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2. Die Theologische Tradition – weitere Interaktion mit Philosophie und Mystik

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Mit dem Wirken as-Suhrawardīs tritt in der Geistesgeschichte des Islam ein Stadium ein, in dem sich mystische Traditionen auch in den Details terminologischer und technischer Konzeptionen stark an die Begrifflichkeit und Fragestellungen der philosophischen Tradition angenähert haben. Autoren können problemlos zwischen beide Bereiche wechseln beziehungsweise beide Traditionen verschmelzen ununterscheidbar miteinander. Schon der Fall von al-Ġazālī hatte gezeigt, wie das Wirken eines bedeutenden Autors das Verhältnis von Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaft und Mystik in vollständig neue Bahnen lenken konnte. Im Laufe des 13. Jahrhundert führt die Rezeption der Werke des Faḫr ad-Dīn ar-Rāzī, vor allem seines al-Mulaḫḫaṣ fī l-ḥikma, jedoch zu einer grundlegenden Neudefinition der theologischen Tradition des kalām. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts, im Wesentlichen in der Zeit der mongolischen Dynastie der ilḫaniden, übernehmen mutakallimūn verschiedener Konfessionen (der imāmitische Schiit Naṣīr ad-Dīn aṭ-Ṭūsī, der māturīditische Sunnit Šams ad-Dīn as-Samarqandī, die ašʿaritischen Sunniten Nāṣir ad-Dīn al-Bayḍāwī und ʿAḍud ad-Dīn al-Īǧī) ein völlig neues Formular als Standardaufbau ihrer theologischen Werke:

Sie wählen als Grundstruktur diejenige von Faḫr ad-Dīn ar-Rāzīs al-Mulaḫḫaṣ fī l-Ḥikma. Dabei wird im weiteren Verlauf der Rezeption die Feinstruktur des letzten Teils über divinalia erheblich ausgebaut. Sie orientiert sich dabei im Detail an einem andern Werk des Faḫr ad-Dīn ar-Rāzī, seinem Muḥaṣṣal afkār al-mutaqaddimīn wa-l-mutaʾaḫḫarīn (Quintessenz der Gedanken der Altvorderen und der Späteren).39 Auch um diese theologischen Summen entwickelt sich eine Kommentierungstradition, innerhalb derer wir dieselben Trends und Entwicklungen identifizieren können wie im Bereich der philosophischen Tradition, also insbesondere das Zunehmen von Elementen der illuminationsphilosophischen Lehre.40

Dieser neue Typ von theologischen Summen ist im Wesentlichen nur in der ilḫanidenzeit produktiv (at-Taftāzānīs Werke, die etwas später am Hofe Tīmūrs in Samarqand entstanden sind, bilden hier die Ausnahme) – sie markieren jedoch ein völlig neues Stadium in der systematischen philosophischen Durchdringung theologischen Denkens im Islam. Der Aufbau dieser Werke, die im Laufe der folgenden Jahrhunderte als Klassiker präsent bleiben und immer wieder durch Kommentierungen aktualisiert werden, definiert für das spätere Verständnis die Themen von Theologie – ein Bereich, in dem die früheren äußerst heterogenen Traditionen theologischen Denkens im Islam deutliche Defizite aufzuweisen hatten.

Während Faḫr ad-Dīn ar-Rāzīs al-Mulaḫḫaṣ fī l-ḥikma im Bereich der Theologie weitgehend die Basisstruktur bestimmte, kehrten viele Werke der philosophischen Tradition wieder zur altvertrauten Einteilung in Logik/Physik/Metaphysik zurück – allerdings ist auch hier ein großer Teil der Werke in seinen Unterstrukturen durch den al-Mulaḫḫaṣ fī l-ḥikma beeinflusst (insbesondere die oben bereits erwähnten Hidāyat al-ḥikma von Aṯīr ad-Dīn al-Abharī und Ḥikmat al-ʿayn von al-Kātibī al-Qazwīnī).

Islamische Philosophie im Mittelalter

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