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Kapitel 20

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Adelgunde war fassungslos, als ich ihr die ganze Geschichte erzählte. „Aber das ist doch wunderbar. Du fährst jetzt zu deinem Mann und versöhnst dich wieder mit ihm. Ich bleibe bei den Kindern und kümmere mich um sie. Mach dir keine Sorgen.“

Sie schubste mich zur Tür hinaus und schloss sie sofort hinter mir.

Ich fuhr also nach Hause. Stefan war im Garten und mähte den Rasen. Das hatte er schon lange nicht mehr gemacht. Ich bewunderte seinen athletischen Körper. „Ich bin gleich fertig“, sagte er.

Ich nahm auf der Terrasse Platz und beobachtete ihn. Zehn Minuten später setzte er sich zu mir und ganz langsam begannen wir miteinander zu reden. Es war ein hitziges, ernsthaftes, in mancher Hinsicht auch verletzendes Gespräch. Wir teilten beide ganz schön aus.

Am Ende verzichtete ich auf die Scheidung und er versprach mir, mich nie wieder zu betrügen und auch nicht mehr zu belügen. Wir nahmen uns vor, ab sofort keine Geheimnisse mehr voreinander zu haben. Ich bat ihn sogar, seinen Sohn hierher einzuladen, damit auch seine Halbschwestern ihn kennenlernen könnten. Doch das lehnte er vehement ab. Seine Eltern dürften auf gar keinen Fall von dem Kind erfahren. Also vereinbarten wir, dass er sich weiterhin nach seinem Sohn erkundigte und pünktlich seine Alimente zahlte.

Wir redeten den ganzen Nachmittag, leerten dabei zwei Flaschen Weißwein und als die blaue Stunde begann, fielen wir wie zwei Wilde übereinander her.

Dieser Versöhnungssex war der beste Sex den wir jemals hatten und er hatte Folgen. Vier Wochen später kotzte ich mir die Seele aus dem Leib. Ich war wieder schwanger.

Auch die dritte Schwangerschaft verlief reibungslos. Ich arbeitete stundenweise in dem Einrichtungshaus und nahm mir viel Zeit für unsere beiden Mädchen. Lisa Marie lernte segeln und Ann Katrin besuchte eine Tanzschule. Sie wollte Ballerina werden. Eine Kinderfrau unterstützte mich, so dass Stefan und ich auch etwas miteinander unternehmen konnten.

Wir gingen wieder öfter zum Tanzen oder ins Kino. Stefan hatte die Jolle gegen eine kleine Segelyacht ausgetauscht und wir machten sonntags einen Törn auf dem See. Ich nahm mir vor, einen Segelkurs zu belegen.

In dieser Zeit sprachen wir sehr viel miteinander. Am liebsten saßen wir abends auf der Terrasse und beobachteten den Sonnenuntergang. Stefan erzählte mir von seinen Projekten und ich hörte ihm aufmerksam zu.

Er hatte seine Scheu abgelegt, mich während der Schwangerschaft zu berühren. Ich ermutigte ihn, seine Hände auf meinen Bauch zu legen und die Bewegungen des Kindes zu spüren. Und wir liebten uns wieder, wenn auch nicht so stürmisch, wie am Anfang unserer Beziehung. Stefan war sehr liebevoll und er überhäufte mich mit Geschenken. Unter der Woche arbeitete er sehr viel, aber an den Wochenenden beschäftigte er sich mit seiner Familie.

Als der Herbst mit Windböen und heftigen Regenschauern Einzug hielt, setzten wir uns abends, wenn Stefan endlich zu Hause war, nach dem Essen an den Kamin und genossen die Gemeinsamkeit.

Als im April 82 die Wehen einsetzten, brachte Stefan mich sofort ins Krankenhaus und kam mit in den Kreißsaal zur Untersuchung. Aber ich spürte, dass er sich in dieser Umgebung nicht wohl fühlte. Er war auffallend blass, was jedoch nicht an der grellen Beleuchtung lag. Die Hebamme stellte fest, dass sich der Muttermund schon weit geöffnet hatte und der Geburtsvorgang bald losgehen könnte. Doch ich hatte keine Wehen und deshalb wurde ich an einen Wehentropf gehängt. Die erste Wehe nahm mir fast den Atem und ich schrie aus Leibeskräften. In der Wehenpause bat ich Stefan rauszugehen. Ich wollte nicht, dass er mich so sah. Er drückte mir dankbar die Hand und eilte nach draußen.

Tim Niklas, unser drittes Kind kam eine dreiviertel Stunde später zur Welt. Der kleine Mann steckte sofort, als er gesäubert auf meinem Bauch lag, den Daumen in den Mund. Stefan war überglücklich, als er uns endlich im Wöchnerinnenzimmer sehen durfte. Seine Augen schimmerten auffällig feucht. Liebevoll kümmerte er sich um seinen kleinen Sohn. Bevor er morgens das Haus verließ, ging er ins Kinderzimmer, um nach ihm zu sehen, wenn er abends heimkam, musste er immer als Erstes schauen, was der Kleine machte. Wenn wir mit der Familie spazieren gingen, schob er sogar den Kinderwagen vor sich her und wenn Tim Niklas Bauchweh hatte, trug er ihn auf seinen Armen und murmelte leise tröstende Worte ins Ohr seines Sohnes. So oft er Zeit hatte, beschäftigte er sich mit ihm. Nur das Windelwechseln überließ er mir. Mein Mann war wie ausgewechselt. Die Mädchen betrachteten die ganze Sache mit einer gewissen Skepsis.

Meine Schwiegermutter stand mir wie immer zur Seite und auch die Kinderfrau entpuppte sich als zuverlässige und liebevolle Person. Nur meine Mutter nervte. Sie tauchte auf einmal ständig auf und gab vor, sich um Tim Niklas kümmern zu wollen. Doch nachdem sie ihn einmal ausgefahren hatte und erst nach einer Stunde mit unserem Sohn zurückkehrte, der wie am Spieß brüllte und hochrot im Gesicht war, ließ ich sie nicht wieder mit ihm allein. Es war sowieso sehr ungewöhnlich, dass sie auf einmal Interesse an unseren Kindern zeigte. Unsere Töchter verhielten sich ihr gegenüber reserviert, sie bevorzugten die Anwesenheit von Oma Gustl, die sich immer hingebungsvoll um ihre Enkelkinder kümmerte.

Die blaue Stunde

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