Читать книгу Genderlinguistik - Helga Kotthoff - Страница 34
3.1.3 Äußerungsfinale Tonverläufe und weitere Merkmale
ОглавлениеNormalerweise sinkt die StimmgrundfrequenzStimmgrundfrequenz zum Äußerungsende hin ab (terminaler Verlauf) – es sei denn, die Äußerung wird fortgesetzt, dann bleibt sie gleich oder geht leicht nach oben (progredienter Verlauf). Bei einer Frage geht sie sogar steil nach oben (interrogativer Verlauf) (Moosmüller 2002, 121). Hier eröffnet sich eine große Plattform für doing gender, indem Frauen – früher noch mehr als heute – ihre Äußerungen häufig mit steigendem Verlauf beenden, was zum einen die generelle Stimmgrundfrequenz erhöht, zum anderen eine Feststellung als Frage wirken und der Äußerung insgesamt Unsicherheit zukommen lässt („Klein-Mädchen-StimmeStimme“ nach Moosmüller 2002, 127, die auch Diagramme für diese Phänomene liefert, u.a. für eine Frauenstimme mit max. 344, min. 220 und durchschnittlich 250 Hz). Im Berufsleben sind nach Moosmüller (2002, 128) dagegen monotonere und tiefere Frauenstimmen anzutreffen.
Für das Englische liegen mehr Untersuchungen vor. In Kap. 7 thematisieren wir ein prosodisches Phänomen, das mit einem syntaktischen (der Stellung von Nebensätzen) kombiniert wird und bei Frauen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Gegenüber den sog. Turn (die Redesequenz) übernimmt. Männer tun das weniger und sichern sich dadurch eher das Rederecht.
Männliche Stimmverläufe werden deutlich monotoner gestaltet. Insgesamt manifestiert sich die VerkinderungVerkindlichungVerkinderungVerkindlichung von Frauen (Goffman 1979, 1981) sprachlich nirgendwo so deutlich wie in ihrer StimmeStimme (zur Eltern-Kind-Metaphorisierung der Paarbeziehung in der Werbung s. Kap. 14.2.3.). Ob und wie stark durch äußerungsfinale Gestaltungen auch Männerstimmen zusätzlich genderisiert werden, ist unzureichend erforscht.
An weiteren Merkmalen können Lautstärke, Sprechtempo und Wechsel des Stimmverlaufs ebenfalls Gender indizieren. Dabei wird (in Europa und Amerika) die emotionalere, unsicherer bzw. kindlicher wirkende Variante mit Weiblichkeit assoziiert. Stimmqualitäten kommen ebenfalls zum Einsatz. Die oben erwähnte Knarrstimme (creaky voice) tritt bei Männern eher äußerungsfinal auf und ist dort mit Männlichkeit assoziiert. Behauchte StimmeStimmen (breathy voice) sind dagegen bei Frauenstimmen v.a. im Fernsehen und in der RadiowerbungRadiowerbung anzutreffen und suggerieren Entspanntheit, auch Erotik. Alles in allem liegt der Schluss nahe, dass gerade weil die StimmenStimme von Frauen und Männern natürlicherweise so ähnlich sind, es in geschlechtsgläubigen Gesellschaften umso dringlicher ist, sie möglichst über mehrere Verfahren des doing gender voneinander zu distanzieren, wenn nicht zu polarisieren. Alle diese geschlechtsdifferenzierenden Ausgestaltungen werden in Fernsehen, Radio und v.a. in der Werbung besonders stark dramatisiert (Kap. 14).