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Kapitel 7

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Während die Firma Burger weiter expandierte und unsere Familie sich so langsam zusammenraufte, gab es im September und Oktober 1977 eine Reihe von Anschlägen der 1970 gegründeten Rote-Armee-Fraktion. Diese als „Offensive 77“ bezeichnete Serie von Anschlägen sollte dazu dienen, inhaftierte RAF-Mitglieder der ersten Generation freizupressen und führte in eine als – Deutscher Herbst – bezeichnete innenpolitische Krise.

Vor allem Politiker und Personen aus der Deutschen Wirtschaft fielen der RAF zum Opfer und die Familie Burger, war wie viele Großunternehmer nicht nur entsetzt, sondern fürchtete sich ebenfalls vor Angriffen der linksradikalen Gruppierung. Mein Schwiegervater Leopold, der schon früh in die CSU eingetreten war, nahm dies zum Anlass, sich noch mehr für die Politik zu interessieren und Verbindungen zu knüpfen. Die Aktionen der RAF wurden immer mehr zum Mittelpunkt der Gespräche an den Familienfeiern und belasteten damit die Stimmung, bis meine Schwiegermutter die Männer aufforderte, in Gesellschaft darüber zu schweigen oder fernzubleiben. Das half, die Männer der Burgers sprachen ab sofort nur noch sonntags nach der Messe am Stammtisch darüber.

Ich hatte eigentlich ein sehr angenehmes Leben. Meine beste Freundin Adelgunde, die ich nur in den Semesterferien zu sehen bekam, beneidete mich immer noch um mein Glück. Ich wiederum beneidete sie, weil sie durch ihr Studium wahrscheinlich finanziell nie auf einen Mann angewiesen sein würde. Mir ging es gar nicht mal ums Geld. Ich konnte immer so viel ausgeben, wie ich wollte. Stefan hatte mir zu meinem 21. Geburtstag ein Auto geschenkt. Ich konnte mir schöne Kleider kaufen und mir auch sonst jeden Wunsch erfüllen.

Natürlich machte mir Stefan offen keine Vorschriften, was ich tun sollte, doch unterschwellig bedeutete er mir, wie ich mich zu verhalten habe. Meine Mutter unterstützte ihn in dem Wunsch nach dem angepasst braven Hausmütterchen, das vor allem für die drei großen K`s, Kinder, Küche und Kirche, zu sorgen hatte.

Sie war ganz in ihrem Element und lag mir ständig in den Ohren, wie gut es mir doch ging. Mit dem größten Vergnügen nahm sie an Gesellschaften teil, die meine Schwiegermutter arrangierte. Sie verkehrte mit den wichtigsten Leuten aus der Stadt, wie sie zu sagen pflegte und kam sich selbst dabei sehr wichtig vor. Ihre blasierte Art war unerträglich und ihr Ausspruch, ihr Mann habe am Finanzamt eine leitende Stellung war einfach nur abstoßend. Ich hegte den Verdacht, dass mein Schwiegervater hier seine Finger im Spiel hatte. Denn mein Vater war im Finanzamt auf einmal vom Sachbearbeiter zum Sachgebietsleiter befördert worden.

Ich bedauerte sehr, dass meine Mutter plötzlich die langjährigen Freunde immer mehr vernachlässigte und sich mit lauter neuen, anscheinend wichtigeren Leuten umgab.

Ich beschäftigte mich unterdessen damit, den Garten neu anzulegen, eine Sitzfläche mit Grillmöglichkeit und eine Spielfläche für Kinder zu gestalten und fand plötzlich Spaß am Stricken.

Zur Freude meiner Schwiegereltern besuchte ich immer noch regelmäßig die Messe, denn wir waren ja immerhin katholisch vermählt worden und es gehörte einfach dazu, sich sonntags im Gottesdienst zu zeigen. Die Männer trafen sich nach wie vor anschließend zum Frühschoppen in einem benachbarten Gasthaus und kehrten erst zum Mittagessen heim. Wir waren eine typisch bayrische Familie.

Die blaue Stunde

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