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Dreiunddreißig

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Er erwartete mich bereits am Haupteingang der Universität. Seine Tattoos blitzten unter dem Kragen seines Pullovers leicht hervor, das erkannte ich schon von Weitem. Alex war wirklich ein Typ, der inmitten der Menge auffiel. Alleine schon seine verschmitzte Art zu lächeln ließ jede Frau schwach werden. Und wäre Brad nicht gewesen, dann würde ich vermutlich ebenfalls Gefahr laufen, ihm hemmungslos zu verfallen.

„Sorry“, keuchte ich. „Ich bin etwas zu spät losgekommen. Ich hoffe, du wartest nicht schon allzu lange?“

„Schon in Ordnung. Du kannst dafür nachher meinen Kaffee bezahlen“, gab er trocken zurück und ich zuckte beinahe zusammen. Dann bemerkte ich jedoch seine zuckenden Mundwinkel und lachte leise. Wir setzten uns in Bewegung und schlugen den Weg zur Bibliothek ein. „Brad hat mir mal erzählt, dass du auch hier studierst?“, fragte ich.

„Damit hat er recht gehabt“, antwortete Alex lässig.

„Aber wieso habe ich dich dann hier noch nie gesehen?“

„Das muss daran liegen, dass ich auf einem anderen Campus studiere.“ Er blickte starr nach vorne, und wir wichen gekonnt den Studenten aus, die hastig auf dem Weg in ihre Vorlesungen waren.

„Ich habe dich gar nicht gefragt, was du studierst“, stellte ich fest. Wir bogen um das Gebäude rechtsherum ab. „Da haben wir uns bei dir so lange unterhalten und trotzdem weiß ich kaum etwas über dich. Ich weiß, dass Brad und du euch vom Sport kennt und dass du hier studierst. Also, was studierst du?“

„Möchtest du die Wahrheit hören?“

„Nein, ich liebe es, belogen zu werden. Natürlich will ich die Wahrheit.“

„Chemie.“ Seine Stimme war ernst und er vermied den Augenkontakt.

„Chemie?“, wiederholte ich ungläubig und dachte, mir würde alles aus dem Gesicht fallen. Alex nickte stumm.

„Entschuldige, dass ich so fassungslos wirke, aber du siehst nicht aus wie ein Chemiestudent“, erklärte ich verlegen und wischte mir eine Haarsträhne, die sich aus meinem Pferdeschwanz gelöst hatte, beiseite.

Wir traten in die Bibliothek und bewegten uns auf die Treppe zu, die uns zu den benötigten Büchern führte.

„Wie sieht denn ein Chemiestudent aus?“, wollte Alex wissen, und seine Augen weiteten sich gespannt.

Ich zuckte mit den Achseln. „Hm … gute Frage. Ich dachte eigentlich immer, dass Chemiestudenten eher nerdig aussehen, mit so einer dicken Hornbrille und komischen Klamotten“, gab ich zu und öffnete die Tür für den Bereich Kunst, Film und Literatur. Eher so, wie ich noch vor kurzem aussah, dachte ich.

„Ich muss ehrlich zugeben, dass die meisten so reagieren, wenn ich erzähle, was ich studiere.“

Ich ging voraus durch die schmalen Gänge, umzingelt von Hunderten von Büchern. Alex folgte mir.

„Das kann ich mir gut vorstellen“, pflichtete ich ihm bei. „Also, ich werde nicht lange brauchen. Da hinten sind ein paar Plätze, wo man es sich gemütlich machen kann“, erklärte ich. „Ich suche schnell nach den Büchern und komme dann zu dir.“

Alex nickte bloß und verschwand zwischen den Regalen. Da ich wusste, was in etwa ich brauchte, bewegte ich mich in den literaturgeschichtlichen Teil der Bibliothek.

Nach einer Weile kam ich mit sechs Büchern bepackt wieder. Es waren große, schwere Schinken, die ganz schön Gewicht hatten. Eigentlich wollte ich gar nicht so viel mitschleppen, aber Haben ist schließlich besser als Brauchen. Je länger ich hier zwischen all den Wälzern stand, desto mehr Panik bekam ich, nicht die richtige Literatur ausgewählt zu haben.

„Ich habe es geahnt“, stöhnte Alex, als ich ihn abholte. Sein Blick auf meine Bücher verriet, dass er bereits wusste, was ihn erwartete.

