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Siebenundzwanzig

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„Starrst du mich etwa an?“, holte mich eine Stimme in die Gegenwart zurück.

Ich blickte überrascht zu Alex, der mit einem neckischen Blick auf eine Antwort wartete. Ich schluckte kurz und öffnete den Mund, nur um ihn wieder zu schließen. Großer Gott! Hatte ich ihn etwa angestarrt, ohne es zu merken?

„Bitte was?“, fragte ich stattdessen und hoffte, dass ich mich eventuell doch verhört hatte.

„Du hast mich eben unentwegt angesehen. Ich wollte nur wissen, ob ich mir das nicht vielleicht einbilde, aber deinem Gesicht nach zu urteilen, hast du mich tatsächlich angestarrt“, stellte er fest.

Ich lachte kurz und schüttelte den Kopf. „Ich habe dich sicherlich nicht angestarrt“, gab ich gelassen von mir, doch innerlich schoss mein Puls bereits in die Höhe.

„Das ist allerdings sehr schade“, gab er zu. „Das hätte unserer Beziehung bestimmt gutgetan.“

Egal, was dieser Typ sagte, er sprach es mit einer unfassbaren Überzeugung aus, dass man glauben könnte, dass er es wirklich ernst meinte.

„Ist das wieder ein Teil deiner Strategie?“, hinterfragte ich.

Er dachte kurz nach und nickte dann. „Hat sie funktioniert?“

Jetzt wägte ich ab und schielte einen kurzen Moment zu Brad rüber, der noch immer, mit dem Rücken in meine Richtung gewandt, am Wasser saß. Dann schaute ich Alex an. „Scheinbar schon, denn ich hatte tatsächlich für eine Sekunde geglaubt, dass ich wirklich gestarrt habe.“

„Tja, ich bin eben nicht blöd. Ich bekomme nämlich viele Blicke zugeworfen, doch wenn mich jemand mit seinen Blicken beinahe auszieht, dann interessiert mich das schon brennend.“

Kichernd schüttelte ich den Kopf. „Okay, du hast gewonnen“, gab ich resignierend nach und setzte mich etwas aufrechter hin. „Es kann sein, dass ich etwas in Gedanken versunken war und es den Anschein gemacht hat, als hätte ich dich angestarrt. Ich entschuldige mich in aller Form dafür.“

„Oh, du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen“, lachte er und lehnte sich weiter nach hinten. „Jetzt wäre ich dir nur noch dankbar, wenn du mir verrätst, was dich denn so zum Nachdenken gebracht hat.“ Mit seinen durchdringenden Augen musterte er mich, vermutlich in der Hoffnung, dass ich endlich schwach werden würde. „Ich dachte gerade an eine Präsentation, die ich nächste Woche in der Uni halten muss“, log ich stattdessen.

„Na klar, das hätte ich auch an deiner Stelle gesagt.“ Alex zog das klar sehr in die Länge, um mir zu zeigen, wie wenig er es mir abkaufte. Ich wusste, dass dieses Gespräch ins Nichts führte, und so lehnte ich mich wieder zurück und genoss die Sonnenstrahlen auf meinem Körper.

„Gefällt dir meine neue Strategie eigentlich?“, wollte Alex wissen.

„Ich merke ehrlich gesagt nicht, dass daran etwas neu ist.“

„Hm, vermutlich hast du recht und ich bin einfach nur ich und kann gar nicht anders“, philosophierte er.

„Also, wenn du wirklich so bist, dann … tut mir das echt leid für dich“, neckte ich ihn.

„Das war jetzt aber echt unhöflich von dir“, entgegnete er und setzte sich dabei aufrecht hin.

„Tut mir leid, das bin wohl einfach ich“, antwortete ich noch immer lachend.

