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1648 Der Westfälische Frieden
ОглавлениеEr gilt bis heute als Vorbild internationaler Konfliktlösung und als Meisterwerk der Diplomatie. Der Westfälische Frieden von 1648 schuf die Grundlagen für ein künftiges Völkerrecht und setzte Regeln für eine internationale Konfliktbewältigung. Vor allem jedoch beendete er einen Krieg, der an Grausamkeit bis dahin ohne Beispiel war.
Dieser »Krieg der Kriege« war durch eine Posse ausgelöst worden: Teilnehmer einer böhmischen Ständeversammlung in Prag hatten im Mai 1618 zwei kaiserliche Statthalter und einen Schreiber aus dem Fenster geworfen – die Tat ging als »Prager Fenstersturz« in die Geschichtsbücher ein. Die drei Männer hatten dank eines Misthaufens im Burggraben überlebt, doch die Lunte war ans Pulverfass gelegt worden. Es ging um Religionsfreiheit und politische Eigenständigkeit, um die Machtbalance zwischen Kaiser und Landesfürsten. Ein Kampf, ausgetragen unter dem Deckmantel der Religion. Das Nebeneinander der Konfessionen, wie es der Augsburger Religionsfriede aus dem Jahr 1555 festgeschrieben hatte, erwies sich immer mehr als äußerst fragiles Gebilde, das jetzt endgültig zerbrach. Als die mehrheitlich protestantischen Böhmen den katholischen König Ferdinand II. kurzerhand absetzten, kam es zum offenen Konflikt. Es folgte eine Spirale der Gewalt, die immer weitere Kreise zog. Nachdem die protestantische Seite mehrere bittere Niederlagen einstecken musste, traten Dänemark und Schweden auf den Plan, schließlich auch Frankreich. Längst ging es nicht mehr um »evangelisch« oder »katholisch«, sondern allein um die Macht in Mitteleuropa.
Über Jahre zogen die bunt zusammengewürfelten Söldnerscharen beider Seiten plündernd durchs Land und beuteten die Bevölkerung hemmungslos aus, ganze Landstriche wurden buchstäblich kahl gefressen. Seuchen und Hungersnöte brachen aus, die in vielen Teilen des Reiches mehr Opfer forderten als die eigentlichen Kampfhandlungen. Erst sehr spät setzte sich bei den beteiligten Mächten die Erkenntnis durch, dass eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld letzten Endes wohl nicht zu erzwingen war. Doch erst nach jahrelangen, zähen Verhandlungen rangen sich die Kriegsparteien dazu durch, dem Hauen und Stechen tatsächlich ein Ende zu setzen.
Das komplizierte Regelwerk, das schließlich am 24. Oktober des Jahres 1648 in Münster und Osnabrück unterzeichnet wurde, schuf eine Balance der Mächte in Mitteleuropa, die für die nächsten 150 Jahre Bestand haben sollte. Es stärkte die Rechte der Landesfürsten und schwächte die Rolle der Zentralgewalt. Die Konfessionen traten wieder in ein vertraglich geregeltes Miteinander. Als die Urkunden schließlich feierlich unterzeichnet waren, läuteten im ganzen Reich und vielen Teilen Europas die Glocken. Die Menschen bejubelten das Ende der mörderischen Zeit und hofften auf einen dauerhaften Frieden.