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4.2.1 Gemischte und starke Feminina
ОглавлениеDie sog. gemischten Feminina stellen eine sehr große Deklinationsklasse dar, die fast sämtliche Feminina beherbergt. Sie bildet den Gen.Sg. mit Null und den Plural mit -(e)n: die FrauNom / der FrauGen / die Frau-enPl, die DameDame / der Dame / die Dame-n. Endet das Nomen auf -e [ǝ], tritt nur -n hinzu, andernfalls silbisches -en. Nicht nur diese Klasse, sondern alle Feminina verzichten heute auf jedwede Kasusmarkierung. Es existiert nur eine Singular- und eine Pluralform. Auch der Artikel (und das Personalpronomen) leistet nur eine rudimentäre Kasusmarkierung: So sind Nominativ und Akkusativ durchgehend identisch (synkretistisch), ebenso Genitiv und Dativ im Singular (Tab. 4-1).
Diese Kasusausdrucksdefizite beklagt Pusch (2011, 98ff.), da diese Synkretismen das Schreiben über Frauen, die mit anderen Frauen interagieren, erheblich behindern. Sie verursachen Ambiguitäten, die sich nur mit stilistisch aufwändigen, hölzern wirkenden Verfahren umschiffen lassen. Ein Beispiel ist der doppeldeutige Satz Niemand kannte sie so gut wie sie, während bei zwei (ebenfalls vorgenannten) Männern die Kasusdistinktion und damit Bezugnahme funktioniert: Niemand kannte er so gut wie ihn bzw. Niemand kannte ihn so gut wie er. Beim femininen Satz bleibe aber „völlig im Dunkeln, welche der beiden ‚sie‘ die andere so gut kennt. Ich könnte Bände erzählen über diese Problematik, die sich erst dann im vollen Maße auftut, wenn wir über Frauen schreiben wollen“ (100). Abhilfe lasse sich nur „mit dem hässlichen diese“ schaffen.
Singular | Plural | |||||||
Kasus | Artikel | gem. Dekl. (fast alle Fem.) | st. Dekl. (noch 35) | Artikel | gem. Dekl. | st. Dekl. | ||
Nom. | die | Frau | Tante | Braut | die | Frauen | Tanten | Bräute(n Dat.) |
Gen. | der | der | ||||||
Dat. | der | den | ||||||
Akk. | die | die |
Tab. 4-1: Die Deklination gemischter (gem.) und starker (st.) Feminina
Diese gemischte Klasse wird immer größer und hat schon fast alle Mitglieder der anderen Femininklasse, der sog. starken Klasse, übernommen, die sich – bis auf den Dat. Pl. – ebenfalls keinerlei Kasusdistinktion leistet und den Plural mit Umlaut & -e bildet: die BrautBraut / der BrautBraut / die Bräute (gegenwärtige Klassenwechsler sind Gruft und Flucht, die den Plural neben Grüfte, Flüchte auch schon mit Gruften, Fluchten bilden). Unter den noch verbleibenden ca. 35 starken Feminina befinden sich nicht viele Lebewesen, auch erfolgt die Räumung dieser Klasse nicht belebtheitsgesteuert (Köpcke 2000a, 2000b, 2002). Der Faktor Belebtheit – man unterscheidet hier grob zwischen MENSCHLICH > BELEBT > UNBELEBT – spielt bei den femininen Klassen überhaupt keine Rolle1 – im Gegensatz zu den maskulinen Klassen.