„Es ist ein bisschen mehr geworden“, gab ich zu und streckte ihm vorsichtig den Stapel entgegen.

„Was du nicht sagst“, stichelte er mit einem Grinsen im Gesicht. „Und wann kommt der Teil mit dem Kaffee?“

„Dem können wir uns jetzt gleich zuwenden. Ich muss erst noch die Bücher ausleihen“, trällerte ich fröhlich. „Sowas Blödes. Da habe ich tatsächlich vergessen, dass ich in fünf Tagen die Hausarbeit abgeben muss“, seufzte ich.

„Besser später als nie“, kommentierte Alex die Situation.

Wir schlenderten in das Studentencafé, das wie immer gut besucht war. Alex war dickbepackt mit meinen Wälzern, beschwerte sich jedoch nicht. Allmählich hatte ich mich von dem Schrecken der beinahe vergessenen Hausarbeit erholt, da erreichte mich schon der nächste. Brad kam geradewegs auf uns zu, in der Hand einen Coffee to go-Becher. Ich grinste ihm entgegen.

Doch Brad sah eher skeptisch aus. „Sally? Ich dachte, du wolltest heute nicht in die Uni.“ Er blieb vor uns stehen und musterte erst mich, anschließend Alex. Sein Fragezeichen über dem Kopf war mehr als sichtbar und irgendwie wirkte er fast schon etwas ärgerlich. Als mir dann einfiel, dass er mich am gestrigen Abend gefragt hatte, ob wir uns hier sehen würden, hatte ich ihm mit einem Nein geantwortet, nun stand ich hier mit Alex im Schlepptau. Ups!

„Hatte ich auch eigentlich nicht vor. Und dann fiel mir ein, dass ich in fünf Tagen eine Hausarbeit schreiben und abgeben musst. Die hatte ich komplett vergessen. Ich wusste ja, dass du Vorlesungen hast, also habe ich Alex gefragt, ob er mir gegen einen Kaffee vielleicht helfen könnte.“ Ich wartete auf seine Reaktion, die nur aus einem misstrauischen Nicken bestand.

„Was tut man nicht alles für einen Kaffee und für eine nette Gesellschaft“, scherzte Alex und stieß mich etwas in die Seite. Ich lachte verlegen und schaute Brad von unten an. Sein Gesicht verriet Verwirrung und irgendwie schien er die Situation nicht ganz zu verstehen.

„Okay“, gab er nur knapp zurück und rang sich ein Grinsen ab. Dann deutete er auf seinen Becher. „Naja, ich muss dann mal weiter.“

Ich nickte und ließ ihn an mir vorbei. „Bis dann.“

Als ich ihm hinterher blickte und er zwischen all den Studenten verschwand, konnte ich das erste Mal wieder richtig atmen. Dass Brad plötzlich so betrübt wirkte, als er mich hier mit Alex sah, entging mir nicht.

„Sally?“

Ich fuhr zusammen und schaute erschrocken zu Alex, der mich mit großen Augen beobachtete. „Was ist?“

„Ich fragte, was denn nun mit dem Kaffee ist oder ob du hier festwachsen möchtest?“

„Oh, entschuldige. Ich war gerade in Gedanken“, gestand ich und wedelte, als wäre nichts, mit der Hand.

„Hab ich wohl gemerkt“, scherzte Alex.

Er setzte seinen Weg fort und ich folgte ihm. Ich biss mir auf die Lippe und fühlte mich ertappt. Hoffentlich hat er nichts gemerkt, dachte ich.

***

„Was treibt dich dazu, Chemie zu studieren?“, wollte ich von Alex wissen. Wir hatten uns einen Platz dicht beim Fenster gesucht und saßen uns gegenüber. Um uns wuselten Studenten und Professoren herum, die sich entweder eine Pause vom stressigen Unialltag gönnten oder eine Kleinigkeit essen wollten.

„Hm, ich denke, das wurde mir so in die Wiege gelegt.“ Er kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und sein starker Oberarm kam dabei zur Geltung. Ich schluckte schwer.

