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a) Daten als Gegenleistung i.S.v. §§ 320ff. BGB?

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Denkbar ist zunächst, datenschutzrechtliche Einwilligung und „Gegenleistung“ als Teile eines Synallagmas i.S.d. §§ 320ff. BGB anzusehen.67 Das würde bedeuten, dass der Gläubiger seine eigene Leistung nach § 320 BGB zurückhalten könnte, solange eine geschuldete Einwilligung noch nicht erteilt ist. Dagegen bestehen allerdings gravierende Bedenken, weil § 320 BGB dogmatisch das Bestehen zweier synallagmatischer Ansprüche voraussetzt und wirtschaftlich ein Zwangsmittel zur Durchsetzung eines Anspruchs darstellt.68 Dieses verstieße wiederum gegen das Gebot der Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung, insbesondere im Hinblick auf das Koppelungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DSGVO, weil der Gläubiger durch die Geltendmachung der Einrede des § 320 BGB tatsächlich die Erfüllung des bereits geschlossenen Vertrags von der Erteilung der Einwilligung abhängig machen würde.69

Vertreten wird zudem, dass ein Gläubiger, der bereits vorgeleistet hat, gemäß § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten und seine bereits erbrachte Gegenleistung zurückfordern könne, wenn die vertraglich versprochene Einwilligung ausbleibt.70 Sofern die Gegenleistung – wie in den meisten Fällen – in einer bloßen Dienstleistung bestand, müsste der Betroffene hierfür dann nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB Wertersatz leisten, sogar wenn er selbst ursprünglich keine monetäre Leistung (sondern nur die Einwilligung in die Datenverarbeitung) erbringen wollte. Hierin läge nach dem oben Ausgeführten ein Nachteil für den Betroffenen, der mit dem Widerruf der Einwilligung verbunden wäre und der Einwilligung gem. Erwägungsgrund 42 Satz 4 DSGVO ihre Freiwilligkeit nähme.71 Hinzu käme als weiteres Problem, dass auch der Datengläubiger nach einem Rücktritt die erhaltene Leistung – also die Nutzungsbefugnis bezüglich der personenbezogenen Daten des Kunden aufgrund von dessen Einwilligung – zurückgewähren müsste. Das widerspräche zum einen der fehlenden Rückwirkungswirkung der Einwilligung (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 DSGVO) und würde zum anderen zu dem praktischen Problem führen, dass die Daten nicht in Natur zurückgegeben werden können, sodass (auch) hierfür Wertersatz zu leisten wäre (§ 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Dieses Ergebnis – wechselseitige Geldzahlungspflichten – würde den Interessen beider Parteien zuwiderlaufen.

Auch aus Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Digitale Inhalte-Richtlinie72 folgt nichts anderes: Diese Vorschrift erstreckt zwar den Anwendungsbereich der Richtlinie auf Verträge, bei denen die Gegenleistung des Verbrauchers in der Bereitstellung personenbezogener Daten besteht, sagt aber nichts über die dogmatische Einordnung dieser Verträge aus.73

Gleichwohl lässt sich nicht leugnen, dass die datenschutzrechtliche Einwilligung für viele Geschäftsmodelle geradezu unabdingbare (faktische) Voraussetzung ist. So kann etwa eine Versicherung die Prämie für einen Telematiktarif nicht kalkulieren, wenn sie keinen Zugriff auf die Fahrdaten des Kunden hat. Die Möglichkeit einer Reduktion des Versicherungstarifs ist eine Konsequenz der gesammelten Fahrdaten, indem die Risikoeinstufung des Fahrers auf deren Grundlage präzisiert werden kann. Um eine „Gegenleistung“ im rechtlichen Sinne handelt es sich dabei aber nicht. Ähnlich liegt es bei sozialen Netzwerken, soweit es um die Einwilligung in die Weiterverbreitung der nutzergenerierten Inhalte geht: Hierbei handelt es sich um die Kernaufgabe des sozialen Netzwerks als Anbieter,74 die nur erfüllt werden kann, wenn die datenschutzrechtliche Einwilligung für die Weiterverbreitung dieser Daten besteht. Auch hier ist die Generierung der Inhalte durch die Nutzer Voraussetzung, nicht Gegenleistung für deren Weiterverbreitung.

Fehlt eine derartige faktische oder wirtschaftliche Voraussetzung für die Erbringung der „Gegenleistung“ durch den Anbieter, ohne dass ein synallagmatischer Vertrag vorliegt, so kennt das BGB verschiedene andere Reaktionsmöglichkeiten jenseits der §§ 320ff. BGB, die im Folgenden auf ihre Passung für die geschilderten datengetriebenen Geschäftsmodelle zu untersuchen sind.

Festschrift für Jürgen Taeger

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