Alex stimmte mit ein. „Freut mich, dass wir an diesem Tag unsere Selbstfindungsphase beenden können.“

***

Während des Rückwegs wälzte ich weiterhin meine Gedanken. Mir schwirrte der Kopf. Was Mitch mir vor wenigen Stunden über Brad erzählt hatte, wollte mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. War er wirklich so schnell eifersüchtig zu machen? Und wenn ja, was bedeutete das für mich? Wollte ich ihn tatsächlich eifersüchtig machen? Und vor allem, mit wem? Wie konnte ich so was Dämliches auch nur eine Sekunde lang denken? Niemals könnte ich weder Brad noch Daph so etwas antun. Immerhin waren sie meine besten Freunde und so glücklich als Paar.

Ich warf ihnen einen verstohlenen Blick zu. Wir hatten uns in die letzte Reihe des Busses gesetzt. Daph und Brad eng aneinander gekuschelt, und ich kauerte am Fenster. Alex unterhielt Mitch während des Fahrens. Hätte Mitch nicht mit mir über das Thema Eifersucht gesprochen, wäre ich jetzt die Ruhe in Person. Stattdessen tat ich so, als würde ich schlafen, um bloß nicht angesprochen zu werden. Kurzum: Ich fühlte mich schlecht und war fest entschlossen, diesen Gedanken mit der Eifersucht schnellstmöglich wieder aus meinem Kopf bekommen.

Draußen war es bereits dunkel, und die Lichter der Straßenlaternen zogen an uns vorbei. Auf den Straßen waren noch die letzten Kunden und einige Schaufensterbummler unterwegs. Manche von ihnen waren schick gekleidet und schienen sich auf den Weg in irgendeine Bar oder ein Restaurant zu machen, vielleicht auch auf den Weg zu Freunden. Ich wäre gerne einer von diesen Menschen gewesen, denn ich war nicht auf den Weg zu irgendeinem Date, sondern nach Hause in mein einsames, dunkles Zimmer, um alleine mit meinen Gedanken zu sein.

Mir wurde beinahe schlecht, wenn ich nur daran dachte. Ich wollte nicht grübeln, sondern einfach nur unbeschwert sein. Dennoch musste ich mich damit abfinden, dass mein Abend eher langweilig verlaufen würde. Ich konnte nur hoffen, dass ich von dem Tag draußen so ausgelaugt war, dass schnell einschlafen konnte.

Nachdem ich mich träge aus dem Bus schleppte, von allen verabschiedete und für den tollen Tag bedankte, betrat ich alleine unser Zuhause. Daph war natürlich mit Brad weitergefahren.

Mein Plan ging auf, und ich schlief erschöpft ein.

***

Als ich am nächsten Morgen wach wurde, schielte ich verschlafen auf mein Smartphone, was neben mir auf dem Nachttisch wild blinkte. Neugierig griff ich danach und drehte mich auf den Rücken. Ich stutzte, weil ich eine fremde Nummer auf meinem Display sah. Ich tippte drauf und las:

Hey Schönheit! Wie sieht es aus? Hat dir mein eigentliches Ich gefallen?

Ich schmunzelte, denn die Nachricht war von Alex.

Besonnen tippte ich meine Antwort.

Das kannte ich ja schon längst!

Es dauerte keine dreißig Sekunden, da blinkte mein Smartphone erneut auf.

Dann scheint es dir gefallen zu haben. Davon gehe ich jetzt einfach mal aus. Wollen wir heute Abend was zusammen machen?

Wow, er war definitiv nicht derjenige, der lange um den heißen Brei redete. Ohne nachzudenken, schnellten meine Finger über die Tastatur.

Gerne.

Nachdem ich auf Senden drückte, hatte ich kurz das Gefühl, gegen eine Wand gelaufen zu sein. Was tat ich denn da? Ich dachte nicht einmal nach! Aber irgendwie fühlte es sich gut an, fast schon rebellisch. War das nicht genau das, was Daph und Brad unbedingt für mich wollten? Dass ich Alex eine Chance geben würde?

