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1824 Beethovens »Neunte«

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Der 7. Mai 1824 markiert eine wahre Sternstunde – die Uraufführung eines unsterblichen musikalischen Werkes: Zum ersten Mal erklang Beethovens 9. Symphonie mit der bewegenden »Ode an die Freude«. Heute ist sie eine weltweite Hymne für Frieden und Völkerverständigung, von der UNESCO geadelt als Teil des Welterbes.

Den frenetischen Beifall nahm er nicht wahr: Völlig ertaubt, stand Ludwig van Beethoven mit dem Rücken zum Publikum, das ihn nach der Uraufführung seiner 9. Symphonie bejubelte. Erst als eine Sängerin ihn an der Schulter fasste und zum Publikum drehte, sah er die begeisterte Menge. Das letzte vollendete Orchesterwerk Beethovens war vom ersten Tag mehr als nur ein großer Erfolg. Während die ersten drei Instrumentalsätze mit ihrer grandiosen Architektur, Instrumentierung und Themenverarbeitung eine Zäsur in der Musikgeschichte markierten und richtungweisend für die Romantik waren, ist der vierte Satz heute weltweit eines der populärsten klassischen Werke und ein Symbol friedlichen Miteinanders aller Menschen.

Hier hatte Beethoven erstmals die menschliche Stimme in ein symphonisches Werk eingebracht – und tatsächlich ist es die chorale Version von Friedrich Schillers »Ode an die Freude«, mit der sich die Komposition zu allen Zeiten ins Gedächtnis der Menschheit eingebrannt hat. Dabei zweifelte Beethoven lange an dieser Idee und dachte selbst gegen Ende des Jahres 1823 über ein »finale instromentale« nach. Selbst nach der begeistert aufgenommenen Uraufführung soll der Komponist noch erwogen haben, das Chorfinale gegen einen rein instrumentalen Schlusssatz auszutauschen. Heute undenkbar, denn das Hauptthema des letzten Satzes ist seit dem Jahr 1972 die offizielle Europahymne.

Noch mehr Bedeutung erlangte das Werk mit dem Ende des Kalten Krieges: In den rauschhaften Wochen zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung führte der weltbekannte Dirigent Leonard Bernstein mit hochkarätigen Musikern aus der ganzen Welt die 9. Symphonie in Berlin auf, einmal im Osten und einmal im Westen der Stadt. Mehr noch: Bernstein änderte den Text, sodass im Finale der Symphonie nun anstatt der »Freude« die »Freiheit« als »schöner Götterfunken« gepriesen wurde. Dieser Eingriff in das Original hob den Gedanken der weltumspannenden Brüderlichkeit hervor und machte ihn hochaktuell, gab der Symphonie eine Symbolkraft in ganz Osteuropa. Diese Bedeutung war auch ein Grund dafür, warum die UNESCO die Handschrift der Symphonie im Jahr 2001 sogar in das Weltdokumentenerbe aufnahm: als nur eines von zehn Dokumenten aus Deutschland.

Die Sternstunden der Deutschen

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