Читать книгу Genderlinguistik - Helga Kotthoff - Страница 40

4.2 Deklination und Geschlecht

Оглавление

Das Deklinations- oder Flexionsklassensystem stellt eine sehr alte und grammatisch tief angelegte, eher „versteckte“ Klassifikation dar, die sich Bewusstsein und Reflexion noch mehr entzieht als die Genusklassifikation. Deklinationsklassen manifestieren sich noch subtiler: Während Genus, obwohl jedem Nomen inhärent, am Nomen selbst nicht erkennbar sein muss, dafür, umso sichtbarer, auf sog. Genusträgern wie Artikeln und Pronomen zum Ausdruck kommt (d-er Hund: m.), wird die Zugehörigkeit zu einer Deklinationsklasse am Nomen selbst markiert, aber sehr indirekt: Sie manifestiert sich (heute) in der Art und Weise, wie Substantive nach Kasus und Numerus flektiert werden, genauer, welche Allomorphe (d.h. Morphemvarianten, Affixe) sie hier verwenden. Sie sitzt also auf anderen Kategorien (Numerus, Kasus) auf und verhält sich damit parasitär.

Beispielsweise kann man den Plural mit -e (Hunde), -en (MenschenMensch) oder -er (WeiberWeib) bilden, auch kommen manchmal Umlaute hinzu (Füchse), manchmal nicht (Luchse). Außerdem gibt es Nullplurale (Lehrer) und reine Umlautplurale (Väter). Diese Verteilung ist nicht willkürlich, sondern sie folgt strikt der Deklinationsklassenzugehörigkeit des Nomens. Das Deutsche hat (je nachdem, wie man zählt) ca. acht Deklinationsklassen, während das Englische seine Deklinationsklassen komplett beseitigt hat; letzte Zeugen sind irreguläre Plurale vom Typ men, women, oxen, mice, feet.

Im Deutschen reicht es zur Bestimmung der Deklinationsklasse aus, den Genitiv Singular und den Nominativ Plural als die beiden Leit- oder Kennformen heranzuziehen, denn die gesamte restliche Flexion ist daraus ableitbar. Dabei interagiert diese Nominal- mit der Genusklassifikation, wenngleich keineswegs eng oder gar eins zu eins (s. Nübling 2008). Schließlich gibt es mehr Deklinationsklassen als Genera, und manche Deklinationsklasse beherbergt Substantive mehrerer Genera und umgekehrt. Interessanterweise teilen sich Maskulina und Neutra mehrere Deklinationsklassen, während Feminina immer eigene Klassen bilden, also (fast) nie mit Maskulina oder Neutra koalieren. Das war früher nicht so und hat sich erst in den letzten Jahrhunderten so ausdifferenziert und zugespitzt (Nübling 2008). Man spricht hier von der Entstehung einer Femininum/Nicht-Femininum-Opposition (Bittner 1994, 2003; Eisenberg 2013a). Nur die relativ junge Klasse mit s-Plural umfasst alle drei Genera (Unis, Studis, Abis), wobei die Feminina keinen s-Genitiv bilden (die Kosten der Uni-Ø) und sich insofern doch wieder von den Maskulina und Neutra abheben. Im Folgenden umreißen wir nur einige wenige Deklinationsklassen.

Die Attribute stark, schwach und gemischt beziehen sich ausschließlich auf die Form der Endungen: Schwache Flexion bedeutet n-haltige Endung sowohl im Gen.Sg. als auch im Plural (des Affe-n – die Affe-n), gemischt n-haltige Endung nur im Plural (der Frau-Ø – die Frau-en, des Ohr-s – die Ohr-en), stark weder n-haltige Endung im Singular noch im Plural (des Mann-es – die Männ-er).

Genderlinguistik

Подняться наверх