„Mein Vater ist Chemiker in einem pharmazeutischen Unternehmen. Er verdient gutes Geld, ist ziemlich erfolgreich und hatte mich in Sachen Chemie schon als kleines Kind immer wieder angestachelt. Angefangen hat es mit kleinen Chemiebaukästen und irgendwelchen Sendungen im Fernsehen. Ich schätze mal, dass mir das in die Wiege gelegt wurde. Irgendwann wählte ich freiwillig Chemiekurse und war ziemlich gut darin. Das hat dann im Endeffekt meinen Wunsch, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, nur noch gestärkt.“ Er legte seine Arme auf dem Tisch ab und faltete seine Hände.

„Und bist du noch immer glücklich mit deiner Wahl?“, fragte ich neugierig.

Er nickte überzeugend. „Ja, das bin ich auf jeden Fall.“

„Dann war es der richtige Weg“, pflichtete ich ihm lächelnd bei und dachte wehmütig an meinen Lebensverlauf, der scheinbar um einiges weniger glücklich verlief als der von Alex.

„Und wie ist es mit dir? Wie kommt man auf Literatur?“, hakte er interessiert nach, jedoch merkte ich seinen etwas fragenden Unterton bei dem Wort Literatur. Schulterzuckend blickte ich auf meinen Kaffee. „Ich mochte Bücher schon immer sehr gerne.“

„Und weiter?“

„Nichts und weiter“, grinste ich frech. „Ich mag Bücher, ich mag Worte, ich mag die Geschichte dahinter. Einfach alles daran interessiert mich und vielleicht möchte ich später als Lektorin arbeiten, in einem Verlag und den ganzen Tag Bücher lesen."

„Oh Gott. Klingt, als hätten wir beide nicht den spannendsten Studiengang gewählt“, lachte Alex.

„Sagen wir einfach, dass unsere Leidenschaften eher ruhiger sind. Polizistin oder Pilotin sein wäre nicht so mein Fall.“

„Oh, ich glaube, ich wäre ein guter Bulle“, philosophierte Alex und nahm nachdenklich einen Schluck aus seinem Becher.

„Ganz sicher“, stimmte ich ironisch zu. „Du würdest die ganzen heißen Mädels in ihren Flitzern anhalten und ihnen Strafzettel verteilen. Dann würdest du ihnen anbieten, gegen eine gewisse Dienstleistung an deinem Körper eventuell von einem Knöllchen abzusehen.“

Alex lachte laut, und ein paar Studenten drehten sich zu uns um. Schnell verstummte er und beugte sich mit leuchtenden Augen leicht über den Tisch. „Du scheinst mich mittlerweile sehr gut zu kennen. Wir können ja mal einen Probelauf starten. Du setzt dich in dein Auto, und ich halte dich an.“

Mir schoss die Röte ins Gesicht, als ich sein wildes Funkeln in den Augen erkannte und presste meine Lippen fest aufeinander, um nicht nervös aufzulachen.

„Ich denke, das ist keine gute Idee. Ich lasse mich nämlich nicht gerne erpressen.“

„Hm“, machte er leicht irritiert und ließ sich wieder auf seinem Stuhl zurückfallen. „Dann durchkreuzt das meine Pläne. Aber vielleicht kann ich dich ja trotzdem noch fragen.“

„Was denn fragen?“

„Es ist Freitag, und ich habe Lust, mal wieder ein bisschen zu feiern. Deshalb veranstalte ich bei mir heute Abend eine kleine Party. Nichts Großes. Nur ein paar Leute. Bisschen was trinken.“ Er zuckte mit den Achseln, als wäre das nichts. „Hast du auch Lust, vorbeizuschauen?“

Ich kaute nachdenklich auf der Innenseite meiner Lippe. Alex schien zu merken, dass ich mir nicht sicher war und sprach locker weiter. „Brad und Daph werden nicht dabei sein. Sie wollen zu zweit was unternehmen. Keine Ahnung, irgendwie essen gehen oder so.“

Mein Magen rumorte bei Brads Namen und ich spürte meine innerliche Enttäuschung, wenn ich nur daran dachte, wie die beiden einen romantischen Abend verbringen würden. Zudem rief ich mir sein zerknirschtes Gesicht in Erinnerung, als er mich mit Alex hier vorfand. Noch immer fühlte ich mich schuldig. Aber wenn die beiden einen gemütlichen Abend planten, dann wollte ich auch nicht unbedingt in deren Nähe sein. Nachgebend nickte ich schließlich. „Was soll’s? Ich bin dabei!“

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