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3. Gesetzliche Erlaubnistatbestände
ОглавлениеSchließlich kommt im Falle des Fehlens oder eines Widerrufs der Einwilligung noch der Rückgriff auf einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand für die Datenverarbeitung in Betracht. Freilich wird im datenschutzrechtlichen Schrifttum vereinzelt vertreten, dass ein solcher Rückgriff ausgeschlossen sei, wenn sich der Anbieter zunächst eine Einwilligung des Betroffenen verschafft hat.33 Diese strenge Auffassung ist aber mit der wohl h.M. abzulehnen, weil nicht einzusehen ist, warum die Schaffung einer zusätzlichen Rechtfertigung für die Datenverarbeitung durch die Einwilligung eine bereits gesetzlich zulässige Verarbeitung rechtswidrig machen sollte.34 Dies gilt umso mehr, als im Hinblick auf die genaue Reichweite der gesetzlichen Erlaubnistatbestände große Rechtsunsicherheit besteht, sodass die verantwortlichen Stellen selbst beim (wahrscheinlichen) Vorliegen gesetzlicher Erlaubnistatbestände gut beraten sind, vorsorglich zusätzlich eine Einwilligung einzuholen.35
Als einschlägiger gesetzlicher Erlaubnistatbestand kommt insbesondere Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO in Betracht. Danach ist die Datenverarbeitung zulässig, wenn sie „für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, ... erforderlich [ist]“. Dieser Erlaubnistatbestand könnte so weit auszulegen sein, dass er – über die selbstverständlich zulässige Verarbeitung der Adress- und Kontodaten für die Auftragsabwicklung – auch diejenige Datenverarbeitung umfasst, die der Anbieter zur Refinanzierung seiner Dienstleistung vornimmt. Dafür könnte angeführt werden, dass die Erfüllung des Vertrages aus Sicht des Anbieters nur (nachhaltig) möglich ist, wenn auch die Refinanzierung (z.B. durch Werbung) gesichert ist.36 Dagegen spricht allerdings entscheidend, dass es der Anbieter dann alleine in der Hand hätte, zu bestimmen, welche Datenverarbeitung er vornehmen darf: Durch die Gestaltung seines Geschäftsmodells, insbesondere der Refinanzierungsquellen, könnte er sämtliche dafür erforderlichen Datenverarbeitungen und -weitergaben gewissermaßen selbst autorisieren. Der Betroffene wäre hierüber völlig im Unklaren, weil der Anbieter sein Geschäftsmodell und die dafür erforderlichen Datenverarbeitungsvorgänge ihm gegenüber nicht offenlegen muss. Dementsprechend könnte der Betroffene noch nicht einmal durch die Abstandnahme vom Vertragsschluss eine solche Datenverarbeitung verhindern, weil er schlicht nicht wüsste, welche Verarbeitungsvorgänge der Anbieter in diesem weiten Sinne „zur Erfüllung eines Vertrags“ vornimmt.37 Eine derart weite Auslegung des Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO ist daher abzulehnen.38
Gleiches gilt für den Rechtfertigungsgrund der „Wahrung berechtigter Interessen“ gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Zwar kann nach Erwägungsgrund 47 a.E. der DSGVO auch die Datenverarbeitung „zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“ Bereits im Eingangssatz desselben Erwägungsgrund wird aber auf die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen“ abgestellt, die sich in aller Regel gegen eine potenziell uferlose Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu Werbezwecken – ggfs. noch unter Einschaltung von Drittanbietern – aussprechen werden. Mit dem Begriff „Direktwerbung“ (englisch: direct marketing) ist daher nach dem Gesamtkontext des Erwägungsgrund 47 nur die konventionelle Direktwerbung im Rahmen bestehender Kundenbeziehungen gemeint, nicht hingegen das targeted advertising.39
Die gesetzlichen Erlaubnistatbestände sind für die geschilderten datengetriebenen Geschäftsmodelle daher nicht ergiebig; es kommt allein auf die Einwilligung an.