Der Tag zog sich ziemlich in die Länge. Während ich aufräumte, dachte ich ständig an Brad. Nachdem ich den Müll entsorgt, die Wohnung gründlich gesaugt, den Abwasch gemacht und Wäsche gewaschen hatte, machte ich mich daran, mein Zimmer auf Vordermann zu bringen. Ich bezog mein Bett neu und richtete es gemütlich her. Ich kramte alte, mit Rosen bedruckte Vorhänge aus einem alten Karton hervor – meine Oma hatte ihn mir vor vielen Jahren einmal in die Arme gedrückt – und tauschte sie gegen die tristen weißen Vorhänge, die längst eine Wäsche vertragen konnten, aus.

Ich erinnerte mich, dass meine Oma daran geglaubt hatte, dass diese Vorhänge irgendwann in meinem Zimmer hängen würden. Sie war immer der Meinung, dass alte Dinge irgendwann wieder einen unschätzbaren Wert haben würden. Ich hatte Omas Weisheiten schon immer geschätzt. Gerade in der momentanen Situation vermisste ich sie so sehr, dass es beinahe wehtat.

Als ich vor zwei Jahren meine Familie verlassen hatte, versuchte ich mit aller Gewalt, meine Erinnerungen und Gedanken an mein altes Leben zu vergessen. Aber genau die Ratschläge meiner verstorbenen Oma waren es, die mich stumm durch mein Leben begleiteten.

Fast schon theatralisch blickte ich die Rosenvorhänge an. Sie bewegten sich leicht im Wind, der durch das offene Fenster hineinblies. Es sollte nicht die letzte Veränderung werden, dachte ich mir, und kramte in Omas altem Karton nach weiteren Schätzen. Neben einer Spieluhr, die mit der klischeehaften Ballerina so typisch aussah, fand ich noch ein altes Foto. Ich musste schwer schlucken, als ich den Rahmen zwischen die Finger nahm. Vor allem war Vorsicht geboten, da er an der rechten oberen Seite schon gebrochen war. Ich hatte ihn damals gegen die Wand geworfen. Warum, weiß ich gar nicht mehr so genau, nur, dass ich sehr wütend auf meine Familie gewesen war.

Auf dem Bild lächelten mir meine Mom, mein Dad und meine Schwester entgegen. Damals war ich etwa vierzehn Jahre alt und sichtlich glücklicher, als ich es heute war. Ich erinnerte mich daran, wo das Foto entstand. Es war in Italien, wo wir unseren jährlichen Familienurlaub verbrachten. Es sollte das letzte Mal sein, dass wir gemeinsam als Familie in den Urlaub fuhren.

Schon ein Jahr später hatte ich mich sehr verändert. Das wusste ich nur damals noch nicht. Sonst hätte mein Lachen auf dem Foto auch nicht so verdammt ehrlich ausgesehen. Auch meine Eltern schienen glücklich zu sein. Trotz ihrer kleinen Krisen, die immer von einem offenen Geheimnis zeugten, waren sie in diesem Urlaub glücklich miteinander, und meine Schwester Maria konnte sowieso so leicht nichts erschüttern. Auf dem Bild war sie gerade einmal neun Jahre alt.

Nachdem eine dicke Träne auf dem Bild landete, merkte ich, dass ich weinte. Eilig legte ich das Bild zurück in den Karton. Wenn ich das Foto in meinem Zimmer aufstellte, würde Daph es früher oder später bemerken und mir zu viele Fragen stellen, die ich nicht beantworten wollte. Den Karton verstaute ich daher sicher in meinem Kleiderschrank. Aber insgeheim fühlte ich mich etwas besser, da ich gar nicht mehr wusste, dass ich damals bei meinem Auszug dieses Bild noch eilig eingesteckt hatte. Früher oder später würde ich mich sowieso mit dem Thema Familie auseinandersetzen müssen, aber dafür brauchte ich noch etwas Zeit.

Ich wischte meine Tränen beiseite und atmete einmal tief durch. Es waren nur noch wenige Stunden, bis ich mich mit Alex treffen würde. Eine ausgiebige Dusche mit lauter Musik stand als nächstes auf dem Programm, um mich nicht noch weiter mit Erinnerungen zu belasten.

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