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Kapitel 2 Der Weg zum Berufsmusiker

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Studium in Stuttgart und Rom, Begegnung mit Bernstein

Herr Rilling, Ihre Annäherung an die Musik war familiär vorgezeichnet. Sie intensivierte sich während Ihrer Schulzeit. Nach deren Abschluss, also relativ spät, wussten Sie noch nicht genau, was Sie beruflich machen sollten. Aber dann begann doch die ernsthafte Hinwendung zur Musik, der Lernprozess.

Ich wollte es mit der Musik versuchen – so will ich es ausdrücken. Zur Aufnahmeprüfung an der Stuttgarter Musikhochschule spielte ich Brahms’ Händel-Variationen. Das kommt mir heute vermessen vor, aber ich wurde aufgenommen und zugelassen zum Studium der Schulmusik. Das habe ich in nur sechs Semestern hinter mich gebracht, also so schnell es ging. Mir saß der Gedanke im Kopf: »Ich will das im Grunde nicht. Ich will nicht in der Schule Musik unterrichten. Ich will was anderes.« Und das ohne eine klare Vorstellung, was das sein würde. Beinahe wäre dieser frühe Abschluss verhindert worden. Es war Pflicht, am Hochschulchor teilzunehmen, was ich für unnötig gehalten hatte. Das wurde entdeckt, und die Folge war: Mir fehlten die Testate für die Zulassung zum Examen.

Die Orgel war mein Hauptinstrument. Jeden Tag verbrachte ich viele Stunden mit Üben. Ich hatte einen sehr guten Lehrer, Karl Gerok, Organist an der Stuttgarter Markuskirche. Er kam aus der Leipziger Straube/​Ramin-Schule. Als erstes Stück ließ er mich aus dem Orgelbüchlein von Bach den Orgelchoral »Hilf Gott, dass mir’s gelinge« spielen.

Ein symbolträchtiger Beginn.

Ich kam mit meinem Orgelspiel schnell voran und spielte bald die großen und schweren Werke der Literatur. Das fiel auf. Nur diese dumme Geschichte mit dem Chor machte mir zu schaffen. Dann half mir der Zufall. Im Orchester der Schulmusikabteilung gab es nur Celli, aber keinen Kontrabass. Als der Abteilungsleiter dies vor Studenten beklagte, suchte ich mir im Haus einen Kontrabass und machte mir klar, wie er zu spielen war. Zwei Tage später stand ich im Orchester und spielte Kontrabass. Fragen Sie mich nicht wie. Mein Verhalten wurde anerkannt und gelobt, und damit war ich zur Schulmusikprüfung zugelassen. Das war im Jahr 1955. Aber damit war ich noch kein Schulmusiker.

Das Nebenfach fehlte.

Ja, das konnte man damals nicht parallel studieren. Ich hätte jetzt ein zweites Studium anschließen müssen. In den drei Studienjahren hatte ich mich nur auf die Musik und instrumental auf die Orgel konzentriert, die auch bei der Schulmusik als Hauptfach zugelassen war.

Ihr Einstieg in den Schuldienst war also noch nicht möglich.

Den wollte ich auch gar nicht. Aber ein Zufall in anderer Richtung kam mir zu Hilfe. Der Süddeutsche Rundfunk machte damals Orgelaufnahmen an der großen Orgel, die im Sendesaal der Villa Berg stand. Der Stuttgarter Chordirigent August Langenbeck war der verantwortliche Abteilungsleiter. Er hat mich in diesen Jahren in vielfacher Weise gefördert, vor allem durch Aufnahmen, die wir in den Frühzeiten der Gächinger Kantorei noch während meines Studiums für den Rundfunk machen konnten. Er hatte mir angeboten, während der Orgelaufnahmen dem Organisten beim Registrieren und Notenumblättern zu helfen. Auf diese Weise lernte ich viele der damals führenden Organisten kennen. Und dann kam ein Organist aus Italien, der mich zwar nicht brauchte, weil er auswendig spielte und die Register selbst zog, mir aber erlaubte, ihm zuzuhören und zuzuschauen. Es war der Organist des Petersdoms in Rom, Fernando Germani. Als er mich nach seiner Aufnahme aufforderte, ihm vorzuspielen, tat ich das mit Hemmungen. Sein Urteil danach: »Musikalisch ganz gut, technisch weniger.«

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