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2.Europäische Menschenrechtskonvention und Europäische Sozialcharta

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102Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Europäische Sozialcharta (ESC), die der Europarat in Straßburg verabschiedet hat, sind ebenfalls völkerrechtliche Vereinbarungen mit arbeitsrechtlich bedeutsamen Regelungen (vgl. Nipperdey, Nr. 1150, 1152). Beide haben in Deutschland (einfachen) Gesetzesrang (str. für die ESC, offen lassend BAG NZA 1984, 393; dagegen Konzen, JZ 1986, 157), jedoch gewährt einzig die EMRK subjektive Rechte. Sofern innerstaatliche arbeitsrechtliche Bestimmungen Auslegungsprobleme aufwerfen, ist diejenige Lösung zu wählen, die den Vorschriften der EMRK und der ESC am ehesten gerecht wird (völkerrechtsfreundliche Auslegung).

103Nach Art. 11 Abs. 1 EMRK haben alle Menschen das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Dazu gehört die Befugnis, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten (dazu Nußberger, RdA 2012, 270).

Die ESC enthält in Teil 2 Regelungen zum individuellen und kollektiven Arbeitsrecht. Danach sind die Vertragsstaaten u. a. gehalten, die wirksame Ausübung des Rechts auf Arbeit und auf berufliche Bildung zu gewährleisten. Sie müssen auf gerechte, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen sowie auf ein gerechtes Arbeitsentgelt hinwirken. Ferner haben sie sich für den Schutz von Kindern, Jugendlichen, Frauen, Behinderten und Wanderarbeitnehmern einzusetzen. Im Bereich der kollektiven Arbeitsbedingungen sind gem. Art. 5 ESC die Vereinigungsfreiheit und gem. Art. 6 ESC das Recht auf Kollektivvereinbarungen zu gewährleisten. In Art. 6 Nr. 4 ESC ist das Streikrecht genannt, das in der Diskussion um eine gerechte Arbeitskampfordnung Bedeutung erlangt hat, zumal es vom EGMR in die Auslegung der Vereinigungsfreiheit des Art. 11 EMRK einbezogen wird (EGMR NZA 2010, 1423; vgl. Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, Rdnr. 124).

Art. 6 EMRK gewährleistet auch für das Arbeitsrecht den Anspruch auf ein faires Gerichtsverfahren innerhalb angemessener Zeit. Die Bundesrepublik ist durch den EGMR wegen der Verletzung von Vorschriften der EMRK wiederholt verurteilt worden, zum Beispiel zur Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer Verfahrensdauer von fünf Jahren vor einem Sozialgericht oder wegen des unzureichenden Schutzes von sog. Whistleblowern (EGMR NZA 2011, 1269).

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