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1356 Die Goldene Bulle
ОглавлениеSie war das erste dauerhafte »Grundgesetz« des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, regelte die Wahl und Krönung der deutschen Könige und schrieb die Rechte und Pflichten der Kurfürsten fest: die Goldene Bulle von Kaiser Karl IV. aus dem Jahr 1356 – so genannt wegen der Kapseln aus Goldblech (lateinisch »bulla«), die das Siegel schützten.
Nachdem es immer wieder Machtkämpfe um die Königswürde gegeben hatte, ging es Kaiser Karl IV. mit seinem »Kaiserlichen Rechtsbuch« vor allem darum, die Strukturen seines Reiches zu stabilisieren. Anders als in Frankreich oder England, wo sich Erbmonarchien etablieren konnten, wurden die deutschen Könige, die sich zumeist vom Papst in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches krönen ließen, von den Reichsfürsten gewählt, die selbst als Landesherren in einem der zahlreichen Mittel- und Kleinstaaten des Reiches herrschten. Ein neues Gesetz sollte nach Karls Willen endlich für alle Zeiten festlegen, wie der deutsche König zu wählen war – und zwar so, dass von nun an kein Streit mehr entstehen konnte. Daher hatte Karl Reichsfürsten, Erzbischöfe und die Abgesandten wichtiger Städte Ende November des Jahres 1355 nach Nürnberg geladen. Dort konnte er allerdings zunächst nur einen Teil seiner Ziele erreichen. Die Lösung der offenen Fragen vertagte man auf den »Hoftag« in Metz, auf dem am 25. Dezember anno 1356 schließlich die Goldene Bulle verkündet wurde.
Verbindlich festgelegt wurden darin zum Beispiel die sieben Kurfürsten: die Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen. Der deutsche König konnte nun von diesem Kreis mit einfacher Mehrheit gewählt werden – eine ganz wichtige Neuerung. Der Papst dagegen verlor sein Mitspracherecht bei der Wahl. Penibel wurde auch der rituelle Ablauf der Königswahl geregelt: In Frankfurt wurde gewählt, in Aachen gekrönt. Für ihr Entgegenkommen erhielten die Kurfürsten zahlreiche Rechte, die sogenannten Regalien. Gemäß diesen wurden die Kurfürstentümer unteilbar, nur der erstgeborene eheliche Sohn – sofern er denn kein Geistlicher war –, erbte die Kurwürde.
Mit der Bulle wurde deshalb auch ein wichtiger Grundstein für den bis zum heutigen Tag fortwirkenden und stark ausgeprägten deutschen Föderalismus gelegt. Für Karl IV. war die Goldene Bulle ebenfalls ein voller Erfolg. Hatte es vorher oft Zwist und Hader bei der Königswahl gegeben, war das nun vorbei – für lange Zeit. Das Gesetz war 450 Jahre in Kraft, bis zum Ende des Alten Reiches 1806.