir zum größten Teil namentlich kennen, weil über sie bei Besitzschenkungen mitverfügt wurde. Der Grundbesitz war also sehr zersplittert und lag, wie Anliegernennungen zeigen, bunt durcheinander verstreut in der marca. In den Weinbaugebieten des Wormser Raums bestand eine landwirtschaftliche Einheit, die von einer freien oder unfreien Bauernfamilie bewirtschaftet wurde, in der Regel aus etwa zwei bis sieben Weingärten, die einen Ertrag von je ein oder zwei Wagenladungen Wein hatten, und 10 bis 20 iurnales, das heißt Tagwerken Ackerland, also ca. 2,5 bis 5 ha, mitsamt einigen Wiesen68.

Über die Größe der Siedlungen und die Zahl der Einwohner sind kaum allgemeine Aussagen möglich. Obwohl es sicherlich auch kleinere Siedlungen gab, so ergibt sich doch in vielen Orten mit einer ausreichenden Überlieferung eine Anzahl von ca. 20 bis 30 Betriebsstätten69, in Dienheim dürften es sogar 60 gewesen sein70.

Auch wenn das frühmittelalterliche Dorf im Wormsgau im Wesentlichen landwirtschaftlich geprägt war, so darf man sich doch keine romantischen Vorstellungen von einer relativ statischen, ortsgebundenen, hauptsächlich durch Subsistenzwirtschaft geprägten Lebensweise machen. Es überrascht nicht, wenn wir auch im Wormser Raum Anzeichen für regen Handel finden71. In Dienheim wie in der Wüstung Zullestein nahe Lorsch gab es Rheinhäfen oder zumindest Fähren; in Dienheim sind um 800 Waage und Zoll belegt72, während es im benachbarten Alsheim in merowingischer Zeit sogar eine Münzprägestätte gab73; Ladenburg scheint ein wirtschaftliches Zentrum gewesen zu sein.

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