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1873 Schliemann findet den »Schatz des Priamos«
ОглавлениеAls Kaufmann hatte er international Karriere gemacht, doch sein großer Traum war ihm wichtiger: die von dem Dichter Homer beschriebene, sagenumwobene Stadt Troja zu finden. Und tatsächlich schien er im Juni 1873 endlich am Ziel zu sein.
Im Morgengrauen des 15. Juni 1873: Metall blinkt in den Fugen der Bastion von Troja. Der Archäologe Heinrich Schliemann klettert näher, erkennt Gold: »In größter Eile schnitt ich den Schatz mit einem großen Messer heraus, was nicht ohne die allergrößte Kraftanstrengung und die furchtbarste Lebensgefahr möglich war; denn die große Festungsmauer drohte jeden Augenblick über mir einzustürzen. Aber der Anblick machte mich tollkühn, und ich dachte nicht an Gefahren.« Schliemann hob Schilde, Prunkgefäße, Diademe, Armbänder, Ketten und Zeremonialäxte – insgesamt 8830 Objekte aus Gold, Elektron, Silber und Bronze. Er war überzeugt, auf den »Schatz des Priamos« und damit auch auf das Troja des legendären Dichters Homer gestoßen zu sein. Ein unglaubliches Glück, denn fast drei Jahre hatte der Abenteurer mit 150 Arbeitern gegraben, ein Vermögen investiert und den Spott der Wissenschaftselite auf sich gezogen – nun endeten die Grabungen anstatt mit der sich abzeichnenden Enttäuschung mit einer Sensation.
Die Umstände der Entdeckung wiesen freilich Ungereimtheiten auf. Obwohl Schliemann regelmäßig Tagebuch führte, findet sich kein detaillierter Bericht über den Fund des Priamos-Schatzes. Auch die Angaben über den genauen Fundort und das Datum wurden mehrfach von ihm verändert. Um den unglaubwürdig gewordenen Heinrich Schliemann kreisten fortan Spekulationen und Gerüchte. Etwa, dass er selbst den Schatz bei Juwelieren habe anfertigen lassen – zu Unrecht, wie sich später herausstellte.
Dennoch warfen all diese Halbwahrheiten einen Schatten auf Schliemanns archäologische Leistung – ebenso wie die Kritik an seinen, zumindest aus heutiger Sicht, eher unvorsichtigen Grabungsmethoden: Berüchtigt ist der »Schliemann-Graben«, den er auf der Suche nach Troja durch den Stadthügel des türkischen Ortes Hisarlik trieb und bei dem er einige hellenistische Bauten zerstörte.
Dabei war der Autodidakt aus Deutschland seiner Zeit voraus, indem er zum Beispiel Ingenieure auf dem Grabungsfeld einsetzte. Und auch wenn der »Schatz des Priamos« nicht aus der Zeit des Dichters Homer stammte, ist Heinrich Schliemann doch die Entdeckung Trojas ebenso zu verdanken wie das Wissen um die zuvor unbekannte vorgriechische mykenische Kultur. Der Pionier seiner Zunft starb am 26. Dezember 1890 in Neapel. In seinem Elternhaus in Ankershagen befindet sich heute ein Museum, auch Fernsehformate folgen seinen Spuren.